Archiv für den Monat: September 2023

Wiedergeburt – Freund stirbt – Kunst in uns – Welche Zukunft? (Notiz)

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Email: gerd@doeben-henisch.de

Entstehungszeit: 19.Sept 2023 – 19.Sept 2023

KONTEXT

Unter der Überschrift ‚STÄNDIGE WIEDERGEBURT – Jetzt. Schweigen hilft nicht …Exploration‚ ( https://www.cognitiveagent.org/2023/08/28/staendige-wiedergeburt-jetzt-schweigen-hilft-nicht-exploration/ ) hatte ich darüber nachgedacht, wie es in ‚unserem Innern‘ aussieht, bevor wir etwas Schreiben, Sagen oder sonstwie etwas Tun. Es ist der Ort, aus dem letztlich alles in uns entsteht, natürlich nicht losgelöst von der Alltagswelt, die uns umgibt. Am Donnerstag, 14.September 2023 wurde ein lieber Freund beerdigt, ein wunderbarer Mensch, ein realer Künstler. In den letzten Jahren hat er viel ‚Neues‘ aus seinem Innern heraus geschaffen, etwas, was es so vorher noch nicht gab. Und am Sonntag 24.Februar 2023 versuchen wir im Rahmen der Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ uns als Bürger einer konkreten Gemeinde der Frage nach einer möglichen Zukunft dieser Gemeinde ( https://www.oksimo.org/zukunfts-planung/ ) stellen. Wie hängt dies alles zusammen?

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Im Falle meines Freundes konnte ich erleben — auch unterstützt durch viele Gespräche — wie dieser ‚Prozess in ihm‘ für ihn zwar nicht erklärbar war, sich einer sprachlichen Formulierung entzieht, aber er war ‚erlebbar‘, war ‚in ihm ‚ eine ‚Wirklichkeit‘, ein ‚Gefühl‘, eine ‚Spannung‘, auf jeden Fall etwas, was ihn dazu ‚drängte‘ zu handeln, ohne genau zu wissen, was da ‚heraus kommen würde‘.

Im Prinzip kennt jeder Mensch diese inneren Zustände. Und bei vielen — den meisten? bei allen? — lösen sie Ängste aus: man weiß nicht genau was es ist. Was kann da heraus kommen? Wenn es schief geht? Was sagen die anderen? Kann dies meine aktuelle Situation verändern? und Ähnliches mehr.

Dass er schnitzen konnte, das wusste mein Freund schon von der Jugendzeit her. Dass er aber anfing, diese seine Fähigkeit bewusst ‚anzunehmen‘ und Aufmerksamkeit, Energie, Zeit darauf verwendete, das geschah erst irgendwann ab 2009/ 2010. Er besuchte Kurse, schnitze weiter, beteiligte sich an Kunstvereinen und trat ab 2015 regelmäßig in Ausstellungen auf. Natürlich spielte die persönliche positive Umgebung (Ehefrau, Freunde, Bekannte…) eine Rolle, aber dies erklärt und ersetzt nicht sein individuelles Innere; das musste er selber verantworten, managen.

Das durchgehende Motiv seines inneren Prozesses war ein ständiges Ringen, Aushalten, Annehmen und nach ‚Ausdruck mit den Händen am Holz‘ suchen. Und bei ihm kann man sehr genau beobachten, wie sich seine ‚Formenwelt‘ vom alltäglich Bekanntem zu ‚überformten Alltäglichen‘ hin zu ’neuen Gestalten‘ entwickelte. [1]

[1] Mit Untersützung seines Sohnes und einer guten Freundin entstand eine wunderbare Webseite ( https://karaczun.art/ ), auf der man viele seiner geschaffenen Formen betrachten kann.

In Uns

Wie gesagt, jeder Mensch trägt diese Fähigkeit der ‚Transformation‘ in sich, gepaart mit unterschiedlichen individuellen Fähigkeiten. Jeder findet in sich aber auch eine vielfältige, intensive Gefühlswelt vor, die nach vielen, z.T. konträren ‚Seiten drängt‘. Woher weiß man, was ‚richtig‘ ist?

Es scheint, dass man es nicht absolut wissen kann. Bevor mein Freund sein ’nächstes Werk‘ nicht geschaffen hatte, konnte er nicht wissen, was wirklich entsteht, wie es sein wird, was es bewirkt.

Solange man nach einem fertigen Rezept arbeitet mit bekannten Materialien, solange kann man in etwa voraus sehen, was entsteht wird.

Wenn ich mich aber auf ein ‚offenes Ergebnis‘ einlasse, etwas weitgehend Unbestimmtes, dann kann man es nicht wissen.

Ingenieure erleben dies, wenn Sie etwas Neues entwickeln müssen; Wissenschaftler, wenn sie auf der Suche nach den ‚unbekannten Zusammenhängen‘ sind, die die Phänomene des Alltags ‚aus der Unsichtbarkeit heraus beeinflussen‘; Kinder erleben dies, wenn Sie die für sie neue Welt ‚erkunden‘; alle Menschen erleben dies, wenn sie sich auf eine neue ‚Beziehung‘ einlassen; … und, ja, wir als Bevölkerung einer Kommune, eines Landkreises, eines Kontinents, der Erde erleben dies täglich, weil neben dem Vielen, was wir bislang irgendwie ‚geregelt‘ haben, sehr viel eben nicht geregelt wurde oder sich gar nicht so einfach regeln lässt:

Eine Kanalisation ist schön, wenn aber ein Starkregen in kurzer Zeit alle Kapazitäten überflutet, hilft uns dies für diesen Moment nicht. Wenn ungewöhnlich hohe Temperaturen ganze Wälder wie Zunder brennen lassen, unterstützt von starken Winden; wenn Erdbeben flächendeckend ganze Städte in Schutt verwandeln; wenn der nächste Vulkanausbruch den Himmel verdunkelt; wenn die unendliche Not in manchen Ländern die Menschen die Menschen zur Flucht treibt, dann werden jene Länder, die gerade noch irgendwie in Takt sind, sich dagegen auf Dauer nicht erwehren können. Wenn Flüsse vertrocknen, die ganze Länder bewässert haben; wenn die wichtigsten Wälder des Planeten in Rauch aufgehen, wenn die Ozeane versauern, überhitzen, an Plastik ersticken, wenn … diese Liste wird täglich immer länger.

All dies findet täglich statt.

Jeden Tag stehen wir vor der Frage: ist hier etwas, was ich ernst nehmen muss oder kann ich es beiseite schieben?

In den letzten Jahrzehnten ging es uns zumindest in Europa gut bis sehr gut. Selbst den Ärmsten bei uns geht es besser als den Fürsten vergangener Jahrhunderte.

Jetzt aber verdichten sich die Anzeichen, dass unsere Erfolge, die schönen Seiten unseres Lebens, einen Preis zu haben scheinen, den wir lange übersehen haben, weil er nicht so ohne weiteres direkt sichtbar war. Vieles war weit weg; es waren die anderen, die Probleme hatten. Heute ist doch noch alles gut, was kümmert uns das Morgen? Und wenn wir jetzt anfangen, die anderen machen doch eh nur weiter.

Öffnen wir unsere Augen und unseren Verstand oder tun wir weiter so, als ob nichts ist?

[2] Ein wunderbares Buch zu den aktuellen globalen Problemen und zu der psychologischen Seite, wie wir als Menschen gewohnt sind, mit Problemen umzugehen, ist das Buch  „Das Experiment sind wir“, 2020, von Christian Stöcker, Leiter des Studiengangs ‚Digitale Kommunikation‘ der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg. Ein selten gutes Buch; sehr gut lesbar. Danach sieht man die Welt definitiv mit anderen Augen.

Wiederentdeckung des WIR?

Die eben angesprochenen Probleme werden ja schon — mit unterschiedlicher Intensität — seit einige Jahren öffentlich diskutiert. Und es gab eine Strömung in der Öffentlichkeit, die Verantwortung für all dies dem ‚einzelnen und seiner ‚Verantwortung‘ zuzuschieben. Einzelne können zwar tatsächlich Kleines bewirken, aber die großen Probleme lassen sich nur lösen, wenn ganze Staaten auf globaler Ebene kooperieren. Auf diesem ‚Spielplatz der Staaten und global operierender Konzerne‘ gibt es bislang kaum Neigungen, sich der Selbstzerstörung des Planeten ernsthaft in den Weg zu stellen.

In dieser Situation ist es wenig hilfreich, wenn wir Bürger anfangen, uns gegenseitig zu beschuldigen und zu verteufeln. Stattdessen müssen wir neu lernen, unsere individuellen Ängste und unsere individuelle Verantwortung in ein gemeinsames Fühlen und Denken verwandeln. Zusammen können wir viel Gutes erreichen. Allerdings, Gefühle alleine werden nicht reichen; wir benötigen viel Erfahrung, viel Wissen, und, ja, auch viel Mut gemeinsam neue Wege zu gehen. Von anderen Ländern können wir da einiges lernen.[3]

[3] Beeindruckend die Niederlande: einerseits haben Sie schon jetzt Trinkwasserprobleme, andererseits haben sie aber auch schon jetzt in manchen Bereichen ‚zu viel Wasser‘. Sie haben aber schon vor Jahren angefangen, neue Wege zu gehen, neue Organisationsformen zu finden, haben neue Regelungen getroffen, und zeigen mit Mut und Kreativität, dass man gemeinsam etwas bewegen kann.

BiG Zukunft Planen

In der Gemeinde Schöneck versuchen wir über die Initiative ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ seit Anfang des Jahres 2023 neue Wege angesichts einer herausfordernden Zukunft zu gehen. Durch neue Gesprächsformate versuchen wir am Beispiel von Themen wie ‚WALD‘, ‚WASSER‘, Geoinformationssystem (GIS) und jetzt “Zukunft Planen’ZUKUNFT PLANEN‘ uns gegenseitig zu helfen, neue, hilfreiche Gedanken zu finden, die uns gemeinsam helfen, uns der sich nähernden Zukunft in konstruktiver Weise zu begegnen.

[4] Siehe die Webseite ‚Bürger im Gespräch (BiG)‘ ( https://www.oksimo.org/buerger-im-gespraech-big/ )

DER AUTOR

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