Archiv der Kategorie: Des-Integration – soziale

INDIVIDUUM vs. SYSTEM: Wenn das Individuum tot ist wird das System sterben …

1. Die folgenden Überlegungen müsste man eigentlich mit viel Mathematik und Empirie untermauert hinschreiben. Da ich aber auf Wochen absehbar dazu nicht die Zeit haben werde, ich den Gedanken trotzdem wichtig finde, notiere ich ihn so, wie er mir jetzt in die Finger und Tasten fließt …

PARADOX MENSCH Mai 2012

2. Am 4.Mai 2012 – also vor mehr als 2 Jahren – hatte ich einen Blogeintrag geschrieben (PARADOX MENSCH), in dem ich versucht hatte, anzudeuten, wie der eine Mensch in ganz unterschiedlichen ’sozialen Rollen‘, in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten vorkommt und dort, je nach Handlungs-, Wissens- und Werteraum ganz verschiedene Dinge tun kann. Derselbe Mensch kann hundert Tausende für sich bis zum umfallen Arbeiten lassen und selbst dabei ‚reich‘ und ‚genussvoll‘ in den Tag hinein leben oder er kann als genau dieser einzelner in einer Werkhalle stehen und für einen Hungerlohn bei miserablen Bedingungen sein Leben aufarbeiten, ohne viel darüber nachdenken zu können, wie er sein Leben ändern könnte. Der Mensch in der Werkhalle kann viel intelligenter, viel begabter sein als der, der die hundert Tausende befehligt, aber der in der Werkhalle hat keine sozialen Räume, um diese seine Begabungen ausleben zu können. Vielleicht wäre er ein mathematisches Genie, ein großer Pianist, ein begnadeter Architekt, eine wunderbare Krankenschwester, ein(e) …. wir werden es in der aktuellen Situation nicht wissen, es sei denn …

3. Was sich in dem Blogeintrag von 2012 andeutet, aber nicht explizit ausgeführt wird, das ist diese ‚doppelte Sicht‘ auf die Wirklichkeit:

INDIVIDUELL-SUBJEKTIV, SYSTEMISCH – TRANSSUBJEKTIV

4. als Individuen, als einzelne ‚erleben‘ wir die Welt aus unserer subjektiven Perspektive, mit unserem einzelnen Körper, finden uns vor in einem gesellschaftlichen Kontext, der uns als Kinder ‚empfängt‘ und der von Anfang an ‚mit uns umgeht‘. Als Kinder können wir fast nichts machen; wir sind ‚Gegenstand‘ dieser Prozesse‘, sehr oft einfach nur ‚Opfer‘; der Prozess ‚macht mit uns‘ etwas. Wie wir wissen können, gibt es hier die volle Bandbreite zwischen Hunger, Quälereien, Missbrauch, Folter, Arbeit bis hin zu friedlicher Umgebung, umsorgt werden, genügend (zu viel) zu Essen haben, spielen können, lernen können usw.

5. Wir erleben die Welt aus dieser EGO-Perspektive mit dem individuellen Körper, seinem Aussehen, seiner Motorik, seinen Eigenheiten in einer Umgebung, die ihre Spielregeln hat, unabhängig von uns. Wir gewinnen ein BILD von uns, das sich über die Umgebung formt, bildet, zu unserem Bild über uns wird, eine Rückspiegelung von uns unter den Bedingungen der Umgebung. Jemand hat die Begabung zu einem Ingenieure, wird aber immer nur belohnt und unterstützt, wenn er etwas ganz anderes macht, also wird er normalerweise nie Ingenieure werden. … Wer nur überlebt, wenn er lernt sich anzupassen oder andere mit Gewalt niederhält, permanent Angst um sich verbreitet, der wird selten zu einem ‚friedlichen‘, ‚umgänglichen‘ Gegenüber …

6. Aus Sicht ‚der Welt‘, der sozialen Struktur, der Firma, der Behörde, kurz, aus Sicht ‚des Systems‘ ist ein einzelner immer dasjenige ‚Element‘, das ‚im Sinne des Systems‘ ‚funktioniert‘! Wer Lehrer in einer Schule geworden ist, wurde dies nur, weil es das ‚System Schule‘ gibt und der einzelne bestimmte ‚Anforderung‘ ‚erfüllt‘ hat. Solange er diese Anforderungen erfüllt, kann er in dem ‚System Schule‘ das Element genannt ‚Lehrer‘ sein.

7. Das System interessiert sich nicht dafür, ob und wie das einzelne Element Lehrer auf seiner subjektiven Seite die alltäglichen Ereignisse, Erlebnisse, Anforderungen verarbeitet, verarbeiten kann; wenn das Element ‚Lehrer‘ im Sinne des Systems ‚Schwächen‘ zeigt, Anforderungen länger nicht erfüllen kann, dann muss das System dieses ’schwächelnde Element‘ ‚entfernen‘, da es ansonsten sich selbst schwächen würde. Das ‚System Schule‘ als gesellschaftliches System bezieht seine Berechtigung aus der Systemleistung. Wird diese nicht erbracht, dann gerät es – je nach Gesellschaft – unter Druck; dieser Druck wird auf jedes einzelne Element weiter gegeben.

8. Solange ein einzelnes Element die Systemanforderungen gut erfüllen kann bekommt es gute Rückmeldungen und fühlt sich ‚wohl‘. Kommt es zu Konflikten, Störungen innerhalb des Systems oder hat das individuelle Element auf seiner ’subjektiven Seite‘ Veränderungen, die es ihm schwer machen, die Systemanforderungen zu erfüllen, dann gerät es individuell unter ‚Druck‘, ‚Stress‘.

9. Kann dieser Druck auf Dauer nicht ‚gemildert‘ bzw. ganz aufgelöst werden, wird der Druck das individuelle Element (also jeden einzelnen von uns) ‚krank‘ machen, ‚arbeitsunfähig‘, ‚depressiv‘, oder was es noch an schönen Worten gibt.

MENSCHENFREUNDLICHE SYSTEME

10. In ‚menschenfreundlichen‘ Systemen gibt es Mechanismen, die einzelnen, wenn Sie in solche Stresssituationen kommen, Hilfen anbieten, wie der Druck eventuell aufgelöst werden kann, so dass das individuelle Element mit seinen Fähigkeiten, Erfahrungen und seinem Engagement mindestens erhalten bleibt. In anderen – den meisten ? — Systemen, wird ein gestresstes Element, das Ausfälle zeigt, ‚ausgesondert‘; es erfüllt nicht mehr seinen ’systemischen Zweck‘. Welche der beiden Strategien letztlich ’nachhaltiger‘ ist, mehr Qualität im System erzeugt, ist offiziell nicht entschieden.

11. In ‚menschenfreundlichen Gesellschaftssystemen‘ ist für wichtige ‚Notsituationen = Stresssituationen‘ ‚vorgesorgt‘, es gibt systemische ‚Hilfen‘, um im Falle von z.B. Arbeitslosigkeit oder Krankheit oder finanzieller Unterversorgung unterschiedlich stark unterstützt zu werden. In weniger menschenfreundlichen Systemen bekommt das einzelne Element, wenn es vom ‚System‘ ‚ausgesondert‘ wird, keinerlei Unterstützung; wer dann keinen zusätzlichen Kontext hat, fällt ins ‚gesellschaftliche Nichts‘.

12. Unabhängig von ökonomischen und gesellschaftlichen Systemen bleiben dann nur ‚individuell basierte Systeme‘ (Freundschaften, Familien, Vereine, private Vereinigungen, …), die einen ‚Puffer‘ bilden, eine ‚Lebenszone‘ für all das, was die anderen Systeme nicht bieten.

INDIVIDUELLE GRATWANDERUNG

13. Ein einzelner Mensch, der sein Leben sehr weitgehend darüber definiert, dass er ‚Systemelement‘ ist, d.h. dass er/sie als Element in einem System S bestimmte Leistungen erbringen muss, um ‚mitspielen‘ zu können, und der für dieses ‚Mitspielen‘ einen ‚vollen Einsatz‘ bringen muss, ein solcher Mensch vollzieht eine permanente ‚Gratwanderung‘.

14. Da jeder einzelne Mensch ein biologisches System ist, das einerseits fantastisch ist (im Kontext des biologischen Lebens), andererseits aber natürliche ‚Grenzwerte‘ hat, die eingehalten werden müssen, damit es auf Dauer funktionieren kann, kann ein einzelner Mensch auf Dauer als ‚Element im System‘ nicht ‚absolut‘ funktionieren; es braucht Pausen, Ruhezonen, hat auch mal ’schwächere Phasen‘, kann nicht über Jahre vollidentisch 100% liefern. Dazu kommen gelegentliche Krankheiten, Ereignisse im ‚privaten Umfeld, die für die ‚Stabilisierung‘ des einzelnen wichtig sind, die aber nicht immer mit dem ‚System‘ voll kompatibel sind. Je nach ‚Menschenunfreundlichkeit‘ des Systems lassen sich die privaten Bedürfnisse mit dem System in Einklang bringen oder aber nicht. Diese zunächst vielleicht kleinen Störungen können sich dann bei einem menschenunfreundlichem System auf Dauer zu immer größeren Störungen auswachsen bis dahin, dass das einzelne individuelle Element nicht mehr im System funktionieren kann.

15. Solange ein einzelnes Element nur seine ’subjektive Perspektive‘ anlegt und seine eigene Situation nur aus seiner individuellen Betroffenheit, seinem individuellen Stress betrachtet, kann es schnell in eine Stimmung der individuellen Ohnmacht geraten, der individuellen Kraftlosigkeit, des individuellen Versagens verknüpft mit Ängsten (eingebildeten oder real begründet), und damit mit seinen negativen Gefühlen die negative Situation weiter verstärken. Das kann dann zu einem negativen ‚Abwärtsstrudel‘ führen, gibt es nicht irgendwelche Faktoren in dem privaten Umfeld, die dieses ‚auffangen‘ können, das Ganze zum ‚Stillstand‘ bringen, ‚Besinnung‘ und ’neue Kraft‘ ermöglichen und damit die Voraussetzung für eine mögliche ‚Auflösung der Stresssituation‘ schaffen.

16. Menschen, die annähernd 100% in ihr ‚Element in einem System‘ Sein investieren und annähernd 0% in ihr privates Umfeld, sind ideale Kandidaten für den individuellen Totalcrash.

17. ‚Plazebos‘ wie Alkohol, Drogen, punktuelle Befriedigungs-Beziehungen, bezahlte Sonderevents und dergleichen sind erfahrungsgemäß keine nachhaltige Hilfe; sie verstärken eher noch die individuelle Hilflosigkeit für den Fall, dass es ernst wird mit dem Stress. Denn dann helfen alle diese Plazebos nichts mehr.

WAS WIRKLICH ZÄHLT

18. Das einzige, was wirklich zählt, das sind auf allen Ebenen solche Beziehungen zu anderen, die von ‚tatsächlichem‘ menschlichen Respekt, Anerkennung, Vertrautheit, Zuverlässigkeit, und Wertschätzung getragen sind, dann und gerade dann, wenn man phasenweise seine ‚vermeintliche Stärke‘ zu verlieren scheint. Das umfasst private Wohnbereiche zusammen mit anderen sowie ‚echte‘ Freundschaften, ‚echte‘ Beziehungen, ‚gelebte‘ Beziehungsgruppen, ‚Gefühlter Sinn‘, und dergleichen mehr.

LOGIK DES SYSTEMS

19. Die ‚Logik der Systeme‘ ist als solche ’neutral‘: sie kann menschenrelevante Aspekte entweder ausklammern oder einbeziehen. Solange es ein ‚Überangebot‘ an ‚fähigen Menschen‘ für ein System gibt, kann es vielleicht menschenrelevante Aspekte ‚ausklammern‘, solange das ‚gesellschaftliche Umfeld‘ eines Systems die ‚Störungen absorbiert‘. Wie man weiß, kann aber die ‚Qualität‘ eines Systems erheblich leiden, wenn es die ‚menschenrelevanten‘ Aspekte zu stark ausklammert; auch wird ein gesellschaftliches Umfeld – wie uns die Geschichte lehrt – auf Dauer ab einem bestimmten Ausmaß an zu absorbierenden Störungen instabil, so dass auch die für sich scheinbar funktionierenden Systeme ins Schwanken geraten. Die Stabilität eines Systems ist niemals unabhängig von seiner Umgebung. So führte historisch eine auftretende krasse Vermögens- und Arbeits-Ungleichverteilung immer wieder zu starken Turbulenzen, Revolutionen, in denen Menschen sich wehren. Denn letztlich sind alle absolut gleich, jeder hat die gleichen Rechte. Das einseitige Vorenthalten von Rechten bei den einen und die einseitige Privilegierung für wenige andere hat nahezu keine Begründung in einem persönlichen Besser sein, sondern ist fast ausschließlich systemisch-historisch bedingt. Da ‚Privilegieninhaber‘ von sich aus fast nie freiwillig auf ihre Privilegien verzichten wollen und alles tun, um diese ‚abzusichern‘, wird ein systemisches Ungleichgewicht in der Regel immer schlechter; dies ist nicht nachhaltig; letztendlich führt es zur De-Stabilisierung und damit in chaotische Zustände, in der es nicht notwendig ‚Gewinner‘ geben muss, aber auf jeden Fall viele Verlierer.

20. Ein ganz anderer Aspekt ist die globale Verarmung aller Systeme, die die individuellen Potentiale systemisch unterdrücken. Da fast jeder Mensch gut ist für etwas Besonderes, führt die ‚Einkastelung‘ der Individuen in ‚tote Elemente‘ eines Systems zwangsläufig zu einer ungeheuren Ressourcenverschwendung und Verarmung, die dem System selbst wertvollste Ressourcen entzieht. Der ‚Tod des Individuums‘ ist daher auf Dauer auch über die ‚Verarmung‘ des Systems auch ein ‚Tod des Systems‘. Jedes System, das nachhaltig die Potentiale seiner Individuen samt ihrer Privatheit besser fördert und entwickelt als ein Konkurrenzsystem, wird auf Dauer besser und stabiler sein.

Einen Überblick über alle bisherige Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

MACHT DES AUGENBLICKS; DAS KLEINE UND DAS GANZE

1) Wer kennt das nicht: man ist bei einer Veranstaltung (im Betrieb, Firma, Behörde, Verein,…), einzelne leiten die Veranstaltung; das Ganze ist nicht unbedingt ganz perfekt, aber da man weiß, dass alle permanent unter vielfachem Stress stehen, Zeitlimits haben, sich aber trotzdem bemühen, ihren Job richtig und gut zu machen, dann sieht man über das eine oder andere Detail schon mal weg, wenn die Formulierung nicht genau passt.
2) Dann gibt es — fast unweigerlich ? — die Kollegen oder Kolleginnen, die sich mit einem Sachbeitrag einbringen, bei dem man schon vom ersten Moment an spürt, dass es natürlich nicht nur (wenn überhaupt) um die Sache geht. Der Tonfall hat eine gewisse Schärfe und Gereiztheit, die Gewichtung der Fakten ist auffällig, verbindet sich mit mindestens spitzen Andeutungen, mit Unterstellungen, oder es wird sogar sofort die große Keule ausgepackt, um bestimmte Aussagen oder den ganzen Vortrag nieder zu knüppeln.
3) Natürlich kann es sachlich bedingt Punkte geben, die man kritisieren kann oder sogar muss. Das kann man grundsätzlich immer so machen, dass man die betroffenen Personen nicht verletzt, sie vielleicht sogar aufbaut, um positiv mit den Sachproblemen umzugehen. Doch diejenigen Menschen, die als ‚Krieger‘ auftreten haben ein ganz anderes Problem; sie selbst sind das Problem. Sie stecken im Gefüge einer Psyche, die verformt und verspannt ist, die ihnen selbst keine Chance zur Gelassenheit, Ruhe, Sachlichkeit gibt. Sie sind in gewisser Weise ‚Getriebene‘ ihrer unbewältigten Spannungen und Enttäuschungen, die sie sie zu einem Auftreten ‚treiben‘, das den anderen nur begrenzt wahrnimmt, das sein Heil in einem ‚Niedermetzeln‘, in einer Demütigung der anderen sieht, in der vergeblichen Hoffnung, dadurch die eigenen Probleme gelöst zu bekommen. Sie ernten kurzfristig vielleicht eine momentane Befriedigung, eine ‚Gewalttat‘ gegen andere ausgeführt zu haben, aber diese Befriedigung hält nicht an, ist nicht von Dauer; letztlich verstärkt dieses Verhalten nur ihre innerlichen Verquerungen und Entleerung. Auf Dauer wird es keinesfalls besser, eher schlimmer.
4) Solange es andere gibt, die ’stark‘ genug sind, psychische Störungen aufzufangen und auszugleichen, kann dies alles trotzdem einigermaßen funktionieren. Wenn aber die Verletzungen und Störungen zunehmen, wenn es zum guten Ton wird, sinnlos aufeinander ‚einzudreschen‘, dann verliert das ganze System seinen Zusammenhang, dann werden auf Dauer alle ‚krank‘, verstört, verletzt, leidend, depressiv, ‚outgeburnt‘ …. im Grenzfall haben wir lauter akribische Egomanen vor uns, (das sind keine ‚Autisten‘, da Autisten genetisch bedingte Verhaltensbesonderheiten aufweisen, für die sie nichts können), von denen jeder nur sich selbst sieht, und seine eigenen Werte für die allein seligmachenden hält. Dies ist eine Form von Desintegration, von Entkopplung vom Ganzen, von sozialer Isolation. Das kann nicht funktionieren (dass ein akribischer Egomane mit sich selbst zufrieden ist kann kein Maßstab sein; ein einzelner alleine kann niemals ein Maßstab für das Ganze sein!).
5) In gewisser Weise berührt diese Sachlage sogar das vorausgehende Thema mit der Spezialisierung und Interdisziplinarität. Die Wissensvermehrung bei anhaltenden Kapazitätsgrenzen bei den Menschen führt zwangsweise zu mehr Spezialisierung, sprich Einschränkungen, die nur durch eine parallel verfügbare Interdisziplinarität aufgefangen werden kann. Während das Wort ‚Interdisziplinarität‘ den meisten leicht über die Lippen kommt, ist aber das Gefüge an Inhalten, Verhaltensweisen und Einstellungen, die dazu gehören, vielen — den meisten ? — weniger vertraut. Akribische Egomanen sind mit Sicherheit ungeeignet für Interdisziplinarität. Sie sind geradezu ‚tödlich‘. Wenn wir also auf der einen Seite einen erhöhten gesellschaftlichen Bedarf an Menschen haben, die Interdisziplinarität ‚leben‘ können sollten (Denken, Fühlen, Handeln, Kommunizieren…), auf der anderen Seite aber das Phänomen der akribische Egomanen beobachten, die als Krieger auftreten, dann ist klar, dass es hier eine vielfältige Herausforderung gibt, wie wir uns gemeinsam, immer wieder neu, jeden Tag, zu mehr konstruktiven Miteinander befähigen können. Ein konstruktives Miteinander ist für eine zukunftsorientierte Gesellschaft lebensnotwendig.
6) Damit wird klar, dass jeder ‚Augenblick‘ zu dem Augenblick wird, wo sich Zukunft entscheidet. Was immer in der Vergangenheit war, im aktuellen Jetzt geht es darum, was wir JETZT tun, um das MORGEN so zu gestalten, dass wir alle zusammen menschenwürdig leben können. Welche Fehler jemand auch in der Vergangenheit gemacht haben mag, in jedem Augenblick hat er/sie die Chance, sein Verhalten zu ändern, es neu zu orientieren, sich neu einzubringen.
7) Unabhängig davon gibt es das Denken in Kategorien von ‚Vergeltung‘, ‚Rache‘, ‚Strafe‘ usw. Dieses Denken ist nicht zukunftsorientiert! Strafe hat keinen Sinn ‚in sich‘; der einzige Sinn besteht darin, das Leben, von dem wir alle nur ein kleiner Teil sind, in Würde ‚zukunftsfähig‘ zu machen. Extrem gesprochen: wenn der Mörder von gestern ab jetzt das ‚Richtige‘ tun würde, mit Überzeugung, mit Entschiedenheit, dann wäre dies ein großer Gewinn, es wäre das Maximum.
8) Andererseits sind die Fälle, in denen ein Mensch, der sich gegen andere gewendet hat, der andere Menschen verletzt, gequält, misshandelt, oder getötet hat, dass solch ein Menschen sich radikal wandelt, bisher eher selten und die Gesellschaft versucht sich, vor jenen, die sie bedrohen, zu ’schützen‘. So sehr dies einerseits verständlich ist, es markiert eine gesellschaftliche Schwachstelle; es markiert unsere begrenzte Fähigkeit als Gesellschaft, alle so mitzunehmen, dass niemand den anderen bedrohen, quälen, töten müsste. Die Anzahl der Gefängnisse (und ähnlicher Anstalten) in einem Land sind sicher ein Gradmesser für die Fähigkeit der Gesellschaft dieses Landes, ihr Leben miteinander positiv-konstruktiv zu gestalten.
9) Kurzum, wenn wir die Welt als Ganze verändern wollen, dann müssen wir den aktuellen Augenblick verändern: im JETZT, und nur im JETZT, entscheidet sich das MORGEN. Wer JETZT nicht weiß, was er tun soll oder sich JETZT nicht fähig fühlt, das Richtige zu tun, der ist in dieser Zeitspanne für die ZUKUNFT ‚verloren‘; sein Beitrag findet nicht statt.
10) Was kann ‚ich‘ schon tun, sagen viele. Ich bin so unbedeutend. Wer hört schon auf mich? Einer/ eine von vielen Milliarden.
11) Das stimmt, einer alleine ist scheinbar ’nichts‘ gegenüber den vielen Milliarden. Es gehört aber zur Besonderheit der menschlichen Population, das ‚im Prinzip‘ jeder einzelne Mensch unabhängig vom Kontext, gegen den Kontext einen Entscheidung fällen kann. Bildlich gesprochen, wenn alle Mitarbeiter eines weltweiten Konzerns, von jetzt auf gleich sich weigern würden, ihre Arbeit fortzusetzen, dann wäre dieser Konzern praktisch erledigt. Wenn alle Bewohner eines Landes sich weigern würden, ein bestimmtes Regierungshandeln zu akzeptieren, wäre die Regierung erledigt. usw. Natürlich ist es unter normalen Umständen kaum vorstellbar, dass so viele einzelne Menschen sich in ihrem Verhalten so umfassend ‚koordinieren‘ würden. Doch es ist wichtig, sich klar zu machen, dass der einzelne in der Koordinierung mit den anderen einzelnen sich quasi ‚emergent‘ zu einer ‚Superperson‘ transformieren kann, und diese ‚Superperson‘ kann dann aktuelle Manager, Machthaber usw. außer Kraft setzen (was in der Vergangenheit durch vielfältige Formen von Aufständen und Revolutionen, ja auch Modebewegungen, Zeitströmungen, stattgefunden hat). In Ländern wie Rußland, China, USA, Brasilien, Südafrika, Indien, Deutschland usw. ist dies geschehen und kann es jederzeit wieder geschehen. Um dem vorzubeugen, versuchen alle Regierungen seit jeher, alle Faktoren zu kontrollieren, die die Bildung einer Koordinierung zwischen den einzelnen möglichst nur unter ihrer eigenen Kontrolle erlaubt (Gesetze, Polizei, Militär, Zensur der Presse, Zensur des Internets, Propaganda (auch als Werbung oder als Blockbuster im Kino), Abschottung des Regierungshandelns durch Klassifizierung als ‚Staatsgeheimnis‘,…)). Neben der Anzahl der Gefängnisse wäre daher auch die Anzahl der real freien und unzensierten Medien ein Gradmesser für den Entwicklungszustand einer sich selbst koordinierenden Gesellschaft (und natürlich noch viel mehr…).
12) Bleibt die Frage, woraus oder woher die Menschen die ‚Kraft‘, die ‚Motivation‘ beziehen sollen, sich den ’negativen‘, ‚des-integrativen‘ Strömungen entgegen zu stellen?
13) Im Grunde liegt die Antwort ‚in uns‘: das gesamte Biologische Leben — von dem wir als Menschheit ein kleiner Teil sind — ist ein kontinuierliches ‚Echo‘ auf die Erde, wie sie in einem dramatischen Prozess zu dem geworden ist, was sie heute ist; ein Prozess der beständig weiter gehen wird. Alles was wir sind, was wir denken können, verdanken wir der Vorgabe um uns herum. In dem Maße, wie unsere Denkfähigkeit zunahm, wie unser Verhalten Technik, Wirtschaft, Kultur hervorgebracht hat, haben wir unsere Umgebung zwar ‚mit gestaltet‘, aber ohne die direkte und nachhaltige Korrespondenz zur Umgebung würden wir uns unmittelbar in atomaren Feinstaub auflösen. Bis in die letzten Winkel unserer Zellen existieren wir nur durch eine mittels Energie aufgebaute Energiedifferenz; ohne diese milliardenfachen Energiedifferenzen (im Gehirn) wäre unser ‚Bewusstsein‘ eine reine Nacht und unser Körper Tod. Im Zentrum unseres materiell-energetischen Daseins sind wir durch und durch eingebunden in den Quantrenraum des Universums und damit eingebunden in das Unfassbare, was Einstein Energie nannte. Energie ist alles und nichts; Energie hat keinen Anfang und kein Ende. Sie ist ‚untödbar‘; Energie enthält alle Dynamiken und Gesetze in einem. Energie ist der Ursprung aller Materie.
14) Die Spur des Lebens in diesem Universum zeigt eine unverwechselbare Handschrift und induziert eine eigene Logik, die Logik des Lebens. Wer sie missachtet stirbt von alleine; wer sie befolgt findet sich in der Spur des Lebens wieder und findet eine Erfüllung, die sich aus dem Leben selbst ergibt. Im grundsätzlichen Sinne ist uns der Zugriff darauf entzogen; in einem abgeleiteten Sinne sind wir aktive Teilnehmer und können Einfluss nehmen. Vielleicht verstehen wir es irgendwann besser.

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