Archiv der Kategorie: Gewaltfreiheit

MANDELAS TOD UND DIE WIEDERGEBURT EINER UNIVERSELLEN BOTSCHAFT

MANDELAS TOD AM 5.Dez.2013

Erster Version: Sa, 6.Dez.2013
Letzter Nachtrag: 25.Dez.2013 (Mandela Song, 2.Version der 3.Version)

Erwartet, und dann doch in seiner konkreten Endlichkeit die Welt bewegend wird der Tod Mandelas zum Anlass einer öffentlichen ‚Heiligsprechung‘, die ihn mit Worten so weit auf einen hohen Thron setzt, dass seine Menschlichkeit in Sphären entrückt wird, die es den Großen dieser Welt einfacher macht, seine wahre Botschaft zu immunisieren.

Hier eine musikalische Vorbemerkung zum Blogeintrag:

Talk About Nelson M. (In German)(RUM100%) This was an instrumental piece which I had recorded the last days (independend of Nelson M.)and I used it now as a ‚background‘ for some remarks about Nelson M., Nelson Mandela who has died some days ago with his body, but who is still alive with his spirit in the hearts of many people around the world. Besides this I have the text and the musical ideas for a dedicated song for Nelson M. (see text below), but I had not yet time to work it out. I am planning to do a first outline for Friday Dec-20 when I will meet some friends for a Xmas gathering…or even for the philosophy workshop Saturday Dec-14. Let’s see what will happen.

Das Ganze jetzt etwas ‚genauer’…

27 JAHRE HAFT ALS CHANCE

Alle beschreiben mit ihren Worten die 27 Jahre Haft (5.8.1962 – 11.2.1990), die ihn nicht verbittert und zerbrochen haben, sondern ihn zu einem Mann werden ließen, der viele Ängste verloren hat und der ‚weise‘ geworden ist, liebevoll, einen Blick auf das ‚Ganze‘ eines Volkes entwickelte, jenseits individuell-konkreter Leidenschaften und Hasses.

Ja, das war er. Aber er war trotz allem ein Mensch wie wir alle, mit Fehlern und Schwächen, und Gefühlen. Und doch ist mit ihm etwas passiert, was mit jedem Menschen passieren kann. Er hat in seinem Leben, in seinem Herzen, in seinem Denken, in seinem leidenden Körper, in all den Gesichtern der Menschen in seiner Umgebung, in den Wärtern mehr gesehen als nur die Oberfläche. Er hat in das ‚Innere‘ hinter den Oberflächen schauen können; er hat die Ängste erkannt, die hinter den Gesichtern ihr Unwesen trieben, die unbeherrschten Leidenschaften, das Getriebensein, das zutiefst Unfreie in vielen. Er hat es ‚existentiell‘ erkannt, er hat es konkret gespürt. Und obgleich das Leiden seines eigenen Körpers auch real war, Schmerzen, Krankheiten (z.B. Tuberkulose), hat all dies ihn nicht zerbrochen, sondern in ihm eine ‚Reinigung‘ vollzogen, eine ‚Klärung‘, hat Gefühlen und Gedanken Raum gegeben, die in und hinter allem das andere Gesicht unseres Menschseins erspürt haben, erkannt, verinnerlicht, so, dass dieses andere Leben in ihm selbst konkret real begonnen hat, zu wirken.

EINE GEWACHSENE FÜHRUNGSFIGUR

Es ist eine offene Frage, ob er diese Veränderungsprozesse auch erlebt hätte, wenn er nicht sowieso schon seit Jahren für das Ende der Apartheid gekämpft hätte, wenn nicht sowieso schon viele Menschen in ihm den ‚Führer‘ gesehen haben, der ihnen eine ersehnte Veränderung des Unrechts und der Unterdrückung bringen würde.

UNTERSTÜTZER GHANDI

Parallelen zu Ghandis Leben sind da. Es waren wohl die Jahre 1893 – 1914 in Südafrika, die in Ghandi die Vision eines Rassen und Kasten übergreifenden Menschseins klärten und verstärkten, Jahre der Unterdrückung und des Unrechts, die ihn dies tiefer verstehen ließen, wie auch die Einsicht in die Hoffnungslosigkeit, sich gegen die damalige Britische Militärmaschinerie mit Gewalt aufzulehnen. Diese tiefgreifende Beschränkung der äußerlichen Macht war für Ghandi die Chance, die Macht des Herzens, die Macht der reinen Gesinnung, die Macht der Wahrheit hinter allem, die Macht des Lebens über den konkreten, zeitgebundenen Konstellationen zu erahnen, zu erspüren, immer mehr zu verstehen. Und als er nach Indien zurückkehrte wurde Ghandi dort zu dem großen geistig-moralischen politischen Führer, der half, das Land in einen freien selbständigen Staat zu transformieren.

MANDELA AM DENKMAL FÜR GHANDI

Anlässlich einer Denkmalseinweihung hielt Mandela eine Rede über Ghandi (am 6.Juni 1993, in Pietermaritzburg), eine Rede, drei Jahre nach seinem triumphalen Auszug aus der Gefangenschaft, mitten in einem schwierigen Prozess der Vorbereitung von den ersten einheitlichen freien Wahlen in Südafrika am 27.April 1994. Mandelas Worte zeigen, dass er sich der historischen und humanen Bedeutung von Ghandi sehr bewusst ist. Und er versuchte sie für sein Anliegen einer friedlichen Nation Südafrika zu nutzen.

… UND SEIN WISSEN UM MARTIN LUTHER KING

Und Mandela erwähnt in seiner Rede einen anderen großen Mann, der den Geist einer neuen, gerechteren Welt verkörpert hat, Martin Luther King, Jr. (15. Januar 1929 – 4.April1968). Auch Martin Luther King Jr. gelang es mit seiner Bewegung das Denken, die Gesetze und einige gesellschaftliche Verhältnisse in den USA positiv zu verändern, auch Martin Luther King wurde durch sein Leben zu einem Hoffnungszeichen über alle Zeiten hinaus (dass er jahrelang von staatlichen US-amerikanische Einrichtungen wie dem FBI öffentlich und zugleich illegal geheim mit vielen Mitteln — z.B. im Rahmen des COINTELPRO Programms (ein Akronym für ‚COunter INTELligence PROgram‘) unter dem Vorwand ‚Nationale Sicherheit‘ bespitzelt, kompromittiert und terrorisiert worden ist, sollte uns zu Denken geben. Der Slogan ‚Nationale Sicherheit‘ wird auch heute beständig im Munde geführt, um die Überwachung und Terrorisierung von friedlichen Menschen weltweit zu rechtfertigen!).

DIE 1989-REVOLUTIONEN IM KOMMUNISTISCHEN BLOCK OSTEUROPAS

Einen Einfluss auf die neue Offenheit des Apartheid-Regimes unter de Klerk hatten 1989 möglicherweise auch die umwälzenden Revolutionen von 1989 im kommunistischen Ostblock, insbesondere in Polen, Ungarn, Ostdeutschland, Bulgarien, Tschechoslowakei (1992 Aufteilung in die selbstständigen Staaten Tschechien und Slowakei) und in Rumänien. Prominent darin der Fall der Mauer in Deutschland am 9.Nov. 1989 und dann — mit Verzögerung am 26.Dez.1991 — die offizielle Auflösung der ehemaligen Union der sowjetischen sozialistischen Staaten, aktiv unterstützt durch Michail Sergejewitsch Gorbatschow. Der Geist der Menschlichkeit, jahrzehntelang unterdrückt, brach sich Bahn, überrollte alte Machtbastionen und erzwang sich neue gesellschaftliche Formen.

GLOBALER BEDARF

Betrachtet man dieses ganze Panorama des Aufbegehrens einer Menschlichkeit unter unmenschlichen Umständen, angesichts von Menschen, die in ihrem Fühlen und Denken von Ängsten, Lügen und auch Hass auf andere gelähmt waren, dann erscheint Mandela — wie alle seine ‚Brüder im Geiste‘ — als weitere Ausformung jener immerwährenden Stimme des Lebens auf dieser Erde, die uns zur Besinnung ruft, zur Einkehr, zur Einsicht, dass die Getriebigkeit des Alltags uns nicht soweit betäuben darf, dass wir die Gemeinsamkeiten in unser aller Leben übersehen.

Die modernen demokratischen Staaten dieser Erde haben die Menschenrechte in den Mittelpunkt gestellt, haben versucht, das Leben eines ganzen Staates primär am Wohl Aller zu orientieren, festgemacht an unveräußerlichen Rechten, die jedem einzelnen und der Gemeinschaft als Ganzer zukommen, vor jeglicher Aktivität einer gewählten Regierung. Was immer eine gewählte Regierung zu tun gedenkt, sie ist verpflichtet, die grundsätzlichen Rechte der ihnen anvertrauten Menschen zu achten und aktiv zu schützen. Das ist wunderbar und sicher einer größten Meilensteine in der Evolution des Lebens auf dieser Erde und im gesamten Universum.

Was wir aber heute feststellen müssen, ist, dass nationale demokratische Regierungen — allen voran die Regierung der USA — die Menschenrechte aufteilen. Kaum hat man Rassentrennung in den Ländern abgeschafft, religiöse Freiheiten zugestanden, werden die Menschen dieser Welt global in Klassen eingeteilt; die Menschen des eigenen Landes verdienen die Menschenrechte, alle anderen sind keine Menschen, haben keine Rechte. Die USA haben die Menschenrechte außerhalb der USA faktisch abgeschafft. Und nicht nur das: alle demokratisch gewählte Regierungen dieser Welt — ermutigt von der US-amerikanischen Regierung — tendieren dahin, ihr eigenes Handeln gegenüber der Öffentlichkeit und den demokratisch eingerichteten Kontrollinstanzen mehr und mehr abzuschotten. Unter dem Vorwand der ’nationalen Sicherheit‘ und der daraus resultierenden Geheimhaltung wurden und werden immer mehr Bereich des Regierunghandelns der Öffentlichkeit entzogen. Es wird spioniert, sabotiert, gemordet, gefoltert, Krieg geführt, wirtschaftlich ausgebeutet, ganze Industrien werden illegal betrieben, Wettbewerb außer Kraft gesetzt, Günstlingswirtschaft ohne Schranken; Kritiker und politische Gegner werden mittels der Geheimdienste — natürlich immer im Namen der nationalen Sicherheit — verfolgt und ausgeschaltet. Eine funktionierende kritische Öffentlichkeit in Form unabhängiger Medien (Zeitungen, Fernsehen, Radio, …) verdunsten immer mehr.

FREIHEIT AN SICH…

Es ist eine (große) Sache, aus einer Unrechtssituation heraus die Vision einer Menschlichkeit zu propagieren und die offensichtlichen Auswüchse des Unrechts zu bekämpfen. Wenn aber dies tatsächlich geschehen ist, dann kamen bislang alle Revolutionen dieser Welt ins ‚Stottern‘: wenn der unmittelbare Feind des Guten abhanden gekommen ist, steht das Gute quasi ’sich selbst‘ gegenüber. Und nicht wenige Revolutionen endeten dann in Unrechtssituationen, die denen, die sie eigentlich bekämpft hatten, nicht viel oder in gar nichts nachstehen. Dass in einigen wenigen Fällen die ‚guten‘ Ideen eine Revolution konkret überleben, ist — im Lichte der Geschichte — eher erstaunlich, eher die Ausnahme, fast ein Wunder. Es deutet an, dass es keinen Automatismus gibt, liefert Hinweise, dass von den Menschen, die an diesen Prozessen beteiligt sind, mehr gefordert wird, als nur das konkret Böse der Vergangenheit zu zerstören. Das Gute ‚von Morgen‘, das zu einem anhaltenden ‚Heute‘ werden soll, verlangt nicht nur Sachverstand, sondern auch eine ‚gelebte Menschlichkeit‘, die kein Selbstläufer ist. Das ‚Gute‘, was wir alle so bewundern und uns gefällt, muss in jedem Menschen immer wieder ’neu entstehen‘, in jedem einzelnen, persönlich. Dies erfordert gelebte Menschlichkeit, Psychologie, Spiritualität, jenseits von Automatismus und Indoktrination. Die US-amerikanische Regierung und viele ihrer Behörden erwecken leider den Eindruck, dass sie nahezu alles tun, um diese wichtige Form von gelebter Menschlichkeit systematisch zu zerstören. Der Besuch in einer amerikanischen Botschaft heute erscheint schlimmer als das Passieren einer Grenzstation in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Auch heute brauchen wir Mandelas, Martin Luther Kings und Ghandis, und sicher nicht nur in US-amerikanischen Botschaften.

Link zu einer ersten Version einer Vertonung: REMEMBERING MANDELA WHERE EVER YOU ARE.

Hier der Link zu einer zweiten Version, ganz einfach, Text auf Deutsch: Nelson M: auf den Schultern anderer….

Hier der Link zu der dritten Version, Text auf Englisch He was a man on the shoulders of others….

Möglicherweise wird es noch weitere Versionen geben. Eine wird sich dann vielleicht durchsetzen….

1) Surrounded by darkness, hate, anxiety
His eyes were lightening, his heart was burning
Blood was spreading in the streets
guns were working like normality

REFRAIN

He was a man on the shoulder of others
He was a son of eternity
Flying like a bird through the air of tomorrow
Taking your hand, touching your face,
Being a brother for you and me

2) Your tears were running all the days long
Your cries could be heard everywhere
The whites appeared as black darkness
The blacks were burning red
3) But, remember well that even the blacks fought against each other too
black against black, brother against brother,
sister against sister, child against child
ooh … love was dead in these times

REFRAIN

He was a man on the shoulder of others
He was a son of eternity
Flying like a bird through the air of tomorrow
Taking your hand, touching your face,
Being a brother for you and me

3) There was this day like an eternal morning
He marched back, out of the prison
Thousands and thousands were singing of freedom
The people all over were filled with joy

REFRAIN

He was a man on the shoulder of others
He was a son of eternity
Flying like a bird through the air of tomorrow
Taking your hand, touching your face,
Being a brother for you and me

Eine sehr umfangreiche Datenbank zu Nelson Mandela findet man im Nelson Mandela Centre of Memory.

Eine Übersicht über alle Blogbeiträge nach Titeln findet sich HIER.