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GOTT 3.0. Notiz

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 8.Oktober 2018
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org

Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

  1. Wer auf der Home-Page des Blogs cognitiveagent.org das Stichwort ‚Gott‘ anklickt, bekommt (am 8.Oktober 2018) 58 Blogeinträge angezeigt, in denen die Wortmarke ‚Gott‘ vorkommt. Dies kann man als Indiz dafür werten, dass die Wortmarke ‚Gott‘ und das damit potentiell ‚Gemeinte‘ in diesem Blog nicht ganz fremd ist.

  2. Trotz alledem kann man nicht behaupten, dass das Thema ‚Gott‘ in diesem Blog auch nur annähernd hinreichend behandelt wurde. Der Umfang der Phänomene, die sich historisch um die Wortmarke ‚Gott‘ samt ihren vielen Spielarten in all den Sprachen dieser Welt ranken, ist zu groß, als dass man sie hier aufzählen könnte, geschweige denn, dass man all die Texte und Manifestationen auch nur ansatzweise hier würdigen könnte.

  3. Dennoch – und dies erscheint wie ein Paradox (auf den ersten Blick) – ist es möglich, das Themenfeld im Umfeld der Wortmarke ‚Gott‘ in drei Phasen einzuteilen. In Anlehnung an die spärlichen Notizen aus dem Beitrag zu den epistemischen Schockwellen der letzten 3500 Jahre  gibt es eine Periode im kulturellen Erbe der Menschheit (im Beitrag nur angedeutet), die in der Zeit zwischen ca. -1500 und +700 Vorstellungen vom Göttlichen in das Denken der Menschheit eingeführt hat, die in vielen Punkten eine neue Qualität im Denken der Menschen über das Göttliche ermöglicht haben. Bezeichnet man diese Phase im kulturellen Erbe der Menschheit versuchsweise als die ‚Gott 2.0 Phase‘ und die Zeit davor als ‚Gott 1.0 Phase‘, dann beginnt danach, langsam, zunächst kaum wahrnehmbar, dann aber immer deutlicher, eine neue Phase, die ich hier mal mit ‚Gott 3.0‘ deklarieren möchte. Dabei ist zu beachten, dass in der Gott 3.0 Phase die alten Konzepte Gott 2.0 – und sogar Gott 1.0 — weiter bestehen. Kulturelle Denkmuster können sich sehr ‚zäh‘ in einem Alltag am Leben erhalten, wenn die Menschen daran gehindert werden, durch Lernprozesse die Weite, Größe, Feinheiten des Lebens und des Kosmos tiefer zu studieren als es die ‚älteren‘ und ‚primitiveren‘ Denkvorstellungen zum Thema ‚Gott‘ zuvor ermöglicht haben.

  4. Auffällig an den Gott-2.0 Protagonisten ist, dass sie einerseits zwar einen Deutungsanspruch auf das Ganze des Lebens erheben, andererseits aber sich in vielem von jeweils anderen Gott-2.0 Protagonisten unterscheiden. Anstatt die manifesten Unterschiede aufzugreifen und anhand dieser nach der tieferen, umfassenderen Wahrheit zu suchen, haben sie entweder versucht, andere Positionen in einer schlecht gemachten Weise zu ‚integrieren‘ oder aber sich einfach abzugrenzen durch Herabwürdigung der ‚anderen‘ Positionen. Mit Beginn des neuzeitlichen Denkens in Wissenschaft, Philosophie und Gesellschaft ist das Totalversagen aller Gott-2.0 Protagonisten überdeutlich; dies Totalversagen führt zu kulturellen Reibungsphänomenen, die ein tieferes und positiveres Verhältnis zur Gesamtheit des Lebens und des Universums mehr oder weniger stark behindert und damit verdunkeln.

  5. Ist schon die Behinderung der neuen, vertiefenden Sichten des Lebens für das Leben ungünstig, so führt die Koexistenz von Gott-2.0 (und älteren) Konzepten mit der Moderne vielfach dazu, dass die Menschen der Moderne Gotteskonzepten generell misstrauen. Solch ein verbreitetes, unterschwelliges generelles Misstrauen gegen Gottes-Konzepte aufgrund schwacher Gotteskonzepten wie Gott-1.0 und Gott-2.0 verhindert die Ausbildung von Gott-3.0 Konzepten, die als Teil des modernen Denkens dieses mit ganz anderer spiritueller Wucht beflügeln und vorantreiben könnten.

  6. Der Verfasser dieser Zeilen, der einen Teil seines Lebens intensivst Gott-2.0 Konzepte, studiert, praktisch gelebt, spirituell durchfühlt hatte, konnte in einer anderen Phase seines Lebens ausprobieren, was passiert, wenn man sich aus Gott-2.0 Konzepten herauslöst (theoretisch und praktisch). Was verschwindet, das sind die historischen Artefakte der Gott-2.0 Konzepte, aber die potentielle Dimension ‚hinter‘ der Wortmarke ‚Gott‘ verschwindet natürlich nicht. Im Gegenteil, das Handeln und Denken befreit von Gott-2.0 Mustern kann sich plötzlich in die unfassbaren Weiten des modernen Denkens und des gesamten Phänomenraums des biologischen Lebens im physikalischen Universum ausdehnen und das potentielle ‚Fühlen‘ der potentiellen Dimension ‚hinter‘ der Wortmarke ‚Gott‘ gewinnt mit diesem erweiterten Denken und Handeln einen ‚Resonanzraum‘, der alles in den Schatten stellt , was innerhalb der Gott-2.0 Konzepte bekannt war und heute – oft in zusätzlich sehr verzerrten Formen – weiterlebt.

  7. ‚Religion‘ ist in dieser Perspektive keine Sache einer – wie auch immer gearteten – speziellen ‚Institution‘, sondern ein wesentlicher Bestandteil des gesamten Phänomens Leben im Universum, analog zum Phänomen ‚Wissenschaft‘, die auch grundsätzlich keiner bestimmten Gruppe, keinem bestimmten Land, keiner bestimmten Organisation ‚gehört‘, obgleich es auch hier beständig die Versuche gibt,Wissenschaft als Mittel der Macht zu vereinnahmen, abzuschließen, abzugrenzen.

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