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PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design. MMI Analyse. Teil 2

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062, 18.-19.Februar 2021
URL: cognitiveagent.org, Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@doeben-henisch.de)

Letzte Änderung: 19.2.2021, 9:52h

KONTEXT

In diesem Beitrag soll das Konzept einer praktischen kollektiven Mensch-Maschine Intelligenz by design weiter entwickelt werden. Der unmittelbar vorhergehende Beitrag findet sich hier. In diesem Text geht es jetzt darum, etwas konkreter zu skizzieren, wie die beiden wichtigsten Anwendungsszenarien aussehen könnten. Es wird unterschieden zwischen einer explorativen Entwicklung unter Einbeziehung einer kontinuierlichen Simulation [ESBD] und einem eingebetteten Testen (bzw. Spielen) unter Voraussetzung einer kontinuierlichen Simulation [ESBT/G].

Bisher zum Thema veröffentlicht:

16.02., 17:17 PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design. MMI Analyse. Teil 1

15.02., 09:21 PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design. Problem und Vision

12.02., 18:14 PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design

INFOGRAFIK

Infografik zum Text. Siehe dort.

ANWENDUNGSSZENARIEN

Während der vorausgehende Beitrag [1] die allgemeinen Anforderungen an die intendierte Anwendung formuliert hat, soll es in diesem Text darum gehen, die typischen intendierten Anwendungssituationen etwas konkreter zu formulieren. Tatsächlich lassen sich zwei grundlegende unterschiedliche Typen von Anwendungsszenarien unterscheiden.

Explorative Entwicklung

Charakteristisch für eine explorative Entwicklung (Explorative Simulation Based Development [ESBD]) ist die Ausgangslage, dass zwar eine Situation S gegeben ist, die aus verschiedenen Gründen als problematisch empfunden wird, und zugleich auch eine erste Vision V verfügbar ist, die von allen Beteiligten als erstrebenswert angesehen wird, dass aber noch unklar ist, wie man von S nach V kommen kann. Anfang und Ende erscheinen klar, aber der Weg zwischen beiden Punkten ist noch unbekannt.

Es liegt nahe eine solche Situation, in der S und V gegeben sind, als eine Aufgabe= (S,V) zu bezeichnen. Wenn man verschiedenen Teams die gleiche Aufgabe (S,V) stellt, dann kann man die Form der explorativen Entwicklung auch in Form eines Wettbewerbs stellen: welches Team löst die Aufgabe in einer vorgegebenen Zeit am Besten.

Im Fall einer Aufgabe (S,V) muss eine Gruppe von Experten also versuchen, gemeinsam einen Weg zu finden, der das Gewünschte leistet. Als Weg wird hier als eine Sequenz von Folgezuständen SQ(S,V) =<S1, S2, …, Sn-1, Sn> angenommen. Der Übergang von einem Zustand S zu einem Folgezustand S‘ wird durch Anwendung einer Veränderungsregel x aus der Menge der Veränderungsregeln X auf den gegebenen Zustand S hergestellt (Details siehe vorausgehenden Beitrag [1]). Die Ausführung einer Anwendung von X auf einen Zustand S wird von einem Simulator [SIM,Σ] geleistet, geschrieben: Σ(S,X)=S‘ oder ΣX(S)=S‘ oder noch kürzer X(S)=S‘. Der Entwicklungsprozess besteht nun darin, dass alle Experten versuchen, nach und nach so viele Veränderungsregeln X zu finden, dass sich eine überzeugende Sequenz SQ(S,V) von S nach V herstellen lässt. Als Unterstützung bei dieser Entwicklung können die Experten auch den eingebauten Simulator [SIM, Σ] benutzen. Mit diesem lässt sich jederzeit anzeigen, (i) welche Wirkungen die bisherigen Regeln X bei einem gewählten Ausgangszustand S haben und (ii) ob und in welchem Ausmaß die gewählte Vision V schon erreicht wird.

PROBLEMRAUM

Die Elemente <S, V, X, Σ> bilden die Basis eines möglichen Problemraumes (Problem Space Basis [PSB]). Gibt man eine bestimmte Ausgangslage S*, eine bestimmte Vision V* sowie eine bestimmte Menge X* von Veränderungsregeln vor, dann kann man mittels dem Simulator Σ die Menge aller möglichen Sequenzen SQ*(S*, V*, X*) berechnen und als echte Teilmenge davon die Menge aller erfolgreichen Sequenzen SQ+(S, V, X*) ⊆ SQ*.

Erweitert man die Basis eines Problemraum um die Vorgaben <S*, V*, X*> sowie <SQ*, SQ+> dann bekommt man die Struktur eines normalen endlichen Problemraums PS= <S*, V*, X*, SQ*, SQ+, Σ>.

Eingebettetes Testen/ Spielen

Liegt mindestens eine Instanz PS* eines Problemraums PS vor, dann kann man diese Instanz PS* eines Problemraums auch dazu benutzen, innerhalb dieses Problemraums die Wirkung dieser Problemraum-Instanz PS* auf potentielle Anwender zu testen. In diesem Fall arbeitet der Simulator Σ in einem interaktiven Modus: anstatt selbst die Anwendung der Veränderungsregeln X auf den gegebenen Zustand S auszurechnen werden alle Testpersonen/ Spieler aus einer Liste gefragt, welche der möglichen Regeln sie jetzt anwenden wollen, und — falls es verschiedene Varianten der Ausführung gibt -, wie. Auf diese Weise können die verschiedenen Testpersonen/ Spieler sozusagen ‚am eigenen Leibe‘ erfahren, wie die angedachte Zukunft (= Vision) sich konkret auf sie auswirkt und wie sie sich dabei fühlen. Aus den tatsächlichen Handlungsentscheidungen kann man auch ablesen, wie stark reale Anwender von dem angenommenen Verhalten abweichen.

Dieser Modus wird hier Eingebettetes Testen/ Spielen genannt (Embedded Simulation Based testing/ Gaming [ESBT/G].

In einer anschließenden Auswertung kann diese Selbsterfahrung der Tester/ Spieler auch dazu führen, dass sie einige der bisherigen Regeln durch eine veränderte Version ersetzen wollen.

KI ERWEITERUNG(EN)

Das, was heute gerne als Künstliche Intelligenz [KI] bezeichnet wird ist ein Computerprogramm — ein Algorithmus, d.h. eine Liste von Befehlen für einen definierten Automaten — das als Referenzsystem einen normalen Problemraum PS besitzt. Dieser Algorithmus kann mit den gegebenen Mengen S*, V* und X* selbständig den Simulator laufen lassen und systematisch Ausprobieren (= Suchen), welche Sequenzen SQ möglich sind (Elemente von SQ*), und welche von den möglichen Sequenzen SQ* solche sind, in denen eine bestimmte Vision V zu 100% erfüllt wird (=Lernen); dies liefert die Menge SQ+. Anstatt dass also menschliche Anwender mühevoll einzelne Simulationen durchprobieren, kann man — falls ein Problemraum PS vorgegeben wird! — einen lernfähigen Algorithmus damit beschäftigen, diese explorative Suche unter Einbeziehung eines definierten Lernens (= Evaluation mit Hilfe von Bewertungen, hier mittels V*) quasi nebenbei vorzunehmen. Zusätzlich könnte man die Erfolgskriterien beliebig verfeinern z.B. in dem Sinne, welche Simulations-Sequenz SQ.i die wenigstens Ressourcen benötigt oder am wenigsten kostet oder den meisten Spaß macht usw.

Wie gesagt, der Einsatz einer zusätzlichen KI macht nur Sinn, wenn menschliche Entwickler einen normalen Problemraum als Ausgangspunkt vorgeben.

Im Fall des eingebetteten Testens/ Spielens könnte man neben den menschlichen Testern/ Spielern auch künstliche Tester/ Spieler einsetzen. In diesem Fall ohne oder mit einer Lernkomponente. Eine mit-spielende KI könnte dann auch versuchen, das Verhalten der menschlichen Mitspieler zu erfassen und zu modellieren. Dies kann konstruktiv dazu genutzt werden, um künstliche Tutoren oder künstliche Assistenten auszubilden. Im Gegensatz zu den anonymisierten KIs auf den globalen Plattformen, die für irgendwelche unbekannten Dritten Daten sammeln, kann man diese KIs lokalisieren und privatisieren. Jemand kann seine eigene KI vereinbaren, die nur einer einzelnen Person gehört und nur mit dieser einen Person lernt.

ROADMAP

Überblick zum Entwicklungszusammenhang und den sich daraus ergebenden Anwendungsszenarien und eine Abfolge in der Realisierung, die der inneren Logik der Elemente folgt.

Im oberen Teil der Grafik wird der allgemeine theoretische Rahmen thematisiert, in dem sich die ganze Entwicklung bewegt. Hervorgehoben ist der Bereich der Mensch-Maschine Analyse [MMI]. Dieser Bereich wird dann — siehe den Gesamttext auf dieser Seite — weiter analysiert und führt zu folgenden grundsätzlichen Anwendungsaspekten:

  1. Die explorative Simulations-basierte Entwicklung [ESBD]
  2. Darauf aufbauend dann das eingebettete Simulations-basierte Testen oder Spielen [ESBT/G]
  3. Darauf aufbauend dann eine eingebettete starke KI für den Bereich ESBD
  4. Darauf aufbauend dann eine eingebettete starke KI für den Bereich ESBT/G
  5. Man kann dann diese beiden Anwendungskontexte für KI noch weiter spezifizieren zu (i) einer radikal personalisierten, vollständig privaten KI für jeden einzelnen, der dies will und (ii) zu einem individuellen Tutor/ Trainer für den Kontext ESBT/G

Jeder dieser Anwendungskontexte korreliert mit einem Meilenstein. Angedacht sind die ersten drei Meilensteine für 12.April 2021, 1.Oktober 2021 und 12.April 2022.

Parallel zu diesen genannten Anwendungskontexten gibt es noch eine andere Anwendungsdimension, die sich auf verschiedene Typen von Interaktionen mit dem Gesamtsystem beziehen:

  1. TYP1, n-1: Im Rahmen einer online-Sitzung mit n-vielen Teilnehmern wird gemeinsam 1 interaktive Webseite benutzt, über die mit dem Programm interagiert wird.
  2. TYP2, n-n-1: Jeder der n-vielen Teilnehmer logged sich einzeln auf der oksimo.com Webseite ein (also n-viele separate Teilnehmer), aber alle n-viele Teilnehmer treffen sich auf der oksimo Plattform in 1 Anwendung und können dort kollaborieren.
  3. TYP3, n-n-n: N-viele Teilnehmer können sich separat einloggen und sie können sowohl simultan in einer Anwendung arbeiten oder jeder an einer anderen.

Jede dieser Anwendungstypen 1-3 korreliert auch mit einem Meilenstein, wobei diese Meilensteinen unabhängig von den anderen sind. Typ1,n-1 ist der Standardfall. Wann Typ2+3 realisiert werden können, ist momentan noch offen.

QUELLENANGABEN und ANMERKUNGEN

[1] Gerd Doeben-Henisch, 16.2.2021, PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design. MMI Analyse. Teil 1, https://www.cognitiveagent.org/2021/02/16/praktische-kollektive-mensch-maschine-intelligenz-by-design-mmi-analyse-teil-1/

FORTSETZUNG

Eine Fortsetzung zu diesem Beitrag findet sich hier.

DER AUTOR

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PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design. MMI Analyse. Teil 1

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062, 16.Februar 2021
URL: cognitiveagent.org, Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@doeben-henisch.de)

Letzte Änerung: 26.2.2021 (Anmerkung zum Begriff ‚Alltagssprache‘ ergänzt)

KONTEXT

In diesem Beitrag soll das Konzept einer praktischen kollektiven Mensch-Maschine Intelligenz by design weiter entwickelt werden. Im unmittelbar vorher gehenden Beitrag wurde die grundlegende Problemstellung sowie die gewählte (Zukunfts-)Vision in einer ersten Annäherung umrissen. In diesem Text geht es jetzt darum, etwas konkreter zu skizzieren, wie diese (Zukunfts-)Vision aussehen könnte bzw. sollte.

Bisher zum Thema veröffentlicht:

MMI ANALYSE – AUSGANGSPUNKT

Der Ausgangspunkt der MMI-Analyse ist gegeben durch die ersten Angaben zur Zukunfts-Vision (Siehe Schlussabschnitt in [1]). Diese Vision umschreibt mit wenigen Worten, welcher Zustand in der Zukunft angezielt wird. Die Vision selbst sagt nichts zur Begründung, nichts zu den Motiven; diese werden vorausgesetzt. Die Vision beschreibt nur, was sein soll.

Beliebige Menschen spielen Zukunft

Zentraler Gedanke ist, dass eine beliebige Gruppe von Menschen auf eine eher spielerische Weise dabei unterstützt werden soll, für eine selbst gewählte Problemstellung und ein selbst gewähltes Ziel schrittweise einen Lösungsweg zu konstruieren.

Ein Drehbuch schreiben

Diese Konstruktion eines Lösungsweges ist vergleichbar mit dem Schreiben eines Drehbuchs in einer Alltagssprache, die alle Beteiligten hinreichend beherrschen.[2] Dies setzt voraus, dass der Prozess der Wirklichkeit — vereinfachend — gedacht wird als eine Folge von Situationen (oder auch Zuständen), in der eine Nachfolgesituation S‘ aus einer vorausgehenden Situation S durch das Stattfinden von mindestens einer beobachtbaren Veränderung hervorgegangen ist. Im Grenzfall ist es nur die Veränderung einer Uhr, deren Zeitanzeigen in der Nachfolgesituation S‘ ‚größer‘ sind als in der Situation S.[3] Im Kontext einer Folge von beschreibbaren Situationen kann man die Veränderungen in der Form von Veränderungs-Regeln fassen: Man sagt: wenn die Bedingung C in einer aktuellen Situation S erfüllt ist, dann sollen mit der Wahrscheinlichkeit π die Aussagen Eplus der Situation S hinzugefügt werden, um die Nachfolgesituation S‘ zu generieren, und die Aussagen Eminus sollen von S weggenommen werden, um die Nachfolgesituation S‘ zu generieren.

Bezug zu einer Situation

Diese Redeweise setzt voraus, dass davon ausgegangen wird, dass der Text des Drehbuchs sich auf eine reale Situation S bezieht, und die einzelnen Ausdrücke des Textes Eigenschaften der realen Situation beschreiben. Die Menge der Ausdrücke in einem Drehbuch, die sich auf eine bestimmte Situation S beziehen, bilden also Repräsentanten von realen Eigenschaften der vorausgesetzten realen Situation. Verändert sich die vorausgesetzte Situation in ihren beobachtbaren Eigenschaften, dann drückt sich dies darin aus, dass sich auch die Ausdrücke im Drehbuch verändern müssen: kommen neue Eigenschaften hinzu, müssen neue Ausdrücke hinzu kommen. Verschwinden Eigenschaften, dann müssen die entsprechenden Ausdrücke verschwinden. Wechselt also z.B. die Verkehrsampel von Rot auf Orange, dann muss z.B. der Ausdruck ‚Die Ampel ist rot‘ ersetzt werden durch die Aussage ‚Die Ampel ist orange‘. Dann wäre die Menge Eminus = {Die Ampel ist rot}, und die Menge Eplus = {Die Ampel ist orange}.

Das Drehbuch hat zwei Teile …

Das Drehbuch für die gemeinsame spielerische Planung einer gewünschten Zukunft besteht also mindestens aus zwei Teilen:

  1. Einer Ausgangssituation S, von der aus man starten will, und
  2. einer Menge von Veränderungsregeln X, die sagen, wann man eine gegebene Situation in welcher Weise abändern darf.

Vergleich mit einem Spiel

Diese Konstellation kann man ohne weiteres mit einem Spiel vergleichen:

  1. Es gibt die Startsituation (z.B. ein bestimmtes Spielbrett oder eine Spielfeld mit Spielobjekten und Spielern)
  2. Es gibt vereinbarte Spielregeln, anhand deren man in einer gegebenen Situation etwas tun darf.

Regeln jederzeit abändern

In dem hier angenommenen Szenario eines Drehbuchs für die gemeinsame spielerische Planung einer gewünschten Zukunft gibt es allerdings zwei Besonderheiten: Die eine besteht darin, dass die Ausgangslage und die Spielregeln von den Spielern selbst aufgestellt werden und jederzeit nach Absprache geändert werden können.

Leitbild Zukunft als Maßstab

Die andere Besonderheit resultiert aus der Tatsache, dass die Teilnehmer hier zu Beginn auch explizit ein Leitbild für die Zukunft formulieren. Dieses kann zwar auch jederzeit nach Absprache wieder abgeändert werden, so lange es aber gilt, dient dieses Leitbild als Maßstab für die Beurteilung, ob und in welchem Umfang der Prozess der fortschreitenden Veränderung ( = der Spielprozess!) das zuvor vereinbarte Leitbild erreicht hat.

In gewisser Weise entspricht die Bewertung einer Situation anhand eines vereinbarten Leitbildes dem Konzept des ‚Gewinnens‘ in normalen Spielen: beim Gewinnen wird in einem Spiel ein Zustand erreicht, der sich anhand zuvor vereinbarter Kriterien als ‚Gewinnsituation‚ für mindestens einen beteiligten Spieler klassifizieren lässt. Man sagt dann, dass dieser Spieler ‚gewonnen‘ hat.

Bei der Verwendung des Konzepts einer Zukunftsvision als Leitbild kann man das Leitbild dazu benutzen, um eine beliebige Situation dahingehend zu klassifizieren, ob und wenn ja in welchem Umfang diese Situation dem Leitbild ‚entspricht‘. Explizite Zukunftsbilder ermöglichen also die ‚Bewertung‘ einer Situation. Ohne solch eine Möglichkeit wäre jede Situation gleichwertig mit jeder anderen Situation. Es wäre dann nicht möglich, eine ‚Richtung‘ für einen Prozess zu definieren.

ALLTAGSSPRACHE

Diejenige Sprache, die jeder Mensch von Kindheit an lernt und benutzt, das ist die Alltagssprache, also die Sprache, die jeder in seinem Alltag spricht und die — normalerweise — auch von den Mitmenschen benutzt wird. [5a] Durch das Voranschreiten einer Globalisierung und der damit einhergehenden Vermischung von Alltagswelten, vermengen sich verschiedene Sprachen, was bei einzelnen zur Mehrsprachigkeit führt, auf der anderen Seite zur Zunahme von Übersetzungen. Übersetzungen durch Menschen können vergleichsweise ‚gut‘ sein (wer kann dies eigentlich überprüfen?), die heute zunehmenden Angebote von computerbasierten Übersetzungen sind aber dennoch auf dem Vormarsch, weil man ihren Einsatz sehr leicht ’skalieren‘ kann: ein Programm kann viele Millionen Menschen gleichzeitig ‚bedienen‘, dazu eher ‚einheitlich‘, und solch ein maschinelles Übersetzungsprogramm kann — wie salopp gesagt wird — ‚lernen‘.[4] Die Gesamtheit dieser maschinellen Verfahren hat aber dennoch keinen Zugang zu den eigentlichen Bedeutungsfunktionen von Alltagssprache, die in den Gehirnen der Sprecher-Hörer verortet sind. [5]

Aufgrund dieser Sachlage soll das neue Verfahren die Vorteile und Nachteile der verschiedenen Möglichkeiten auf neue Weise optimal verknüpfen. Primär soll der Anwender seine Alltagssprache — und zwar jede — voll benutzen können.

Zur Alltagssprache gehören mehrere ‚Mechanismen‘ [6], die es zulassen, dass man sie beliebig erweitern kann, und auch, dass man in der Alltagssprache über die Alltagssprache sprechen kann.[7] Diese Eigenschaften machen die Alltagssprache zu den stärksten Ausdruckssystemen, die wir kennen.[8]

Zu den möglichen — und vorgesehenen — Erweiterungen der Alltagssprache gehören z.B. beliebige Parametermengen mit zugehörigen Operationen auf diesen Parametern. Ein ‚Parameter‘ wird hier verstanden als ein Name, dem irgendein Wert (z.B. ein numerischer Wert) zugeordnet sein kann (z.B. eine Einwohnerzahl, ein finanzieller Betrag, ein Temperaturwert …). Parameter mit numerischen Werten kann man z.B. Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren usw.

Zum Sprechen über andere Ausdrücke gehört die Möglichkeit, dass man beliebige Abstraktionen bilden kann. Schon wenn wir über sogenannte normale Gegenstände sprechen wie ‚Stuhl‘, ‚Tasse‘, ‚Tisch‘, ‚Hund‘ usw. benutzen wir sprachliche Ausdrücke, die nicht für ein einzelnes Objekt stehen, sondern für ganze Mengen von konkreten Dingen, die wir alle gelernt haben, als ‚Stuhl‘, ‚Tasse‘, ‚Tisch‘, ‚Hund‘ usw. zu bezeichnen. Auf einem Tisch können bei mehreren Personen beim Frühstück ganz viele Gegenstände stehen, die wir alle als ‚Tasse‘ bezeichnen würden, obwohl sie sich u.a. durch Form, Farbe und Material unterscheiden.[9]

SIMULATION

Normale Formen von Drehbüchern bestimmen das Geschehen auf der Bühne oder in einem Film. Auf der Bühne beginnt man mit einer Eingangsszene, in der unterschiedliche Akteure in einer bestimmten Umgebung (Situation) anfangen, zu handeln, und durch das Handeln werden Veränderungen bewirkt: in den Akteuren (meist nicht so fort direkt sichtbar, aber dann in den Reaktionen), in der räumlichen Anordnung der Dinge, in der Beleuchtung, in Begleitgeräuschen, … Im Film ist es die Abfolge der Bilder und deren Füllungen.

Im Fall von Brettspielen fangen die beteiligten Spieler an, mit Blick auf erlaubte Regeln, den aktuellen Spielstand und die möglichen Gewinnsituationen in der Zukunft zu handeln. Dieses Handeln bewirkt eine schrittweise Änderung der jeweils aktuellen Spielsituation.

In abgewandelter Form passiert in einem Krimi oder in einem Roman nichts anderes: literarisch begabte Menschen benutzen das Mittel der Alltagssprache um Situationen zu beschreiben, die sich schrittweise durch Ereignisse oder das Verhalten von Menschen ändern. Noch eine Variante stellt die Gattung Hörspiel dar: statt eine Geschichte zu lesen hört man beim Hörspiel zu und lässt sich mit hinein nehmen in ein Geschehen, das sich von Situation zu Situation fortbewegt und den Hörer — wenn er sich angesprochen fühlt — geradezu mitreißen kann.

In der vorliegenden Anwendung gibt es alle Zutaten — Gegenwart, Zukunft, mögliche Maßnahmen –, aber wie kommt es hier zu einer Abfolge von Situationen?

Im einfachsten Fall setzten sich die Autoren der Texte zusammen und prüfen durch eigene Lektüre der Texte und Regeln, welche der Regeln aktuell angewendet werden könnten und sie wenden die Regeln an. Auch so würde eine Folge von Texten entstehen, wobei jeder Text eine Situation beschreibt. Erst die Start-Situation, dann die Anwendung von passenden Regeln, die zu einer Veränderung des Textes führt und damit zu einer neuen Situation.

Wir wissen von uns Menschen, dass wir dies im Alltag können (z.B. jeder Heimwerker — oder auch Hobby-Bastler — benutzt eine Bauanleitung, um aus den Einzelteilen des Bausatzes schrittweise ein komplexes Gebilde zusammen zu bauen). Wenn die Texte umfangreicher werden und wenn die Zahl der Regeln deutlich zunimmt, dann kommt man mit dieser händischen (manuellen) Methode bald an praktische Grenzen. In diesem Moment wäre es sehr schön, man könnte sich helfen lassen.

Viele Menschen benutzen heutzutage zum Schreiben von Texten, zum Rechnen, zum Malen, zum Komponieren, den Computer, obwohl es ja eigentlich auch ohne den Computer gehen würde. Aber mit einem Rechenblatt viele Rechnungen miteinander zu verknüpfen und dann ausrechnen zu lassen ist einfach bequemer und — in den komplexen Fällen — sogar die einzige Möglichkeit, die Arbeit überhaupt zu verrichten. Computer müssen nichts verstehen, um Zeichenketten bearbeiten zu können.

Diese formale Fähigkeit eines Computers soll für diese Anwendung genutzt werden: wenn ich die Text-Version einer Situation habe wie z.B. S1 = {Das Feuer ist fast erloschen.} und ich habe eine Veränderungsregel der Art: X1 = {Wenn C1 zutrifft dann füge Eplus1 dazu und nehme Eminus1 weg}, konkret C1 = {Das Feuer ist fast erloschen.}, Eplus1 = {Lege Holz nach.}, Eminus1 = {Leer}, dann ist es für einen Computer ein leichtes festzustellen, dass die Bedingung C1 in der aktuellen Situation S1 erfüllt ist und dass daher die Aussage Lege Holz nach. hinzugefügt werden soll zu S1, was zur neuen Situation S2 führt: S2 = {Das Feuer ist fast erloschen. Lege Holz nach.} Wenn es jetzt noch die Regel geben würde X2 mit C2 = {Lege Holz nach.}, Eplus2 ={Das Feuer brennt.}, Eminus2={Das Feuer ist fast erloschen.}, dann könnte der Computer ‚ohne Nachzudenken‘ die nächste Situation S3 erzeugen mit S3 = {Das Feuer brennt.}

Dieses einfache Beispiel demonstriert das Prinzip einer Simulation: man hat eine Ausgangssituation S0, man hat eine Menge von Veränderungsregeln im oben angedeuteten Format X= Wenn C in S erfüllt ist, dann füge Epluszu S dazu und nimm Eminus von S weg, und man hat einen Akteur, der die Veränderungsregeln auf eine gegebene Situation anwenden kann. Und diese Anwendung von Regeln erfolgt so oft, bis entweder keine Regeln mehr anwendbar sind oder irgendein Stopp-Kriterium erfüllt wird.

Schreibt man für den Ausdruck Die Menge der Veränderungsregeln X wird auf eine Situation S angewendet, was zur Nachfolgesituation S‘ führt verkürzend als: X(S)=S‘, ergibt die wiederholte Anwendung von X eine Serie der Art: X(S)= S‘, X(S‘)= S“, …, X(Sn-1)= Sn. Dies bedeutet, dass die Folge der Text-Zustände <S‘, S“, …, Sn> einen Simulationsverlauf repräsentieren. Man kann dann sehr gut erkennen, was passiert, wenn man bestimmte Regeln immer wieder anwendet.

In der vorliegenden Anwendung sollen solche durch Computer unterstützte Simulationen möglich sein, tatsächlich sogar noch mit einigen weiteren Feinheiten, die später näher beschrieben werden.

SIMULATION MIT BEWERTUNG

Wie zuvor schon im Text beschrieben wurde, kann man eine gegebene Situation S immer dann klassifizieren als erfüllt Eigenschaft K, wenn man über geeignete Kriterien K verfügt. In der vorliegenden Anwendung kann der Anwender eine Vision formulieren, eine Beschreibung, welcher Zustand in der Zukunft eintreten sollte.

Im Rahmen der Simulation soll es daher möglich sein, dass nach jeder Anwendung von Veränderungsregeln X mitgeteilt wird, in welchem Ausmaß die vorgegebene Vision V im aktuellen Zustand S eines Simulationsverlaufs schon enthalten ist. Die Aussagekraft einer solchen Klassifikation, die eine Form von Bewertung darstellt, hängt direkt von der Differenziertheit der Vision ab: je umfangreicher und detaillierter der Text der Vision ist, um so konkreter und spezifischer kann die Bewertung vorgenommen werden.

LERNFÄHIGE ALGORITHMEN (KI)

So, wie im Fall der Simulation der Computer dem Menschen bei ausufernden manuellen Tätigkeiten helfen kann, diese zu übernehmen, so ergibt sich auch für die Frage der Auswertung eines Simulationsverlaufs sehr schnell die Frage: könnte man auch ganz andere Simulationsverläufe bekommen, und welche von den vielen anderen sind eigentlich im Sinne eines vorgegebenen Zielkriteriums besser?

Tatsächlich haben wir es mit dem Ensemble einer Anfangssituation, einer Zukunftsvision und einer Menge von Veränderungsregeln mit einem Problemraum zu tun, der sehr schnell sehr umfangreich sein kann. Eine einzelne Simulation liefert immer nur einen einzigen Simulationsverlauf. Tatsächlich lässt der Problemraum aber viele verschiedene Simulationsverläufe zu. In den meisten Fällen ist eine Erkundung des Problemraumes und das Auffinden von interessanten Simulationsverläufen von großem Interesse. Der Übergang von einem Suchprozess zu einem lernenden Prozess ist fließend.

In der vorliegenden Anwendung soll von der Möglichkeit einer computergestützten lernende Suche Gebrauch gemacht werden.

QUELLENANGABEN und ANMERKUNGEN

[1] Siehe dazu den Schluss des Textes von Gerd Doeben-Henisch, 15.2.2021, PRAKTISCHE KOLLEKTIVE MENSCH-MASCHINE INTELLIGENZ by design. Problem und Vision, https://www.cognitiveagent.org/2021/02/15/praktische-kollektive-mensch-maschine-intelligenz-by-design-problem-und-vision/https://www.cognitiveagent.org/2021/02/15/praktische-kollektive-mensch-maschine-intelligenz-by-design-problem-und-vision/

[2] Denkbar ist natürlich, dass partiell mit Übersetzungen gearbeitet werden muss.

[3] Dieses Modell der Zerlegung der Wirklichkeit in Zeitscheiben entspricht der Arbeitsweise, wie das menschliche Gehirn die jeweils aktuellen sensorischen Signale für ein bestimmtes Zeitintervall ‚zwischen-puffert‘, um die Gesamtheit der Signale aus diesem Zeitintervall dann nach bestimmten Kriterien als eine Form von Gegenwart abzuspeichern und daraus dann Vergangenheit zu machen.

[4] Damit dies möglich ist, landen alle Texte auf einem zentralen Server, der mit statistischen Methoden ganze Texte nach Methoden des sogenannten ‚maschinellen Lernens‘ analysiert, statistische Verwendungskontexte von Ausdrücken erstellt, angereichert durch diverse sekundäre Zusatzinformationen.

[5] Was diese bedingt lernfähigen Algorithmen an Übersetzungsleistungen ermöglichen, ist sehr wohl erstaunlich, aber es ist prinzipiell begrenzt. Eine vertiefte Analyse dieser prinzipiellen Begrenzungen führt in die Entstehungszeit der modernen formalen Logik, der modernen Mathematik sowie in die theoretischen Grundlagen der Informatik, die letztlich ein Abfallprodukt der Meta-logischen Diskussion in der Zeit von ca. 1900 bis 1940 ist. Wenn also die angezielte Anwendung die volle Breite der Alltagssprache nutzen können soll, dann reicht es nicht, die prinzipiell Bedeutungsfernen Verfahren der Informatik wie bisher einzusetzen.

[5a] Das Phänomen ‚Alltagssprache‘ ist bei näherer Betrachtung äußerst komplex. In einem anderen Beitrag habe ich einige der grundlegenden Aspekte versucht, deutlich zu machen: Gerd Doeben-Henisch, 29.Januar 2021, SPRACHSPIEL und SPRACHLOGIK – Skizze. Teil 1, https://www.cognitiveagent.org/2021/01/29/sprachspiel-und-sprachlogik-skizze-teil-1/

[6] … von denen die formale Logik nicht einmal träumen kann.

[7] In der formalen Logik sind Spracherweiterungen im vollen Sinne nicht möglich, da jede echte Erweiterung das System ändern würde. Möglich sind nur definitorische Erweiterungen, die letztlich Abkürzungen für schon Vorhandenes darstellen. Das Sprechen in einer gegebenen Sprache L über Elemente der Sprache L — also meta-sprachliches Sprechen –, ist nicht erlaubt. Aufgrund dieser Einschränkung konnte Goedel seinen berühmten Beweis von der Unmöglichkeit führen, dass ein formales System sowohl Vollständig als auch Widerspruchsfrei ist. Dies ist der Preis, den formale Systeme dafür zahlen, dass ’nichts falsch machen können‘ (abgesehen davon, dass sie von sich aus sowieso über keine Bedeutungsdimension verfügen)).

[8] Während formale Systeme — und Computer, die nach diesen Prinzipien arbeiten — durch diese Elemente inkonsistent und un-berechenbar werden, kann das menschliche Gehirn damit fast mühelos umgehen!

[9] Unser Gehirn arbeitet schon immer mit beliebigen Abstraktionen auf beliebigen Ebenen.

FORTSETZUNG

Eine Fortsetzung findet sich HIER.

DER AUTOR

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MENSCH-MENSCH COMPUTER. Gemeinsam Planen und Lernen. Erste Notizen

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062, 2.-9.Oktober 2020
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Autor: Gerd Doeben-Henisch (gerd@doeben-henisch.de)

ÜBERBLICK

Der folgende Text entstand unter dem Eindruck der theoretischen und
praktischen Arbeiten, wie sie in meinem Engineering-Blog bislang dokumentiert
sind. Letztlich geht es darum, das aktuelle Paradigma der Informatik
und der übergreifenden Digitalisierung der Gesellschaft umzudrehen:
statt den Menschen nur als Datenfutter für anonyme Algorithmen zu benutzen,
ihn als digitalen Sklaven zu behandeln, der weitgehend zu einem
rechtlosen Spielball von internationalen Konzernen geworden ist, deren
Interessen weder die Interessen der Benutzer noch derjenigen von demokratischen
Gesellschaften sind, soll wieder der Mensch in das Zentrum
der Betrachtung gerückt werden und die Frage, was können wir tun, um
den Menschen mehr zu befähigen, gemeinsam mit anderen die mögliche
Zukunft besser zu verstehen und vielleicht besser zu gestalten. Der moderne
Mensch begreift sich als Teil der umfassenden Biosphäre auf diesem
Planeten und trägt eine besondere Verantwortung für diese.

Letzte Änderung: 9.Okt.2020

PDF-Dokument

Änderung 9.Okt.2020: Die Rahmenbedingungen von einer gegebenen Situation (hier als Problem) zu einer möglichen zukünftigen Situation (hier als positive Vision) werden etwas genauer analysiert.

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GRENZEN IM KOPF VERFLÜSSIGEN? Eine unterschätzte Methode

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Autor: Gerd Doeben-Henisch
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5.November 2019 (Aktualisierung: 14.Nov.2019, Aktualisierung: 24.Nov.2019)

KONTEXT

In diesem Blog wurde das Thema ‚Grenzen im Kopf‘ schon in vielen Beiträgen angesprochen. Unsere Zeit liefert Beispiele ohne Ende dafür, wie Menschen sich gegenseitig ausgrenzen, verteufeln und sich selbst gedanklich einsperren. Eine These des Blogs war dann, dass diese Phänomene nicht speziell sind, nicht nur in unserer Zeit auftreten, sondern dass der Mensch so gebaut ist, dass er gefasste Meinungen, erreichte Bilder in seinem Kopf tendenziell ‚hoch hält‘ und sie gegen andere Eindrücke und Meinungen erst mal verteidigt (Ein Titel war mal: ‚Populismus ist angeboren‘). Die Mechanismen im Alltag unterstützen eine solche Haltung in vielfacher Weise und sich davon zu befreien ist sehr anstrengend, sehr frustrierend, wird gesellschaftlich eher nicht belohnt.

Gerade vor solch einem Hintergrund kann die Frage spannend sein, welche Mittel es dennoch gibt, geben kann, um dieser Verfestigung der Barrieren im Kopf entgegen zu arbeiten. Der Verfasser dieser Zeilen hat aufgrund verschiedener Umstände zu diesem Thema das alte Instrument des Planspiels neu entdeckt, neu verstehen gelernt.

Nach vielen Jahren von Analysen unterschiedlichster Kontexte und Methoden zeigte sich, dass das zentrale Probleme zwischen verschiedenen Menschen in komplexen Prozessen darin besteht, wie sie gemeinsam diese Prozesse und ihre eigenen Rollen darin verstehen lernen und dadurch auch eine gemeinsame Sprache finden, mit der sie sich darüber austauschen können. Wichtig dabei ist, dass sie nicht nur einfach ein vorgegebenes Spiel spielen — was allerdings nicht ganz wertlos ist –, sondern dass sie anhand einer Fragestellung ihre verschiedenen Erfahrungen ‚auf den Tisch‘ legen, daraus gemeinsam ein Modell mit möglichen Veränderungen (= Planspiel) bauen, und dieses gemeinsam auch durch zuspielen, um zu erleben, was dann passiert, wie es sich anfühlt, wie der einzelne reagiert, und darüber gemeinsam zu reden. Nur so kann eine gemeinsame Sprache zu komplexen Prozessen entstehen, nur so ein neues Verständnis für die Zusammenhänge, nur so das nötige Vertrauen, um hinter der Oberfläche einer Person den Mitmenschen ein wenig entdecken zu können. Dies kann Grenzen niederreißen und neues Handeln ermöglichen.

DOKUMENT (als PDF)

Version v1-2 ist eine Aktualisierung

Version v1-1 ist eine Aktualisierung

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Brexit – Computerinterface – Zukunft. Wie hängt dies zusammen?

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Autor: Gerd Doeben-Henisch
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19.-20.Oktober 2019

Aktualisierung: 3.Nov.2019 auf dieser Seite

LEITGEDANKE

Wenn das, was wir nicht sehen, darüber entscheidet, was wir sehen,
dann lohnt es sich, für einen Moment inne zu halten, und sich darüber klar
zu werden, was wir tun, wenn wir versuchen, die Welt zu verstehen.

INHALT

1 Der Brexit als Lehrstück … 1
2 Das Unsichtbare in Allem 3
3 Computer-Interface als ein Stück Alltag 4
4 Wir als Teil von BIOM I und II 6
5 Homo Sapiens im Blindflug? 9
6 Epilog 11

DOKUMENT (PDF)

KURZKOMMENTAR

Der Text des Dokuments ist das Ergebnis von all den vorausgegangenen Blogeinträgen bis jetzt! Es ist die erste Zusammenschließung von verschiedenen großen Themen, die bislang im Blog getrennt diskutiert wurden. Es ist die große ‚Vereinheitlichung‘ von nahezu allem, was der Autor bislang kennt. Vielleicht gelingt es, dieser Grundintention folgend, diesen Ansatz weiter auszuarbeiten.

KURZKOMMENTAR II

Der Text ist aus philosophischer Perspektive geschrieben, scheut nicht die Politik, nimmt den Alltag ernst, nimmt sich die Digitalisierung vor, bringt die Evolutionbiologie zentral ins Spiel, und diagnostiziert, dass die aktuellen smarten Technologien, insbesondere die neuen Smart City Ansätze, schlicht zu wenig sind. Die ganzen nicht-rationalen Faktoren am Menchen werden nicht als lästiges Beiwerk abgeschüttelt, sondern sie werden als ein zentraler Faktor anerkannt, den wir bislang zu wenig im Griff haben.

ERGÄNZUNG 3.Nov.2019

In dem PDF-Dokument wird erwähnt, dass die Brexit-Entscheidung in England im Vorfeld massiv aus dubiosen Quellen beeinflusst worden ist. Im PDF-Dokument selbst habe ich keine weiteren Quellenangaben gemacht. Dies möcte ich hier nachholen, da es sich um einen explosiven Sachverhalt handelt, der alle noch bestehenden demokratischen Gesellschaft bedroht. Da ds ZDF und Phoenix die Angaben zu immer wieder neuen Terminen machen, sind die zugehörigen Links möglicherweise immer nur zeitlich begrenzt verfügbar.

Der Film „Angriff auf die Demokratie. Wurde der Brexit gekauft?“ von Dirk Laabs wird einmal in einem Text kurz beschrieben, und es wird ein Link auf youtube angegeben, wo man den Film als Video abrufen kann.

Hier aus dem Worlaut der Ankündigung:

„Die britische Wahlkommission ist überzeugt: Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass große Teile der Gelder für eine Kampagne vor dem Brexit-Referendum aus dubiosen Quellen stammen.

„Im Fokus steht der britische Geschäftsmann Arron Banks, Strippenzieher und enger Freund des ehemaligen Ukip-Anführers Nigel Farage. Über seine Offshore-Konten sollen fast neun Millionen Pfund Spenden geflossen sein.“

Die Recherchen des ZDF legen nahe, „dass Wähler verdeckt und so effektiv wie möglich beeinflusst werden sollten.“ Es werden nicht nur die Geldströme vefolgt, sondern der ZDFzoom-Autor Dirk Laabs „redet mit Insidern aus der Kampagne und konfrontiert ihren Kopf, den ehemaligen Chef der Ukip, Nigel Farage. Farage redet im Interview mit dem ZDF auch darüber, welchen Einfluss US-amerikanische Berater für die Kampagne hatten. Steve Bannon, früherer Berater von US-Präsident Trump, war einer der wichtigen Berater in diesem Spiel.“

„Konkret geht es um millionenschwere Kredite, die die Pro-Brexit-Kampagne von Banks erhalten haben soll. Demnach stammte das Geld möglicherweise nicht von ihm selbst, sondern von Firmen mit Sitz auf der Isle of Man und in Gibraltar, die sich damit in den Wahlkampf eingemischt hätten. Mittlerweile ermittelt die National Crime Agency. Sie soll die bislang verschleierte Kampagnen-Finanzierung offenlegen.“

„Nigel Farage spricht im Interview mit dem „ZDFzoom“-Autor Dirk Laabs ganz offen darüber, wie eng die Lager zusammengearbeitet haben und wie wichtig auch der ehemalige Trump-Berater Steve Bannon für die Kampagne in Großbritannien war“ … Ein Whistleblower, der für die Leave-Kampagne gearbeitet hat, ist überzeugt: „Die verschiedenen Brexit-Kampagnen brachen die Gesetze, griffen dabei auf ein ganzes Netzwerk von Firmen zurück, um mehr Geld ausgeben zu können. Ohne diese Betrügereien wäre das EU-Referendum anders ausgegangen.“

„ZDFzoom“-Autor Dirk Laabs geht in der Dokumentation den Fragen nach: „Mit welchen fragwürdigen Methoden wurde die Mehrheit der Briten vom Brexit überzeugt? Welche Interessen und Profiteure stecken dahinter? Und Laabs fragt bei Akteuren in Brüssel nach, welche Maßnahmen mit Blick auf die Europawahl ergriffen werden sollten und überhaupt könnten, um den Digital-Wahlkampf der Zukunft zu regulieren oder kontrollierbarer zu machen.“

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Lernen, gemeinsam die Welt zu verändern? Bottom-up und spielerisch?

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 5.Okt. 2019
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

KONTEXT

In einem vorausgehenden Beitrag hatte ich Überlegungen angestellt, welche Möglichkeiten wir als einzelne Bürger angesichts einer komplexen sich rasch verändernden Welt haben, überhaupt noch zu verstehen und irgendwie zu handeln, und zwar so, dass wir tatsächlich verstehen, wenn wir wollen, immer mehr, auch zukunftsbezogen, zusammen mit anderen. In diesem Beitrag hatte ich auch schon angedeutet, wie dies konkret geschehen könnte. Im folgenden Text habe ich dies jetzt heruntegebrochen auf elementare Prozesse, die sowohl für wenige Menschen funktionieren, aber auch für viele Tausend Menschen mit sehr komplexen Situationen, so komplex, dass man sie nur noch mit computergestützen Weltmodellen spielen kann. Obwohl es Aspekte dieser Idee schon heute, manche sogar schon viele Jahrzehnte, gibt, ist mir nicht bekannt, dass dieses Konzept bislang irgendwo systematisch im vollem Umfang angewendet wird. Im Rahmen eines Universitätsprojektes mit Bürgern beginnen wir gerade, es zu testen. Im März 2020 werden wir mehr wissen.

TEXT

Fortsetzung

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PROBLEME und LÖSUNGEN. Überlegungen zur Zukunftsfähigkeit

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 17.Sept. 2019
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

KONTEXT

Das Reden von der ‚Zukunft‘ klingt oft so isoliert, so abgetrennt, so fern, so unerreichbar, und doch begleitet uns die potentielle Zukunft — unsere potentielle Zukunft — auf Schritt und Tritt in unserem Handeln.

Es sind unsere eigenen Entscheidungen, was wir tun wollen, die immer wieder einen kleinen Schritt in eine bestimmte Richtung nach nicht ziehen, die unsere Zukunft eröffnen.

Natürlich sind diese individuellen Entscheidungen nicht isoliert vom Kontext, vom gesamten Lebenszusammenhang, aber doch, ja, wir kopieren nicht irgendetwas, wir mit unserer konkreten Persönlichkeit erzeugen ein kleines Stück Wirklichkeit, das eine Teil des je größeren Zukunftsszenariums darstellt.

Diese unseren individuellen konkreten Handlungen können zufällig sein, intuitiv, mögen planlos erscheinen, aber in der Regel stehen dahinter konkrete Motivationen, bestimmte Bilder, die wir aktuell von der Welt haben, und das Ganze meistens mit anderen vernetzt durch Kommunikation.

Im allgemeineren Fall, dort, wo es etwas professioneller wird, begegnet uns die Zukunft im Rahmen von Problemlösungen. Einer bestimmten Gruppe von Menschen stellt sich ein ‚Problem‘ verbunden mit einer minimalen ‚Vision‘ wie es denn stattdessen sein sollte, und dann versucht man diese Vision möglich zu machen, ein Stück Arbeit für die Zukunft und dann deren Realisierung.

Probleme müssen in vielen Bereichen gelöst werden und entsprechend haben sich in vielen Bereichen unterschiedliche Vorgehensweisen etabliert, wie man das macht: in den empirischen Wissenschaften, bei den Ingenieuren, bei Ärzten, Architekten, Kriminalpolizei, im Case Management, und vielem mehr.

Im folgenden Text soll von diesen speziellen Verfahren abstrahiert werden und der Frage nachgegangen werden, wie eine Problemlösung im Alltag funktionieren kann bei der beliebige Menschen beteiligt sind, vorzugsweise Gruppen von Bürgern, Kommunalverwaltungen, ganze Kommunen (Gemeinden, Städte).

ALLTAGSPROBLEME AUS DEN MEDIEN

Wenn man sich heutzutage in den Medien umschaut, mit Freunden und Bekannten spricht, dann kann man den Eindruck gewinnen, wir sind von Problemen umzingelt. Hier ein kleine Stichprobe aus drei Zeitungen von wenigen Tagen:

  1. Ortsbeiräte und Stadtverordnete sollen durch eine bürgernahe Stadtwerkstatt ergänzt werden, um die Anliegen der Bürger besser einbinden zu können
  2. Das Problem des bezahlbaren Wohnraumes wird in den Städten immer schlimmer. Jährlich fallen deutlich mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als neue geschaffen werden
  3. Eine Großstadt verweigert sich offiziell, Sozialwohnungen ohne Befristung zu bauen.
  4. Forscher konstatieren zum Teil dramatischen Rückgang bei bestimmten Vogelarten. Dies verweist auf einen Mangel an geeignete Lebensräume.
  5. Die Waldbesitzer in ganz Deutschland melden riesige Schäden durch Trockenheit.
  6. Die Bedrohung von BürgermeisterInnen durch radikale Gruppierungen nimmt beständig zu; einige geben auf
  7. Ortsbeiräte sollen das besondere Ohr zum Bürger darstellen. Aber, welcher Bürger kennt seinen Ortsbeirat? Und in der Stadtverordnetenversammlung, wer hört die Ortsbeiräte?
  8. Immer wieder Auffälligkeiten, dass der Verfassungsschutz Bezüge zu rechten Gefährdern unterbewertet
  9. Ein Kultusministerium will ein Schulamt weg verlegen aus seinem Bezirk und bürdet damit seinen Mitarbeitern zusätzliche Belastungen auf.
  10. Das ganze politische System Deutschlands benötigt ein Update, um zukunftsfähig zu werden
  11. Die großen Internetkonzerne merken, dass ihre Wirkung auf die Gesellschaft langsam Rückwirkungen erzeugen, die in immer größeres Misstrauen, wenn nicht gar partiell Feindschaft umschlagen. Plötzlich sprechen sie davon, dass Vertrauen das Wichtigste sei, sowohl in der Firma wie auch zur umgebenden Gesellschaft.
  12. Saubere Motoren alleine reichen nicht für eine weltweite Verbesserung des Verkehrs in den Metropolen
  13. International ist viel Geld da, das nach Anlage drängt, gleichzeitig gibt es aber zu wenige gute Anlageobjekte. Das Anlegen geschieht dennoch, vorbei an regulierten Finanzmärkten; Wertsteigerungen auf dem Papier werden verbucht, denen immer weniger realer Gegenwert entspricht (dies erzeugt eine massive Inflation, die von den Zentralbanken nicht erfasst wird)
  14. Der Chef eines der größten internationalen Ölkonzerns verkündet den nachhaltigen Umbau des Konzerns in Richtung Unterstützung erneuerbaren Energien, investiert aber bis auf Weiteres immer noch den größten Teil des Geldes in das Ölgeschäft
  15. Während der größten internationalen (Auto)-Mobil(itäts)-Ausstellung stehen sich tausende von Demonstranten und zehntausende Besucher ideell gegenüber.
  16. Keiner der weltweit größten Erdöl- und Erdgas-Konzerne ist auf Klimakurs
  17. Während die Reduzierung den Einsatz von EMobilität pushed, zeigen Fachleute vielfältige Probleme auf, die damit noch nicht gelöst sind oder gar durch EMobilität erst neu erzeugt werden.
  18. Bahn und Nahverkehr sollen ausgebaut werden, beim Bahnhofsumbau z.B. in Frankfurt sind viele Fragen noch offen; es wird Jahre dauern…
  19. Eine Buchbesprechung thematisiert die neue Sichtweise der Neurowissenschaften und die Wirkung auf andere bisherige Sichtweisen auf den Menschen. Vereinfacht gesagt: Die Reduktion des Menschenbildes auf Gehirnfunktionen.
  20. Der Konflikt zwischen einem Whistleblower (Snowden), der von seinem eigenen Staat nicht als solcher anerkannt wird, und der für die Interessen einer offenen, demokratischen Gesellschaft gegen ihre scheinbar übermächtig gewordenen geheimen Institutionen eintritt.
  21. Eine Diskussion um das rechte Verhältnis von Import/ Export, Realzinsen, und Fiskalpolitik im globalen Miteinander. Missverhältnisse können zu Verzerrungen, Abschottungen und mehr führen.
  22. Die intransparente Rolle von politischen Beratern jenseits der demokratischen Verfahren.
  23. Weltweit steigen die Schäden für Rückversicherer.
  24. Weltkonzerne stehen vor der Aufgabe, sich global neu zu orientieren ohne aber verlässliche politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu haben.
  25. Der starke Verfall von demokratischen Rechten und Gepflogenheiten in Hongkong am Beispiel der Fluggesellschaft
  26. Mikroplastik ist überall (Weltmeere, Flüsse, auch durch die Luft) auf dem Vormarsch
  27. Das Ringen um eine europäische Cloud als Alternative für mehr Unabhängigkeit im Datenverkehr.
  28. Der Zuwachs an Rechenkapazität in der Forschung wird durch technische Barrieren verlangsamt. Die Forschung wird durch Vorlieben der Bundesregierung nur einseitig gefördert.

Schon diese kleine Auswahl lässt ganz unterschiedliche Kontexte aufblitzen, die jeweils vorausgesetzt werden:

  1. Es geht um Menschen, verschiedene Tierarten und den Wald, deren Lebensräumen sich wechselseitig beeinflussen.
  2. Es geht um die Umwelt, die durch die Aktivitäten des Menschen unterschiedlich verändert wird.
  3. Es geht um Kommunen/ Städte, die den direkten Lebensraum für die Menschen (und viele Tiere) darstellen.
  4. Es geht um staatliche Institutionen, die bestimmte Aufgaben erfüllen sollen.
  5. Es geht um Bürgerrechte und die Demokratische Öffentlichkeit.
  6. Es geht um globale Konzerne, die sich mit unterschiedlichen nationalen Forderungen arrangieren müssen.
  7. Es geht um Technologien, um technologischen Abhängigkeiten und deren Bedeutung für die Wirtschaft und die staatliche Autonomie.
  8. Es geht um Weltbilder, die von unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen gespeist werden.
  9. Es geht bei allem auch immer um einzelne (Bürger, Bürgermeister, Stadtverordnete, Ortsbeiräte, Präsidenten, Firmenchefs, …), die sich in den jeweiligen Kontexten ‚verwirklichen‘ wollen.
  10. Einzelne lassen sich von dem jeweiligen Weltbild in ihrem Kopf leiten oder holen sich spezielle Berater, die ihr Weltbild unterstützen sollen.

WANN IST ETWAS EIN PROBLEM?

Dies aufgelisteten Fälle vorausgesetzt kann man die Frage aufwerfen, ob man bei den eingangs erwähnten Beispielen tatsächlich von ‚Problemen‘ sprechen sollte. Warum soll eine bestimmte geschilderte Sachlage als ein ‚Problem‘ bezeichnet werden? Warum sollte man in der mangelnden Einbindung von Bürgern in den Kommunen ein Problem sehen? Warum ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ein Problem? usw.

WELTBILD UND ZIELVORSTELLUNGEN

Offensichtlich setzt das Sprachspiel ‚Problem‘ voraus, dass die Beteiligten als Teil ihres jeweiligen Weltbildes bestimmte ‚Zielvorstellungen‚ haben, die für sie als ‚erstrebenswert‘ gelten, und im Lichte dieser Zielvorstellungen kann dann eine bestimmte Sachlage als ‚Problem‘ klassifiziert werden. So z.B.: Wenn man die Einbindung der Bürger innerhalb einer Kommune als erstrebenswert ansieht (Begründung?), dann kann man eine mangelnde Einbindung als ‚Problem‘ klassifizieren; wenn hinreichend verfügbarer bezahlbarer Wohnraum als erstrebenswert angesehen wird (Begründung?), dann kann man den Mangel als Problem klassifizieren. Und analog in all den anderen Fällen.

Was sich schon in diesen wenigen Beispielen andeutet, ist die Notwendigkeit, dass man zur Diagnose von Problemen über ‚erstrebenswerte Zielvorstellungen‘ verfügt, die auch von den anderen Beteiligten geteilt werden.

Wie diese ersten Beispiele aber auch zeigen, kann man nicht unterstellen, dass alle Beteiligten tatsächlich über eine Zielvorstellungen verfügen und falls doch, dass diese bei allen Beteiligten gleich sind.

So ist das Wort Bürgerbeteiligung in vieler Munde, man kann aber wenig konkrete Maßnahmen erkennen, die dies real unterstützen. Fachabteilungen in Kommunen sind einer Bürgerbeteiligung gegenüber tendenziell eher ablehnend, weil es die Arbeit ‚verkompliziert‘. Über hinreichend viel bezahlbaren Wohnraum wird seit Jahren diskutiert, seit Jahren aber tut sich nichts. Die Zerstörung von Lebensräumen von bestimmten Tierarten wird von Naturschützern angeklagt, aber viele handelnde Gruppierungen interessiert dies nicht. Fehlleistungen des Verfassungsschutzes (im Bund und auf Landesebene) werden immer wieder diagnostiziert, aber diese öffentliche Kritik zeigt bislang keine erkennbare Wirkung. Die einen ziehen aus den bisherigen Erkenntnissen zur Klimaänderung bestimmte Schlüsse (z.B. für den ganzen Bereich Verkehr, Mobilität), andere sehen dies als überzogen und unrealistisch an. Und so weiter.

Schon beim Aufsammeln von Problembeschreibungen stößt man also auf eine nicht einfache Problematik: die Ausgangslage für die Problemfeststellung liegt in den jeweiligen Weltbildern der Beteiligten, und dort insbesondere im Bereich der ‚erstrebenswerten Zielvorstellungen‘. Setzt man diese ‚erstrebenswerten Zielvorstellungen‘ ‚absolut‘, dann gibt es harte, unversöhnliche Fronten.

Andererseits, Weltbilder und erstrebenswerte Zielvorstellen sind nicht angeboren sondern resultieren aus Interaktionen des einzelnen mit seiner Lebenswelt. Im allgemeinsten Sinne kann man dies ‚Lernen‚ nennen: die Aneignung von Vorstellungen über die Welt, mit Hilfe deren man sich die Welt ‚erklärt‚ und mit deren Hilfe man sein Verhalten ‚orientiert‚.

Grundsätzlich kann man also immer versuchen, die eigene gelernte Sicht der Welt auf den Tisch zu legen und dabei deutlich machen, warum man bestimmte Ansichten für erstrebenswert hält.

FAKTOR MOTIVATION

Der Faktor Weltbild inklusive möglicher Zielvorstellungen ist im Alltag allerdings nur ein Faktor. Zusätzlich wirksam sind noch viele psychische Faktoren, die hier aus Sicht des Verhaltens zusammenfassend angenommen werden als ‚Motivation‚, also jene internen subjektiven Faktoren, die einen Menschen dazu bringen, sich eher einer Sache ‚zuzuwenden‘, sie ‚aktiv zu betreiben‘, oder, ganz im Gegenteil, sich ‚zu verschließen‘, eine ‚ablehnende Haltung‘ einzunehmen, eine Mitwirkung ‚zu verweigern‘.

Überall dort, wo es gilt, gemeinsame Entscheidungen zu fällen, ist neben allen Arten von Argumenten für oder gegen eine Sache immer auch die Motivation der einzelnen im Spiel. Direkt oder indirekt unterstützen sie den Prozess positiv oder blockieren ihn negativ. Rationale Argumente alleine reichen oft nicht aus, die motivationalen Faktoren zu beeinflussen.

Die Faktoren, die eine Motivation beeinflussen können, sind äußerst vielfältig, in der heutigen Forschung nur partiell geklärt, und können von Person zu Person, von Situation zu Situation fast beliebig variieren. Persönliche Vorlieben, persönliche Erlebnisse, Sympathie und Antipathie, Einbindung in Milieus mit bestimmten fixierten Rollen oder speziellen Werten, und vieles mehr. Ein unbeliebtes Beispiel: wenn ein Politiker bestimmten Lobbyisten nahe steht, deren konkrete wirtschaftliche Interessen durch Bürgerinteressen betroffen sind, wird es für die Bürger schwer, sich politisch Gehör zu verschaffen.

OHNE KOMMUNIKATION GEHT NICHTS

Sollte jemand über genügend Wissen verfügen (was praktisch nie der Fall ist, weil man als Spezialist viele andere Spezialisten benötigt) und sollte jemand zugleich auch noch motiviert sein, sein Wissen wirksam einzusetzen (keinesfalls selbstverständlich, nicht für alle denkbaren Situationen), wird es zusätzlich notwendig sein, mit all jenen Menschen in Verbindung zu treten, die für eine Lösung des Problems wichtig sind. Das geht nicht ab ohne Kommunikation. Überwiegend wird diese Kommunikation eine sprachliche Kommunikation sein, oft zusätzlich unterstützt durch Bilder, Videos, Pläne, Modelle, und vieles mehr.

Kommunikation ist nicht einfach. Nicht nur, dass man überhaupt in der Lage sein sollte vor und mit anderen sinnvoll sprechen zu können, man muss auch alle wichtige Punkte durch die Kommunikation dem anderen verständlich machen. Jeder, der spezielle Ausbildungen durchlaufen hat (was letztlich schon in der Schule beginnt), weiß, dass es oft viele Monate, Jahre, oder gar Jahrzehnte an Lernen und Praxis braucht, um gewisse Wissensgebiete zu verstehen und sie zur Anwendung bringen zu können. Fachgespräche sind hier nur mit solchen Menschen möglich, die eine ähnliche Ausbildung durchlaufen haben und ähnliche Expertise anhäufen konnten. Was aber, wenn solch eine Experte von Gebiet A auf einen Nicht-Experten trifft (z.B. einen Stadtverordneten) oder auf einen Experten auf Gebiet B? Eine solche Kommunikation kommt nicht wirklich zustande, oder verläuft pro forma, oder aber, ist man ernsthaft an wirklichem Verstehen interessiert, man nimmt sich füreinander hinreichend viel Zeit.

In einer Welt wie der unseren, ist aber Zeit ein äußerst knappes Gut geworden. Ich selbst habe es über Jahre erlebt, dass wir zwar einen interdisziplinären, viele Fachbereiche und Disziplinen übergreifenden Studiengang gründen durften, aber die geltenden Kapazitätspläne, die festlegen, wie viel Zeit ein Lehrender für eine bestimmte Zahl von Studierenden aufwenden darf, sehen nicht vor, dass Lehrende aus verschiedenen Disziplinen natürlich einen erheblich höheren Zeitbedarf für die Vorbereitung, Abstimmung und Nachbereitung benötigen, da sie sich ja auch mit den verschiedenen Wissenshorizonten ihrer Kollegen-innen auseinander setzen müssen. Bei einem Lehrdeputat, das sowieso schon grenzwertig ist, führen daher freiwillige zusätzliche Kommunikationszeiten zu einer erheblichen Mehr- und letztlich grenzwertigen Belastung. Dabei ist diese individuelle Belastung ja gar nicht das zentrale Problem, sondern die Möglichkeit, einen pädagogisch und wissenschaftlich vertretbaren Konsens herzustellen (eine ähnliche Situation findet sich heute in vielen Schulen, wo durch Inklusion und erhöhten Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund die Anforderungen an das Lehrpersonal sehr gestiegen ist, ohne dass dafür von Kultusministerien zusätzlich hinreichende Unterstützungen bereitgestellt wurden).

Während also der Aufwand an Kommunikation erheblich steigt, wenn die Zahl der Beteiligten und die Anzahl der unterschiedlichen Wissenskulturen zunimmt, wird die Zeit für Prozesse konträr eher immer knapper, was die Prozessqualität unausweichlich verschlechtert.

SIMULIERTES DENKEN

Angesichts der wachsenden Komplexität von Sachverhalten und der Zunahme an unterschiedlichen Erfahrungswerten, die die einzelnen Personen in einem Problemlösungsprozess einbringen, hat sich im Bereich des Engineering schon seit Jahrzehnten durchgesetzt, dass man das versammelte Wissen zum Problem in Form von ‚Simulationen‚ für alle in gewisser Weise sichtbar macht. In besonderen Kontexten benutzt man sogar ‚interaktive Simulationen‚, die es erlauben, dass der einzelne direkte eigene Erfahrungen sammeln kann, wie das System, die Umgebung, die anderen Beteiligten, auf die eigenen Handlungen reagieren (plakative Beispiele: Flugsimulator, Autosimulator, Schiffssimulator). Die Komplexität heutiger Anwendungen und Situationen erlauben es nicht mehr, dass man alle Eventualitäten rein gedanklich ‚vorweg nimmt‘.

Lange Zeit waren solche Simulationen vornehmlich bei den Ingenieuren zu Hause. Militärische Manöver, Unternehmensspiele oder vielfältige Rollenspielszenarien verdeutlichen aber, dass Simulationen nicht auf rein technische Anwendungen beschränkt sein müssen. Und wenn heute (laut Statistik) im Jahr 2018 ca. 40 Mio Bundesbürger regelmäßig Computerspiele spielen (auch jenseits der 50!), online, auch in Teams mit anderen, dann zeigt dies, das das Format ‚interaktive Simulation‘ ein sehr allgemeines, leistungsfähiges Lern- und Kommunikationsformat ist.

Umso erstaunlicher ist es, dass dieses Format seinen Weg noch nicht in den Bereich von allgemeinen Kommunikations- und Problemlösungsverfahren (Planungsverfahren) gefunden hat.

NUR DREI SIND EINS

So grob die bisherige Systematik erscheint, die Faktoren Wissen (Erfahrung), Motivation und Kommunikation sind alle drei bis zu einem gewissen minimalen Grad notwendig, damit ein einzelner zu einem konstruktiven Prozess beitragen kann. Mangelndes Wissen kann prinzipiell mit Hilfe von Motivation und Kommunikation ‚aktiviert‘ werden; mangelnde Kommunikation kann auch mit Hilfe von Motivation und Wissen ‚aktiviert‘ werden; Mangelnde Motivation jedoch ist sehr schwer ‚aktivierbar‘. Dabei erscheint der Faktor Motivation der wichtigste und zugleich heikelste Faktor von allen dreien zu sein. Das ‚Aktivieren‘ eines Faktors, das heißt der nachträgliche ‚Erwerb‘ von Wissen oder Kommunikationsfähigkeit – oder auch Motivation — ist prinzipiell möglich, erfordert aber echte Anstrengungen und real Zeit, ohne Erfolgsgarantie.

FORTSETZUNG

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MARC ELSBERG – GIER. Wirtschaftstheorie verkappt als Thriller. Kurzbesprechung

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 27.Mai 2019
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

Marc Elsberg (2019), Gier. Wie weit würdest Du gehen? Blanvalet Verlag (gehört zu Random House), München. Rezipiert in der leicht gekürzten Hörbuchfassung, hg. von Random-House Audio, München

GESPALTENES PUBLIKUM

Wie die bisherigen Rezensionen bei amazon.de deutlich machen, hinterlässt der Versuch, schwer erzählbare Theorien – in diesem Fall Wirtschaftstheorien – spannend zu verpacken, ein gespaltenes Publikum. Nach den vorliegenden Rezensionen bei Amazon (25.Mai 2016, insgesamt 114) äußern sich mehr als 50% stark bis weitgehend kritisch. Dies ist nichts Neues. Wer vorwiegend Unterhaltung und Spannung sucht ohne zu viel ‚Wissenschaft‘, dem wird normalerweise kein Buch gefallen, das als Thriller daherkommt und dann im Text, eingeschmuggelt, theoretische Gedanken zu gesellschaftlichen, speziell wirtschaftlichen, Themen vorfindet.

ROMAN IM KOORDINATENSYTEM DER GESELLSCHAFT

So gesehen ist ein Buch (in meinem Fall die Hörfassung) kein isoliertes Ereignis sondern immer auch zu sehen als Teil eines Publikums, einer Gesellschaft, in der bestimmte Weltbilder in den Köpfen der Leser bereitliegen, um auf die stimulierenden Worte eines Textes zu reagieren.

Soweit ersichtlich leben wir in einer fast schizophrenen Gegenwart: einerseits sind wir Teil einer komplexen Gesellschaft, durch und durch getragen und getrieben von hochkomplexen Technologien, ohne die nahezu nichts mehr möglich wäre; andererseits sind die Ausbildungssysteme dieser Gesellschaften weitgehend unzureichend, veraltet, werden an Leitbildern ausgerichtet, die mit der realen Welt immer weniger zu tun haben. Neben vielen wichtigen Themen ist das mathematische Denken so ein Beispiel. Nahezu jede Technologie, die heute unser Leben bestimmt, ist ohne die Entwicklung der modernen Mathematik undenkbar, doch ist gerade die mathematische Bildung des normalen Bürgers unterirdisch schlecht. Und da die heutigen Politiker weitgehend Kinder dieses schwächelnden Bildungssystems sind, wundert es nicht, dass im politischen Leben mathematisch-gestärktes Denken Mangelware ist.

SITUATION DES AUTORS

Was will ein engagierter Autor in solch einer gesellschaftlichen Situation machen? Will er einen maximalen Publikumserfolg landen, dann wird er alles vermeiden müssen, was das Denken zu sehr ‚belastet‘; damit wird er aber kaum tiefgreifende Probleme behandeln können, die unsere aktuelle Situation und die daraus erwachsenden möglichen Zukünfte ernsthaft betreffen. Ist er aber intelligent, hat er sich über den alltäglichen Mainstream hinweg in einige der realen Problemstellungen hineingelesen, hineingeredet, hineingedacht, alles sehr mühevoll, da der Mainstream Abweichungen wenig unterstützt, und er fühlt sich als Mensch herausgefordert, sich den neuen Erkenntnissen zu stellen, dann hat dieser Mensch ein Problem, insbesondere dann, wenn er sich als Autor versteht, als ernsthafter Autor.

POSITION DES ROMANS

Den vorliegenden Roman ‚Gier‘ von Elsberg deute ich so: er versteht sich als Autor, der nicht nur aus Gefälligkeit schreibt, nicht nur dem Mainstream gedankenlos folgen will, sondern der sich mit wichtigen, grundlegenden Fragen unseres globalen Wirtschaftssystems ernsthaft auseinandersetzen will. Ein Wirtschaftssystem, das uns seit Jahrzehnten demonstriert, dass es zunehmend von elitären geld- und machthungrigen Gruppierungen gesteuert wird, denen der große Zusammenhang egal ist, und die mittlerweile so mächtig geworden sind, dass fast alle bekannten nationalen Regierungen diesen kaum noch eine eigene, begründete Sicht entgegen setzen können (bzw. wollen). Die nächsten Katastrophen sind vorprogrammiert; das Leiden vieler wird billigend in Kauf genommen. Obwohl es in den Wissenschaften hier und da schwache Ansätze gibt, diesem scheinbaren Automatismus der globalen Abläufe etwas entgegen zu setzen, haben diese Ansätze kaum eine Wirkung. Die herrschenden Kräfte von Markt und Politik sind für solche Meinungen weitgehend unempfindlich. Dies ist die Realität.

Vor diesem Hintergrund verstehe ich den Roman ‚Gier‘ von Elsberg als einen ernsthaften – und angesichts dieser Rezeptionssituation – sehr gewagten Versuch, das ‚Unsagbare‘ doch irgendwie zu sagen.

WIE ERZÄHLEN

Wie in den Ingenieurwissenschaften seit Jahrzehnten bekannt ist, kann man komplexe Sachverhalte nur schlecht bis gar nicht einfach nur durch einen Text oder ein paar tote Formeln verständlich machen. Ingenieure benutzen daher schon immer das Mittel der Simulation, um komplexe Sachverhalte in ihrer Dynamik und in ihren Auswirkungen sichtbar zu machen. Selbst die Intelligentesten müssen sich dieses Instruments bedienen, da unser Gehirn nicht so gebaut ist, dass es komplexe Sachverhalte ‚einfach so‘ denken kann.

Eine uralte Form der Simulation ist die Erzählung, oder dann modern der Roman, später das Hörspiel oder der Film. Hier entwickelt man, ausgehend von einer Startsituation mittels des Verhaltens der Akteure (auch unter Einbeziehung von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten) einen Ablauf von Situationen, eine Geschichte, die mit ihrem Verlauf allen Lesern und Hörern in ihren inneren Vorstellungen augenscheinlich macht, was alles passieren kann, wenn man sich in dieser oder jener Situation befindet und so oder so handelt.

Elsberg unternimmt also den wagemutigen Versuch, eine der schwierigsten Problemstellungen – den möglichen Gang unserer menschlichen Gesellschaft – in Form seiner Roman-Simulation an einigen ausgewählten Punkten deutlich zu machen.

Für mich als Philosoph und Wissenschaftler war die Wahl der Darstellungsmittel (globale Konferenz, Massendemonstrationen, Bessere Welt Aktivisten, der Sicherheitsapparat zwischen allen Fronten usw.) nicht unpassend gewählt. Ist es doch so, dass wir seit Jahren das öffentliche Auftreten des Politikapparates und vieler Finanzgrößen so oder ähnlich erleben. Auch die angedeuteten Verhaltensmuster, offiziellen Normen, Klischees in den Köpfen, entsprechend weitgehend dem, was wir real erleben. Die Zusammensetzung der Hauptpersonen war vielfältig, könnte so sein, wenngleich die Personen im Detail vielleicht nicht immer ganz überzeugend waren. Aber, ins Reale gedreht: wie weit sind Personen, die wir kennen ‚überzeugend‘? Wieweit sind wir selbst für andere überzeugend?

Dennoch war ich fasziniert davon, wie Elsberg versuchte, bei diesem gewählten Rahmen seine eigentliche Kernbotschaft von der besseren Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie zusammen mit einer Fundamentalkritik am aktuellen Prozess rüber zubringen.

Lange war nicht ganz klar, was eigentlich seine Botschaft sein sollte, und die abgefahrene Story mit dem getöteten Redner für den Weltwirtschaftsgipfel und seinem Begleiter wirkte etwas bizarr. Aber so langsam, häppchenweise, rückte er mit seiner Idee heraus eingebettet in einen Plot, der ebenfalls ziemlich abgefahren –wenngleich nicht völlig unrealistisch – war, so dass die Neugierde auf mehr Aufklärung seiner Botschaft einerseits und diese bizarre Story von den agierenden Profikillern als verlängerter Arm einen globalen Finanzakteurs kontinuierlich stieg (bei mir; bei anderen offensichtlich nicht :-)).

Da ich die zitierten Theorien ein wenig kenne, ich Mathematik eher spannend als langweilig empfinde, und ich an ähnlichen Theorien arbeite, blieb bei mir unterm Strich hängen, wie man einen komplexen Sachverhalt menschlichen Zusammenlebens auf globaler Ebene letztlich mit einfachen, spielerischen Modellen verdeutlichen kann.

BEDEUTUNG DES ROMANS

Trotz der z.T. enttäuschenden oder gar ablehnenden Rezeption des Romans halte ich den Roman für sehr gut, mutig und sehr wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass der Roman wichtige Kommunikationsprozesse auslösen kann. Vor allem sehe ich in dem Ansatz der Erschließung dieser komplexen Thematik in Form von mehr kritisch-realistischen Gesellschaftsspielen – als Brettspiele, als Planspiele, als Computerspiele, als Lernumgebungen … – eine große Chance ergänzend zu einer reinen Textfassung.

BEZUG ZU DIESEM BLOG

Wie schon im vorausgehenden Blogeintrag zum Thema Computerspiele deutlich werden kann, vertrete ich die Auffassung, dass unser kulturelles Denken mehr gemeinsame, leistungsfähige Denk- und Kommunikationsformen benötigt, um die aktuelle gesellschaftliche Komplexität noch gemeinsam meistern zu können. An der zugehörigen Theorie (und Praxis) arbeite ich vielen seit Jahren. In dem zu diesem Blog parallelen eJournal kann man unter dem etwas kryptischen Titel AAI V3 Frontpage dazu einiges nachlesen.

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Computerspiele, eSports, Clash of Cultures … geht es dabei möglicherweise um mehr?

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 7.Mai 2019
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

KONTEXT

Ich hatte gestern Gelegenheit an der Veranstaltung #GAMESPLACES teilzunehmen, die von der Krativabteilung der Wirtschaftsförderung Frankfurt organisiert worden ist. Diese Abteilung unter Leitung von Manuela Schiffner zeichnet für viele ähnliche Veranstaltungen verantwortlich, auf der Akteure der Szene aus allen Lagern (Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunen,…) zusammenkommen und sich wechselseitig informieren und austauschen können. Gestern ging es um die Dimension eSport, vornehmlich illustriert am Beispiel der Praxis und Strategie von Eintracht Frankfurt, der AG sowohl als auch dem Verein. Hier ein paar Gedanken meinerseits zum Ereignis. Diese sind rein privat.

WUCHT DER ZAHLEN

Wenn man den Zahlen des Statistik-Portals Statista.com trauen kann, dann bewegt sich die Zahl der Computerspiele in Deutschland seit 5 Jahren in der Größenordnung von 32 – 34 Mio Spieler. Die Gesamtbevölkerungszahl bewegt sich in der gleichen Zeit etwa zwischen 81 – 83 Mio. Damit liegt der Prozentsatz der Spielenden bei ca. 40%. Da das Computerspielen bislang eher noch auf die Altersgruppen unter 60 beschränkt ist, ist der Prozentsatz der aktiven Spieler eher noch höher anzusetzen. Dies sind mächtige Zahlen. Und wenn man dann vom Frankfurter Wirtschaftsdezernent Frank hört, dass allein die Kreativwirtschaft in Frankfurt 2016 4 Mrd Euro umgesetzt hat, dann schärft sich das Bild weiter, dass der Computerspielbereich eine sehr reale Größe ist. Und es passt ins Bild, dass allein der Mediencampus der Hochschule Darmstadt (Aussage des Dekans Wilhelm Weber) in Dieburg ca. 3000 Studierende zählt, Tendenz wachsend.

eSPORT

Arne Peters als unabhängiger Berater gab auf der Veranstaltung einen knappen, sachlichen Bericht zur Entwicklung und zum Stand des Phänomens eSport. Er stellte heraus, dass in diesem Bereich die Community von besonderer Bedeutung sei: was in der Community keine Anerkennung findet, fällt gnadenlos durch. Und er vertrat die Ansicht, dass die typischen Spieler in diesem Bereich grundlegend sozial orientiert seien, das gemeinsame Erleben stehe im Vordergrund.

Zu negativen Begleiterscheinungen des eSports sagte er nichts, weder bezüglich der möglichen individuellen Auswirkungen, noch auf die marktpolitischen Tendenzen zur Monopolisierung, noch auf die möglichen gesellschaftlichen Wirkungen.

Hier wurde Timm Jäger, der Referent des Vorstands von Eintracht Frankfurt für digitale Technologien und Strategien etwas konkreter. Zunächst überbrückte er den Spagat zwischen eSports als Sport oder nicht dadurch, dass er — wie viele andere aus der Szene (auch Eintracht-Vorstandsmitglied Axel Hellmann) — die Position bezog, dass diese Frage innerhalb der Szene selbst nicht diskutiert würde. Denen, die eSports machen, ist es egal. Sie machen eSport. Und nach Timm Jäger sieht Eintracht Frankfurt eSport als Teil der Arbeit mit Menschen (alle Altersgruppen, für jedes Mitglied), die von der Breite ausgeht, und dazu gezielte Schulungen, Trainings und Beratung durch zertifizierte Trainer anbietet. Mit diesem breiten Ansatz könnte Timm Jäher auch viele kritische Anfragen aus dem Publikum konstruktiv beantworten, da im Kontext von Eintracht Frankfurt Kinder, Jugendliche und Erwachsene nicht nur durch den Bezug zu jeweiligen sozialen Gruppen, sondern auch durch professionelle zertifizierte Schulungsleiter und Trainer nicht nur auf die Möglichkeiten vorbereitet werden, sondern sich auch mit allerlei Formen von Risiken auseinander setzen können. Nicht ganz befriedigen konnte die Frage nach den offiziell eingesetzten Computerspielen, die von globalen Konzernen produziert und gemanagt werden, die eine relativ abgeschottete Politik verfolgen, die sich u.a. darin ausdrückt, dass sie nach Belieben immer wieder die Spielregeln ändern, was Teilnehmer monierten.

Abschließend gab es eine live Demonstration zwischen der eSports Bundesligamannschaft von Mainz 05 und Eintracht Frankfurt. Zu Beginn der Verlängerung stand es 1:1 (ja, ich habe die letzten Minuten nicht mehr gesehen 🙂 Mainz attackierte sehr stark …

CLASH OF CULTURES

Die positive Grundstimmung der Veranstaltung mit vorwiegend am eSport oder zumindest am Computerspiel Interessierten kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Digitalisierung der Gesellschaft, hier in Form von Computerspiel Interessierten, die offiziellen Bereiche der Gesellschaft wie z.B. das gesamte Bildungssystem, den offizielle Kulturbetrieb, oder die offizielle Politik noch nicht erreicht hat.

In diesem Zusammenhang ist ein aktueller Gastbeitrag von Leander Haußmann in der Zeit online (ZEIT Wissen Nr. 3/2019, 16. April 2019) von Interesse. Haußmann, Jahrgang 1959, Theater und Filmregisseur, Schauspieler outet sich in diesem Beitrag als passionierter Gamer. Er schildert eindrücklich seine erlebnisstarken Jugend in der ehemaligen DDR; die Welt der Freunde als Gegenentwurf zur bürgerlichen Staatstheorie und deren Indoktrinationsritualen in Schule und Gesellschaft. Als erlebnisoffener Mensch und Literaturkundiger sieht er in den modernen Computerspielen eine neue Form von Weltbeschreibung, die sehr wohl dem Erlebnishunger, dem Abenteuerstreben, dem individuellen Ausagieren von Bedürfnissen und Emotionen dienen kann, vorbei am Alltagseinerlei und an Pseudomoral, die Gutes zu tun vorgibt aber faktisch Negatives befördert.

Zu diesem Beitrag gab es 348 Kommentare, die ich mir angeschaut habe. Sie sind fast genauso wichtig wie der Beitrag selbst; signalisieren sie doch einen realen Resonanzraum in den Gefühlen und Gedanken von Menschen, der vieles von der Zerrissenheit verrät, in der wir uns alle zur Zeit bewegen.

Da gibt es natürlich die große Gruppe jener, die sich in den Worten von Haußmann positiv wiederfinden; sie fühlen sich verstanden und in ihrer Lust am Spielen gestärkt. Dann gibt es die ebenso große Gruppe, die auf jeden Fall gegen Computerspiele ist; die Argumente sind unterschiedlich. Und dann gibt es eine kleine Gruppe von ‚Geläuterten‘; das sind Menschen, die intensive Computerspieljahre (auch Jahrzehnte) hinter sich haben und dann irgendwann in einen Zustand kamen, dass sie das Gefühl hatten, der Rausch des unmittelbaren Erlebens im Computerspielen ist unterm Strich nicht sehr nachhaltig, oder gar psychisch und sozial zerstörerisch. Der Ersatz des Realen durch das Virtuelle führt irgendwie zur Auflösung der realen Existenz und verhindert all jene Formen des Erlebens, die anders sind, möglicherweise nachhaltiger.

Zwischen diesen drei Positionen scheint es wenig Vermittelndes zu geben: Entweder man spielt, oder man ist dagegen, oder man gehört zum Kreis der ‚Geläuterten‘, die für die anderen einer anderen Sphäre angehören. Und in den offiziellen Bereichen der Gesellschaft, speziell Schulen und Hochschulen (von wenigen Ausnahmen abgesehen wie z.B. dem Mediencampus Hochschule Darmstadt), findet das Thema praktisch nicht statt.

FALSCH PROGRAMMIERT?

Nimmt man einen soziologischen Standpunkt ein und sieht die Computerspielenden als Teilpopulation einer offenen Gesellschaft, deren Zukunft nicht zuletzt auch von den Erlebnis- und Wissensstrukturen ihrer Bürger abhängig ist, dann kann man die Frage stellen, ob die intensive Einwirkung von Computerspielen (es geht nicht nur um Gewalt) letztlich die Wahrnehmung der realen Welt, der politischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge, in einer Weise beeinflusst, die die Bürger unfähig macht, ihre Verantwortung als Bürger eines demokratischen Landes in einer technologischen und global-wirtschaftlichen und -politischen Umbruchphase hinreichend wahrnehmen zu können? Diese Frage ist weitgehend rhetorisch, da die deutsche empirische Sozialforschung zu dieser Frage mehr oder weniger ’sprachlos‘ ist. Empirische begründete Aussagen sind nicht verfügbar.

Blickt man auf das offensichtliche Versagen vieler Bundesministerien und staatlicher Behörden in den letzten Jahren und aktuell, denen man — zumindest offiziell — keine intensive Computerspieltätigkeit nachweisen kann (aufgrund der Selbstbeschreibung von Haußmann kann man diese Möglichkeit aber nicht ganz ausschließen :-)), dann scheint es noch ganz andere Faktoren zu geben, die eine ‚Demokratiefähigkeit‘ von Politik gefährden können (Lobbyismus, Dummheit, narzisstische Persönlichkeitsstrukturen, Machthunger, …).

Statt also mangels klarem Wissen in der unappetitlichen Suppe von Verschwörungstheorien zu versinken, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob sich die offensichtlich attraktiven Faktoren moderner Computerspiele nicht doch irgendwie mit dem real-weltlich Nützlichem auf neue Weise verknüpfen liesen?

SERIOUS GAME/ APPLIED GAME

Es ist möglicherweise bezeichnend, dass im Deutschen eher die englischen Ausdrücke benutzt werden als deutsche Ausdrücke wie ernsthaftes Spiel, Spiel mit praktischem Nutzen, Lehrspiel, Lernspiel oder so ähnlich. Irgendwie, intuitiv, gefühlsmäßig sträubt man sich im Deutschen, Lernen und Spielen zu verknüpfen.

Dies ist eigentlich verwunderlich, weil spieleähnliche Methoden wie z.B. Simulation, Planspiele, Spieltheorie seit Jahrzehnten in vielen Bereichen wie z.B. Ingenieurswissenschaften, Militär und Wirtschaft gang und gäbe sind. Ohne diese Methoden wären viele wichtigen Erkenntnis-, Verstehens- und Lernprozesse gar nicht möglich.

Das menschliche Gehirn ist trotz vieler phantastischer Eigenschaften nicht in der Lage, Sachverhalte mit vielen verbundenen Größen, die sich zudem in der Zeit unterschiedlich verändern können, umfassend und schnell genug mit hinreichender Präzision zu denken. Ohne Einbeziehung entsprechender Methoden, und das sind heute weitgehend computergestützte Verfahren, kann das menschliche Gehirn daher viele heute benötigten Prozessmodelle gar nicht mehr selber denken, was bedeutet, dass die moderne Wissenschaft und moderne Technologie ohne diese Methoden schlicht undenkbar geworden sind.

Macht man sich dies klar, dann verwundert es vielleicht umso mehr, warum sich Schulen und Hochschulen so schwer tun, simulationsähnliche Methoden als Standardmethoden in Lehre, Lernen und Forschen einzuführen.

Der einzige Unterschied zwischen einer interaktiven Simulation und einen Computerspiel besteht darin, dass neben dem Simulationskontext im Computerspiel bestimmte mögliche Zustände als Gewinnzustände ausgezeichnet sind. Bei geeignetem Verlauf der interaktiven Simulation kann also ein Simulationsteilnehmer bei Erreichen eines Gewinnzustandes als Gewinner bezeichnet werden. Und da ein Simulationsteilnehmer in einer interaktiven Simulation durch sein Verhalten den Gesamtverlauf zumindest Anteilhaft mit beeinflussen kann, kann ein Gewinner sich am Schluss dann den Erfolg anteilsmäßig zurechnen.

Gegenüber einer normalen interaktiven Simulation mag dieser kleine Unterschied mit den ausgezeichneten Gewinnzuständen als unscheinbar erscheinen, aber aus Sicht eines systematischen Engineeringsprozesses wie auch aus Sicht der Motivationslage eines Mitwirkenden ist dieser Unterschied weitreichend:

  1. Angesichts der wertmäßig neutralen möglichen Alternativen in einem Simulationsprozess ist die einzige Möglichkeit, interessante Zustände auszuzeichnen und gezielt zu testen, jene, durch explizite Angabe von Gewinnzuständen sogenannte Präferenzen sichtbar zu machen, an denen die Organisatoren der Simulation interessiert sind.
  2. Durch Vorgabe solcher Präferenzen besteht dann die Möglichkeit, die Auswirkungen dieser Präferenzen auf den Möglichkeitsraum zu testen.
  3. Dadurch dass möglichst viele der möglicherweise Betroffenen (z.B. die Bürger einer Stadt) selbst am Spiel teilnehmen und mit ihren eigenen Sinnen erleben können, was passiert, wenn man Handlungen einer bestimmten Art in dem angenommenen Kontext ausübt, teilen alle ähnliche Erfahrungen, können darüber besser gemeinsam kommunizieren, und müssen nicht zusätzlich überzeugt werden.
  4. In wissenschaftlichen Simulationen sind zudem alle Regeln allen zugänglich und auch jederzeit in gemeinsamer Übereinkunft änderbar. Dies schafft Vertrauen in den Prozess und stärkt die Argumentationskraft der Verläufe.
  5. Die formale Auszeichnung eines Simulationsteilnehmers als Gewinner mag formal-mathematisch unbedeutend sein, für die Motivationslage eines Menschen kann dies aber (empirisch überprüfbar) einen starken Antrieb geben, sich intensiv mit der Materie zu beschäftigen und Schwierigkeiten eher zu trotzen.

In einer Zeit, wo interdisziplinäre Teams komplexe Projekte zu realisieren haben, würde ein konsequenter Spieleansatz die Qualität und die psychologische Temperierung der Teams möglicherweise auch positiv beeinflussen.

Soundtrack, ohne Stimme
… with voice: spheres – Kugelwesen

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Populismus – Kultur der Freiheit – Ein Rezept?

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 24.März 2019
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

KONTEXT

In einem Beitrag vom 7.Februar 2019 hatte ich mir die Frage gestellt, warum sich das alltägliche Phänomen des Populismus nahezu überall in allen Kulturen, in allen Bildungsschichten — eigentlich auch zu allen Zeiten — mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit findet, die einem Angst und Bange machen kann. Und gerade in der Gegenwart scheinen wir geradezu wieder eine Hochblüte zu erleben. In diesem ersten Beitrag hatte ich einige Faktoren angesprochen, die unser normales menschliches Lern- und Sozialverhalten charakterisieren und die genügend Anhaltspunkte liefern, um eine erste ‚Erklärung‘ dafür zu geben, warum das Auftreten populistischer Tendenzen keine Überraschung ist, sondern eben genau in den Strukturen unserer personalen Strukturen als grundlegende Überlebensstrategie angelegt sind. In einem Folgebeitrag am 11.Februar 2019 habe ich diese Gedanken ein wenig weiter verfolgt. Auf die Frage, wie man der starken Verhaltenstendenz des Populismus gegensteuern könnte, habe ich versucht, anhand der Hauptfaktoren des alltäglichen Lernens und der Gruppenbildungen Ansatzpunkte zu identifizieren, die normalerweise die Bildung populistischer Meinungsbilder begünstigen bzw. deren Modifikation dem möglicherweise entgegen wirken könnte. Durch zahlreiche Gespräche und Veranstaltungen der letzten Wochen haben sich die Themen für mich weiter entwickelt bis dahin, dass auch erste Ideen erkennbar sind, wie man den starken Verhaltenstendenzen in jedem von uns möglicherweise entgegen wirken könnte. Gegen Verhaltenstendenzen zu arbeiten war und ist immer sehr herausfordernd.

POPULISMUS – Eine Nachbemerkung

Bislang wird das Thema ‚Populismus‘ in der Öffentlichkeit tendenziell immer noch wie eine ‚religiöse‘ Frage behandelt, stark versetzt mit ‚moralischen Kategorien‘ von ‚gut‘ und ‚böse‘, mit starken Abgrenzungen untereinander, vielfach fanatisch mit der Bereitschaft, diejenigen mit der ‚anderen Meinung‘ zu bekämpfen bis hin zur ‚Ausrottung‘. Diese Meinungen verknüpfen sich mit Ansprüchen auf politische Macht, oft mit autoritären Führungsstrukturen. Die Frage nach Transparenz und Wahrheit spielt keine zentrale Rolle. Und, falls man zu einer Meinungsgruppe gehört, die ‚anders‘ ist, versteht man selten, warum die einen jetzt so unbedingt von Meinung A überzeugt sind, weil man selbst doch eher B oder C favorisiert. Das verbal aufeinander Einschlagen und das Demonstrieren mit Gegenparolen ändert an den grundlegenden Meinungsunterschieden wenig; es fördert möglicherweise eher die Abgrenzung, verhärtet die Fronten.

Dies alles ist nicht neu; die vielen blutigen Religionskriege in der Vergangenheit sind nur ein Beispiel für das Phänomen gewalttätiger Populismen; viele weitere Beispiele liesen sich anführen.

Die Tatsache, dass wir heute, im Jahr 2019, nach vielen tausend Jahren Geschichte mit einer unfassbaren Blutspur hervorgebracht durch Meinungsunterschiede, verteufelnden Abgrenzungen, Schlechtreden ‚der Anderen‘, immer noch, und zwar weltweit (!), in diese Muster zurückfallen, ist ein sehr starkes Indiz dafür, dass die Ursachen für diese Verhaltensmuster tief in der menschlichen Verhaltensdynamik angelegt sein müssen. Bei aller Freiheit, die jedem biologischen System zukommt und dem Menschen insbesondere, scheint es genügend Faktoren zu geben, die die Weltbilder in den Köpfen der Menschen in einer Weise beeinflussen, dass sie im großen Maßstab Bilder von der Welt — und darin auch von den anderen und sich selbst — in ihren Köpfen mit sich herumtragen, die sie in maschinenhafte Zombies verwandeln, die sie daran hindern, die Differenziertheit der Welt wahr zu nehmen, komplexe dynamische Prozesse zu denken, mit der Vielfalt und der Dynamik von biologischem Leben, ökologischen und technischen Systemen nutzbringend für das Ganze umzugehen.

Viele kluge Leute haben dazu viele dicke Bücher geschrieben und es kann hier nicht alles ausgerollt werden.

Dennoch wäre eine sachliche Analyse des Populismus als einer starken Verhaltenstendenz äußerst wichtig als Referenzpunkt für Strategien, wie sich die Menschen quasi ‚vor sich selbst‘, nämlich vor ihrer eigenen, tief sitzenden Tendenz zum Populismus, schützen könnten.

Eine Antwort kann nur in der Richtung liegen, dass die jeweilige Gesellschaft, innerhalb deren die Menschen ihr Leben organisieren, in einer Weise gestaltet sein muss, dass sie die Tendenzen zur Vereinfachung und zur überdimensionierten Emotionalisierung im Umgang miteinander im alltäglichen Leben gegen steuern. Für eine angemessene Entwicklung der grundlegenden Freiheit, über die jeder Mensch in einer faszinierenden Weise verfügt, müssten maximale Anstrengungen unternommen werden, da die Freiheit die kostbarste Eigenschaft ist, die die Evolution des Lebens als Teil der Evolution des ganzen bekannten Universums bis heute hervorgebracht hat. Ohne die Nutzung dieser Freiheit ist eine konstruktive Gestaltung der Zukunft im Ansatz unmöglich.

KULTUR DER FREIHEIT – Eine Nachbemerkung

In dem erwähnten Beitrag vom 11.Februar 2019 hatte ich erste Gedanken vorgestellt, welche Faktoren sich aus dem Geschehen der biologischen Evolution heraus andeuten, die man berücksichtigen müsste, wollte man das Geschenk der Freiheit gemeinsam weiter zum Nutzen aller gestalten.

Neben der Dimension der Kommunikation, ohne die gar nichts geht, gibt es die fundamentale Dimension der jeweiligen Präferenzen, der ‚Bevorzugung von Zuständen/ Dingen/ Handlungen …, weil man sich von ihnen mehr verspricht als von möglichen Alternativen.

KOMMUNIKATION

Obwohl die Menschen allein in den letzten 100 Jahren viele neue Technologien entwickelt haben, die den Austausch, den Transport von Kommunikationsmaterial hinsichtlich Menge und Geschwindigkeit dramatisch gesteigert haben, ist damit das zugehörige Verstehen in den Menschen selbst nicht schneller und tiefer geworden. Die Biologie des menschlichen Körpers hat sich nicht parallel zu den verfügbaren Technologien mit entwickelt. Auf diese Weise entstehen völlig neue Belastungsphänomene: zwar kann der Mensch noch wahrnehmen, dass es immer schneller immer mehr gibt, aber diese Überflutung führt nur begrenzt zu mehr Verstehen; überwiegend macht sich heute in dieser Situation ein wachsendes Ohnmachtsgefühl breit, eine Hilflosigkeit, in der nicht erkennbar ist, wie man als einzelner damit klar kommen soll. Die gleichzeitige Zunahme von ‚falschen Nachrichten‘, ‚massenhaften Manipulationen‘ und ähnlichen Phänomenen tut ihr Übriges, um in den Menschen das Gefühl zu verstärken, dass ihnen der Boden unter den Füßen gleichsam weggezogen wird. Wenn sich dann selbst in offiziellen demokratischen Gesellschaften Politiker (und Teile der Verwaltung oder Staatstragenden Institutionen) diesem Stil des Verbergens, Mauerns, geheimer Absprachen und dergleichen mehr anzuschließen scheinen, dann gerät das gesellschaftliche Referenzsystem ganz gefährlich ins Schwimmen. Was kann der einzelne dann noch tun?


PRÄFERENZEN (WERTE)

Der andere Faktor neben der aktuell mangelhaften Kommunikation sind die Präferenzen, nach denen Menschen ihr Lernen und Handeln ordnen. Ohne irgendwelche Präferenzen geht gar nichts, steht jedes System auf der Stelle, dreht sich im Kreis.

Ein Teil unserer Präferenzen ist in unserem Verhalten angelegt als unterschiedliche starke Tendenz eher A als B zu tun. Andere Präferenzen werden innerhalb gesellschaftlicher Systeme durch Mehrheiten, privilegierten Gruppen oder irgendwelche andere Mechanismen ausgezeichnet als das, was in der jeweiligen gesellschaftlichen Gruppierung gelten soll (im Freundeskreis, in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Strafgesetz, in einer religiösen Vereinigung, …). Zwischen den gesellschaftlich induzierten Normen und den individuellen Verhaltenstendenzen gibt es unterschiedlich viele und unterschiedliche starke Konflikte. Ebenso wissen wir durch die Geschichte und die Gegenwart, dass es zwischen den verschiedenen gesellschaftlich induzierten Präferenzsystemen immer mehr oder weniger starke Konflikte gab, die alle Formen von möglichen Auseinandersetzungen befeuert haben: zwischen kriegerischer Totalausrottung und wirtschaftlich-kultureller Vereinnahmung findet sich alles.

Der Sinn von Präferenzen ist schlicht, dass sich Gruppen von Menschen einigen müssen, wie sie ihre Fähigkeiten am besten ordnen, um für alle einen möglichst großen Nutzen in der jeweiligen Lebenswelt zu sichern.

Der eine Bezugspunkt für diese Regeln ist die Lebenswelt selbst, die sogenannte Natur, die heute mehr und mehr von technologischen Entwicklungen zu einer Art Techno-Natur mutiert ist und — das wird gerne übersehen — zu der der Mensch gehört! Der Mensch ist nicht etwas Verschiedenes oder Getrenntes von der Natur, sondern der Mensch ist vollständig Teil der Natur. Im Menschen werden Eigenschaften der Natur sichtbar, die ein besonderes Licht auf das ‚Wesen‘ der Natur werfen können, wenn man es denn überhaupt wissen will. Der andere Bezugspunkt ist die Welt der Bilder in den Köpfen der Beteiligten. Denn was immer man in einer Lebenswelt tun will, es hängt entscheidend davon ab, was jeder der Beteiligte in seinem Kopf als Bild von der Welt, von sich selbst und von den anderen mit sich herum trägt.

An diesem Punkt vermischt sich die Präferenz-/Werte-Frage mit der Wissensfrage. Man kann beide nicht wirklich auseinander dividieren, und doch repräsentieren die Präferenzen und das Weltwissen zwei unterschiedliche Dimensionen in der Innendynamik eines jeden Menschen.

EIN EPOCHALER WENDEPUNKT?

Fasst man die bisherigen ‚Befunde‘ zusammen, dann zeichnet sich ein Bild ab, dem man eine gewisse Dramatik nicht absprechen kann:

  1. In der Kommunikationsdimension hat sich eine Asymmetrie aufgebaut, in der die Technologie die Menge und die Geschwindigkeit des Informationsmaterials in einer Weise intensiviert hat, die die biologischen Strukturen des Menschen vollständig überfordern.
  2. In der Präferenzdimension haben wir eine mehrfache Explosion im Bereich Komplexität der Lebenswelt, Komplexität der Präferenzsysteme, Komplexität der Weltbilder.
  3. Die Anforderungen an mögliche ‚praktische Lösungen‘ steigen ins ‚gefühlt Unermessliche‘, während die Kommunikationsprozesse, die verfügbaren Weltbilder und die verfügbaren Präferenzen sich immer mehr zu einem ‚gefühlten unendlichen Komplexitätsknäuel‘ verdichten
  4. Alle bekannten Wissenstechnologien aus der ‚Vergangenheit (Schulen, Bücher, Bibliotheken, empirische Wissenschaften, …) scheinen nicht mehr auszureichen. Die Defizite sind täglich immer mehr spürbar.

WAS BEDEUTET DIES FÜR EINE MÖGLICHE NEUE STRATEGIE?

Obwohl die soeben aufgelisteten Punkte nur als eine sehr grobe Charakterisierung der Problemlage aufgefasst werden können, bieten sie doch Anhaltspunkte, in welcher Richtung man suchen sollte.

Ich deute die Asymmetrie zwischen der technologisch ermöglichten Turbo-Daten-Welt und dem individuellen Gehirn mit seiner nenschentypischen Arbeitsweise als eine Aufforderung, dass man die Verstehensprozesse auf Seiten des Menschen deutlich verbessern muss. Wenn jemand über ein — bildhaft gesprochen — ‚Schwarz-Weiß‘ Bild der Welt verfügt, wo er doch ein ‚Vielfarbiges‘ Bild benötigen würde, um überhaupt wichtige Dinge erkennen zu können, dann muss man bei den Bildern selbst ansetzen. Wie kommen sie zustande? Was können wir dazu beitragen, dass jeder von uns die Bilder in den Kopf bekommt, die benötigt werden, wollen wir gemeinsame eine komplexe Aufgabe erfolgreich bewältigen? Einzelne Spezialisten reichen nicht. Ein solcher würde als Einzelgänger ‚veröden‘ oder — viel wahrscheinlicher — auf lange Sicht von der Mehrheit der anderen als ‚Verrückter‘ und ‚Unruhestifter‘ ‚ausgestoßen‘ werden.

Vom Ende her gedacht, von der praktisch erwarteten Lösung, muss es möglich sein, dass die jeweilige gesellschaftliche Gruppe in der Lage ist, gemeinsam ein Bild der Welt zu erarbeiten, das die Gruppe in die Lage versetzt, aktuelle Herausforderungen so zu lösen, dass diese Lösung noch in einem überschaubaren Zeitabschnitt (wie viele Jahre? Auch noch für die Enkel?) funktionieren. Dies schließt eine sachliche Funktion genauso ein wie die Übereinstimmung mit jenen Präferenzen, auf sich die Gruppierung zu Beginn geeinigt hat.

Die Ermöglichung hinreichend leistungsfähiger Bilder von der Welt in allen Beteiligten verlangt auf jeden Fall einen Kommunikationsprozess, bei dem alle Beteiligten aktiv mitwirken können. Nun kennen wir in demokratischen Gesellschaften heute die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligungen aus vielen politischen Bekundungen und auch von zahllosen realen Initiativen. Die reale Auswirkung auf die Politik wie auch die Qualität dieser Beteiligungen ist bislang — in meiner Wahrnehmung — nicht sehr groß, meistens sehr schlecht, und auch eher folgenlos. Diese Situation kann auch die gefühlte Ohnmacht weiter verstärken.

EINE PARALLELWELT – Bislang ungenutzt

Bei der Frage, was kann man in dieser Situation tun, kann es hilfreich sein, den Blick vom ‚alltäglichen politischen Normalgeschehen‘ mal in jene Bereiche der Gesellschaft zu lenken, in denen es — unbeachtet von der öffentlichen Aufmerksamkeit und den Mainstream-Medien — weltweit eine Gruppe von Menschen gelingt, täglich die kompliziertesten Aufgaben erfolgreich zu lösen. Diese Menschen arbeiten in Gruppen von 10 bis 10.000 (oder gar mehr), sprechen viele verschiedene Sprachen, haben ganz unterschiedliches Wissen, arbeiten parallel in verschiedenen Ländern und gar auf verschiedenen Kontinenten in unterschiedlichen Zeitzonen, und errichten riesige Bauwerke, bauen riesige Flugzeuge, Raketen, ermöglichen die Arbeit von riesigen Fabriken, bauen eine Vielzahl von Autos, bauen tausende von Kraftwerken, immer komplexere Datennetzwerke mit Rechenzentren und Kontrollstrukturen, Roboter, und vieles, vieles mehr …

Was von außen vielleicht wie Magie wirken kann, wie ein Wunder aus einer anderen Welt, entpuppt sich bei näherem Zusehen als ein organisiertes Vorgehen nach transparenten Regeln, nach eingeübten und bewährten Methoden, in denen alle Beteiligten ihr Wissen nach vereinbarten Regeln gemeinsam ‚auf den Tisch‘ legen, es in einer gemeinsamen Sprache tun, die alle verstehen; wo alles ausführlich dokumentiert ist; wo man die Sachverhalte als transparente Modelle aufbaut, die alle sehen können, die alle ausprobieren können, und wo diese Modelle — schon seit vielen Jahren — immer auch Simulierbar sind, testbar und auch ausführlich getestet werden. Das, was am Ende eines solche Prozesses der Öffentlichkeit übergeben wird, funktioniert dann genauso, wie geplant (wenn nicht Manager und Politiker aus sachfremden Motiven heraus, Druck ausüben, wichtige Regel zu verletzten, damit es schneller fertig wird und/ oder billiger wird. Unfälle mit Todesfolgen sind dann nicht auszuschließen).

Normalerweise existiert die Welt des Engineerings und die soziale und politische Alltagswelt eher getrennt nebeneinander her, wenn man sie aber miteinander verknüpft, kann sich Erstaunliches ereignen.

KOMMUNALPLANUNG UND eGAMING

Bei einem Kongress im April 2018 kam es zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Städteplanern und einem Informatiker der UAS Frankfurt. Aus dem Kongress ergab sich eine erste Einsicht in das Planungsproblem von Kommunen, das schon bei ‚kleinen‘ Kommunen mit ca. 15.000 Einwohner eigentlich alle bekannten Planungsmethoden überfordert. Von größeren Gebilden, geschweige denn ‚Mega-Cities‘, gar nicht zu reden.

Mehrere Gespräche, Workshops und Vorträge mit Bürgern aus verschiedenen Kommunen und Planungseinheiten von zwei größeren Städten ermöglichten dann die Formulierung eines umfassenden Projektes, das von Mai – August 2019 einen realen Testlauf dieser Ideen ermöglicht.

Aus nachfolgenden Diskussionen entstand eine erste Vision unter dem Titel Kommunalplanung und eGaming , in der versuchsweise die Methoden der Ingenieure auf das Feld der Kommunalplanung und der Beteiligung der Bürger angedacht wurde. Es entstand eine zwar noch sehr grobe, aber doch vielseitig elektrisierende Vision eines neuen Formates, wie die Weisheit der Ingenieure für die Interessen der Bürger einer Kommune nutzbar gemacht werden könnte.

REALWELT EXPERIMENT SOMMER 2019

Im Rahmen einer alle Fachbereiche übergreifenden Lehrveranstaltung haben Teams von Studierenden die Möglichkeit (i) die ingenieurmäßigen Methoden kennen zu lernen, mit denen man Fragestellungen in einer Kommune ausgehend von den Bürgern (!) analysieren kann; (ii) mit diesen Fragestellungen können dann — immer auch in Absprache mit den Bürgern — Analysemodelle erarbeitet werden, die dann — unter Klärung möglicher Veränderbarkeit — zu (interaktiven) Simulationsmodellen erweitert werden. Diese lassen sich dann (iii) mit allen Beteiligten durchspielen. Dadurch eröffnen sich Möglichkeiten des direkten ‚Erfahrungsaustausches zwischen Studierenden und Bürgern und ein gemeinsames Lernen, was die Wirklichkeit einer Stadt ist und welche Potentiale eine solche Kommune hat. Insbesondere eröffnet solch ein Vorgehen auch Einsichten in vielfältige Wechselwirkungen zwischen allen Faktoren, die ohne diese Methoden völlig unsichtbar blieben. In nachfolgenden Semestern soll noch die wichtige Orakelfunktion hinzugefügt werden.

Parallel zum Vorlesungsgeschehen bereitet ein eigenes Software-Team eine erste Demonstrationssoftware vor, mit der man erste Analysemodelle und Simulationsmodelle erstellen kann, um — auch interaktive — Simulationen vornehmen zu können. Wenn alles klappt, würde diese Juni/ Juli zur Verfügung stehen.

AUSBLICK

Vereinfachend — und vielleicht auch ein wenig überspitzt polemisch — ausgedrückt, kann man sagen, dass in diesem Projekt (vorläufige Abkürzung: KOMeGA) das Verhältnis zwischen Menschen und digitaler Technologie umgekehrt wird: während bislang die Menschen mehr und mehr nur dazu missbraucht werden, anonyme Algorithmen zu füttern, die globalen Interessen dienen, die nicht die des einzelnen Bürgers sind, wird hier die Technik den Interessen der Bürger vollständig untergeordnet. Die Technologie hat einzig die Aufgabe, den Bürgern zu helfen ihr gemeinsames Wissen über die Kommune :

  • zu klären
  • sichtbar zu machen
  • auszuarbeiten
  • durch zuspielen
  • zu verbessern
  • nach Regeln, die die Bürger selbst formulieren
  • für alle transparent
  • jederzeit änderbar
  • rund um die Uhr über das Smartphone abrufbar
The power of the future is your freedom … breaking the chains of the colonization of your mind …

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