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KOSMOLOGIE 7.0 – Möglicher universeller Sinn

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 16.Februar 2019
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Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

KONTEXT

Zum Thema ‚Sinn‘ gab es   vorausgehende Beiträge, von denen hier vier explizit erwähnt werden:  Einen mit dem Titel „Zur Grammatik des Sinns„ (welche Rolle die Sprache bei der ‚Sichtbarmachung‘ von Sinn spielt), einen anderen mit dem Titel „Weil es Sinn gibt, kann sich Wissen akkumulieren, das Sinn sichtbar macht. Oder: warum die Frage ‚Warum gerade ich?‘ in die Irre führen kann„ (welche Rolle der individuelle Standpunkt, das individuelle Erleben spielt; Teil eines größeren Ganzen; Akkumulation von Ordnung), sowie „SINN, SINN, und nochmals SINN„ (Sinn innerhalb eines Konstruktionsprozesses; Medien können Wahrheit kaschieren), „SINN-FREIHEIT-LIEBE. Viele Level. Zwischenbemerkung“ (die Gleichzeitigkeit von vielen verschiedenen Sinnkontexten in einer Person; innerer Zusammenhang von Sinn mit Freiheit, Liebe, Wahrheit und anderen Faktoren; Sinnerfahrung setzt das voraus, was Sinn schenkt).  Alle diese  Beiträge sind ziemlich  grundsätzlich und können den vorliegenden Text weiter vertiefen.

DER KONTEXT VON MÖGLICHEM SINN

Wie die zuvor erwähnten Blogeinträge sehr deutlich machen, kann es zur gleichen Zeit in ein und derselben Person verschiedene Sinn- und Unsinnserfahrungen gleichzeitig geben, und es gilt, dass die einzelne Person nie isoliert ist sondern immer Teil eines größeren Ganzen, mit dem sie in Wechselwirkung steht.

Es stellt sich dann die Frage, ‚wie groß‘ ist der Kontext, den wir bei diesen Überlegungen berücksichtigen sollten?

Seien wir mal nicht ‚kleinlich‘ sondern gehen wir gleich in die ‚Vollen‘: der größte uns heute bekannte Zusammenhang ist das bekannte physikalische Universum, dessen physikalisch fassbarer Beginn an einem Ereignis festgemacht wird, das salopp ‚Big-Bang‘ genannt wird. Dass es vor diesem Big-Bang schon etwas anderes gegeben hat, ist nicht auszuschließen, und dass unser bekanntes Universum nur eine von vielen Varianten ist, ist auch nicht auszuschließen. Für uns gilt aber vorläufig, dass wir nur dieses ‚unser Universum‘ real kennen, und das nenne ich hier ‚U‘.

Traditionellerweise beansprucht die Physik den vornehmlichen Deutungsanspruch für die Deutung dieses Phänomens U und die Disziplin innerhalb der Physik, die sich damit beschäftigt, nennt sich ‚Kosmologie‘. Wenn also von ‚dem Universum‘ gesprochen wird, dann sprechen wir nicht über das reale Universum, wie es als zu deutbares Phänomen der Deutung vorausgeht, sondern wir sprechen dann immer über das Universum, U0, wie es die kosmologischen Theorien mit ihren formalen theoretischen Beschreibungen beschreiben und darin deuten.

DER BEKANNTE EREIGNISPFAD VON U0

Die physikalische Kosmologie bestimmt den Zeitraum von heute bis zum Beginn des bekannten Universums U0 vor ca. 13.8 Milliarden (10^9) Jahren. Die Gesamtheit des Universums U0 zu diesem Zeitpunkt bildete einen ‚Zustand‘ S0 und könnte im Prinzip viele verschiedene Fortsetzungen nehmen. Vom Nachhinein her betrachtet, also aus unserer Sicht von heute im Jahr 2019, gibt es von diesem physikalisch berechneten Anfang S0 bis heute nur einen einzigen ‚Ereignispfad‘, d.h. von den zahllosen möglichen Fortsetzungen, die zu jedem Zeitpunkt möglich waren, hat in unserem Universum jeweils genau eine ganz bestimmte Fortsetzung stattgefunden — also S0 -> S1 -> S2 -> … -> S_2019 — so dass alle diese verschiedene Zustände aneinandergereiht einen einzigen ‚Pfad‘ ergeben, einen Pfad der Ereignisse, einen Ereignispfad.

Welche Zeitdauer man einem Zustand in diesem Ereignispfad zuordnet, ist ein bisschen beliebig; letztlich hängt es von der Fragestellung ab: will ich Ereignisse im subatomaren Bereich berücksichtigen oder welche auf atomarer Ebene oder noch gröber. Je nach Wahl des Zeitmaßes bekommt man natürlich mehr oder weniger Zustände für den Pfad.

KOSMOLOGIE 7.0

Wie schon angemerkt, betrachtet sich die Physik als erste Instanz für Fragen der Kosmologie. Dies erscheint bis zu einem gewissen Grad plausibel. Mit Blick auf den Gang der Wissenschaften muss man aber feststellen, dass es im Laufe der Zeit zur Entdeckung und Beschreibung von Teilsystemen des physikalischen Universums U0 gekommen ist, die sich mit den bekannten Gesetzen der Physik direkt nicht beschreiben lassen. Diese neuen Beschreibungsweisen setzen zwar die Physik voraus, identifizieren aber Phänomene und Dynamiken, die eigene Strukturen und Dynamiken adressieren.

Ein solches Beispiel ist die Entstehung des biologischen Lebens vor ca. 3.8 Milliarden (10^9) Jahren. Für die Gesamtheit des biologischen Lebens benutze ich hier den Begriff ‚Biom (B)‘, dabei deutlich hinausgehend über die klassische Verwendung, die unter einem Biom einen konkreten Großlebensraum versteht. Biologische Strukturen stellen hier ein Teilsystem des physikalischen Universums U0 dar und ich unterscheide daher hier zwischen jenem Teil U* des Universums U0, das keine biologische Strukturen enthält, und jenem Teil der aus biologischen Strukturen UB besteht. Es wird also hier angenommen, dass U = U* u UB.

Die Entstehung des Bioms UB innerhalb des physikalischen Universums U0 stellt einen außerordentlichen Vorgang dar, da es sich hier um eine Art ‚Bootstrapping‘ des Bioms von einem Zustand U0 ohne Biom UB in einen Zustand mit Biom UB handelt. Ein solches Auftreten von etwas Neuem als ‚Emergenz‘ zu bezeichnen, erklärt so gut wie nichts. Fakt ist nur, dass es sich bei dem Biom UB um etwas qualitativ Neues handelt, dessen ‚Hervorgehen‘ aus dem biomfreien U0 immerhin die Arbeitshypothese nahelegt, dass das biomfreie physikalische Universum U0 offensichtlich alle ‚Zutaten‘ enthalten muss, deren Existenz erst durch die Wirkung indirekt sichtbar wurden.

Akzeptiert man die Eigenständigkeit des Biom-Phänomens UB dann ist es sinnvoll, den Begriff der Kosmologie zu differenzieren und statt nur von Kosmologie‘ zu sprechen, den Begriff der Kosmologie 2.0 einzuführen. Dies verweist auf eine neue Theorie, in der die Physik die Grundlage bildet und darauf aufbauend die Biologie (verfeinert um Mikrobiologie und viele andere spezielle Disziplinen) die neuen Phänomene bedient. Man hätte also eine Theoriestruktur der Art <TU0, TUB, …>.

Ob und wie man diese Betrachtungsweise weiter verfeinert, hängt davon ab, was man wie genau erklären will.

Von heute aus betrachtet macht es Sinn, das Biom UB zu differenzieren in jenen Teil, der noch nicht über ein Gehirn und symbolische Kommunikation verfügt, und jenen Teil UB+, der darüber verfügt, also UB+ UB. Diese neuen Phänomene UB+ tauchen erst vor ca. -0.5 Mio Jahren auf.

Diese Unterscheidung macht deswegen Sinn, weil mit der Verfügbarkeit von Gehirnen und symbolischer Sprache völlig neue Dynamiken sichtbar werden,die viele neue eigenständige Phänomene im Gefolge hatten.

Will man diesem neuen Phänomen UB+ Rechnung tragen, kann es sehr wohl Sinn machen, eine weiter Differenzierung in der Kosmologie einzuführen und sie mit Kosmologie 3.0 benennen. Neben der Biologie gibt es nun neue Wissenschaften, die sich mit diesem neuen spezifischen Phänomen UB+ beschäftigen (Sprachwissenschaften, Gehirnwissenschaften, Psychologie, Soziologie, …). Die neue Kosmologie 3.0 wäre dann eine erweiterte Theorie der Art <TU0, TUB, TUB+,…>

Von den vielen interessanten neuen Phänomenen und Dynamiken, die das Phänomen UB+ mit sich bringt, ist ein Phänomen besonders interessant. Gemeint ist das, was wir heute Technologie nennen, oder im Kontext der Kosmologie UT.

Mit Technologie sind jene Strukturen gemeint, die keine biologischen Strukturen sind, die auch keine ’natürlichen‘ Phänomene des physikalischen Universums U0 sind, sondern die von UB+ hervorgebracht werden und die geeignet sind, neuartige Prozesse physikalische Prozesse zu ermöglichen. Hier sollen nur solche Phänomene Technologie UT genannt werden, die zu ihrer Entstehung und Benutzung ein spezielles Gehirn mit symbolischer Kommunikation voraussetzen. Damit würde sich das Universum nicht nur um die Phänomene UB und UB+ erweitern, sondern jetzt auch noch um UT.

Will man wiederum diesem neuen Phänomen UT Rechnung tragen, kann es sehr wohl Sinn machen, eine weiter Differenzierung in der Kosmologie einzuführen und sie mit Kosmologie 4.0 benennen. Die neue Kosmologie 4.0 wäre dann eine erweiterte Theorie wie <TU0, TUB, TUB+, TUT, …>mit neuen Disziplinen der Ingenieurwissenschaften.

Weitere Differenzierungen legen sich nahe, z.B. Technologie, die zwar programmierbar ist, aber nicht selbständig lernfähig ist, als UTP, oder Technologie, die über die Programmierbarkeit hinaus auch noch selbständig lernfähig, abgekürzt als UTS, was zu weiteren Spezialisierungen wie Kosmologie 5.0 und 6.0 führen könnte mit <TU0, TUB, TUB+, TUT, TUTP, TUTS, …>.

Auch im Bereich des Bioms kann man neue Phänomene erkennen: das Biom UB+ fängt an, sich mit Hilfe von UT ‚umzubauen‘, zu ‚erweitern‘. Man erhält UB+T, was wiederum eine Spezialisierung zu Kosmologie 7.0 führen könnte, also <TU0, TUB, TUB+, TUT, TUTP, TUTS, TUB+T …>.

EREIGNISPFAD UND BOOTSTRAPPING

Würde man die vorausgehende Terminologie übernehmen, dann könnte man den kosmologischen Ereignispfad um die Dimension ‚Komplexität der Strukturen‘ erweitern:

  1. KOSMOLOGIE 1.0 (ca. -13.8 Mrd. Jahre): U0
  2. KOSMOLOGIE 2.0 (ca. -3.8 Mrd. Jahre): U0, UB
  3. KOSMOLOGIE 3.0 (ca. -300.000 Jahre): U0, UB, UB+
  4. KOSMOLOGIE 4.0 (ca. -5000 Jahre): U0, UB, UB+, UT
  5. KOSMOLOGIE 5.0(ca. -75 Jahre): U0, UB, UB+, UT, UTP
  6. KOSMOLOGIE 6.0 (ca. -70 Jahre): U0, UB, UB+, UT, UTP, UTS
  7. KOSMOLOGIE 7.0 (ca. -50 Jahre): U0, UB, UB+, UT, UTP, UTS, UB+T

UNIVERSELLER SINN

Unter Voraussetzung der vorausgehenden Terminologie würde die Frage nach dem Sinn ‚des Ganzen‘ (mit sich selbst als ein Teil des Ganzen!) sowohl eine deutliche Erweiterung wie auch eine Präzisierung erfahren.

Aus Sicht eines einzelnen Menschen nimmt das Beziehungsgeflecht, in dem er in seinem Alltag steht, dramatisch zu, wenngleich nicht unbedingt alle Beziehungen gleichzeitig ‚kritisch‘ sein müssen. Dazu kommt indirekte Abhängigkeiten.

Jede dieser Beziehungsdimension hat ihre eigenen typischen ‚Erfolgs-‚ und ‚Misserfolgskriterien‘, die für den einzelnen zusätzlich unterschiedlich gewichtet sein können. Spannungsvoll kann es werden, wenn der Erfolg in Beziehung A bedeuten würde, Abstriche in einer Beziehung B zu machen, was einem Misserfolg gleich käme. Dann müsste man sich entscheiden. Dazu kommen Alter, Geschlecht, Lebensraum, Kultur und vieles mehr, was modifizierend wirken kann.

Was in all dem kann nun dem einzelnen einen ‚Sinn‘ vermitteln und welche ‚Wirkung‘ kann solch ein Sinn haben?

Wir Menschen kennen eine Vielzahl von ‚positiven Zuständen‘ und ebenso eine Vielzahl von ’negativen Zuständen‘. Welche sind wirklich wichtig? Für einen Augenblick, für länger, oder, wie man so schön sagt: welche der möglichen ‚Wirkungen‘ von einer ‚Sinn spendenden Situation‘ sind ’nachhaltig‘? Nachhaltig für was?

Als vor ca. 2.4 Mrd Jahren die Sauerstoffkonzentration in der Erde anstieg (nach vielen hundert Mio Jahren Vorbereitung), um sich dann bis ca. 1 Mrd Jahre vor uns auf das Niveau einzupendeln, was dann vielzelliges Leben ermöglichte, war es für die Mehrheit der damals lebenden Lebensform eine Katastrophe (Siehe nähere Details z.B. hier).

Aus der Sicht eines einzelnen Lebewesens, das Sauerstoff nicht verarbeiten konnte, war ein Leben unter diesen Verhältnissen eine weitgehende Katastrophe. Durch die viele hundert Mio Jahre andauernde ausgelöste Vereisung der Erde waren dann auch alle anderen Lebensformen betroffen. Die individuelle Perspektive in diesen Zeiten vermittelt kaum einen übergreifenden Sinn. Heute, im Nachhinein, mit den stark erweiterten Wissensmöglichkeiten, kann man diese gut 1.5 Mrd Jahre andauernde Vorgänge als ‚positiv‘ bewerten für das vielzellige Leben, was danach möglich wurde.

Es bleiben viele offene Fragen.

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SINN-FREIHEIT-LIEBE. Viele Level. Zwischenbemerkung

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 26.Dezember 2017
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Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

Letzte Änderung: 16.Februar 2019 (Einige Hervorhebungen hinzugefügt)

IDEE

Kurze Bemerkung zum Sinn.
Axiom: Wer nicht schon immer da ist, wird niemals ankommen.

KONTEXTE

Zum Thema ‚Sinn‘ hab es   vorausgehende Beiträge, von denen hier drei explizit erwähnt werden:  Einen mit dem Titel „Zur Grammatik des Sinns„, einen anderen mit dem Titel „Weil es Sinn gibt, kann sich Wissen akkumulieren, das Sinn sichtbar macht. Oder: warum die Frage ‚Warum gerade ich?‘ in die Irre führen kann„, sowie „SINN, SINN, und nochmals SINN„.  Alle drei  Beiträge sind ziemlich  grundsätzlich und können den vorliegenden Text weiter vertiefen.

I. VORBEMERKUNG

Eigentlich bewege ich mich in den letzten Wochen in Themen, die direkt keinen Bezug zum ’Sinn’ erkennen lassen, aber dennoch, womit immer man sich beschäftigt, es sind Teilbereiche der einen großen Wirklichkeit, innerhalb deren wir alle uns bewegen.
Ob ich nun die Wechselbeziehungen zwischen Menschen und technischen Systemen untersuche, oder die Vorausberechnungen für mögliche zukünftige Konstellationen von Welt, oder die mögliche Rolle von Meditation im Leben von Studierenden, oder die unterschiedlichsten Klangräume, oder Umgebungen für das Lernen …. man
ist unweigerlich verflochten mit den je größeren Strukturen, die in allem, Themen- und Disziplinen-übergreifend wirksam sind.

Das beständige Ausklammern dieser übergreifenden Themen ist gefährlich, vor allem macht es sie nicht unsichtbar, nicht unwirksam. Andererseits, je umfassender ein Thema ist, um so schwieriger ist es natürlich, es klar zu definieren.

Schon die Theorien experimenteller Wissenschaften wählen ja hier statt der Methode der expliziten Definition die Methode des ’Kollektivs von Parametern’, eingebettet in eine mathematische Struktur, in denen die Begriffe nicht isoliert erklärt werden, sondern nur im Zusammenhang aller anderen.

Es sollte daher nicht erstaunen, dass ich diese Methode des ’Parameter-Kollektivs’ samt möglicher Strukturen hier auch wähle.

II. DIE GROSSEN WÖRTER

Wenn es um das ’große Ganze’ des Lebens geht, so treffen wir in der Geschichte des homo sapiens auf einige ’große Wörter’, die immer und überall auftauchen, ohne dass Sie ’hinreichend erklärt’ werden. Sie haben Ihre Geschichten, ihre Lebenskontexte, die jeder ’irgendwie’ versteht, aber sie lassen sich nicht einfach dingfest machen,
nicht mit knackigen Definitionen fixieren; wie auch, schließlich geht es hier um tief liegende Zusammenhänge des realen Lebens, die vielfältig verflochten sind mit vielerlei Prozessen und darin wirksamen Faktoren (Parametern).

Beispiele solcher großen Worte sind ’Wissen’, ’Wahrheit’, ’Sinn’, ’Liebe’, ’Leben’, ’Intelligenz’, ’Verstehen’, ’Bedeutung’, ’Gut/ Böse’, ’objektiv/ subjektiv’, ’Ich/ Du/ Anderes’.

Irgendwie hängen alle diese Worte untereinander zusammen. So verbindet sich z.B. ’Wissen’ irgendwie mit ’Wahrheit’ und ’Verstehen’ mit ’Sinn’.

Am wichtigsten dürfte wohl der Umstand wiegen, dass alle diese ’Worte’ eine ’Sprache’ voraussetzen, eine Sprache setzt eine ’Population’ voraus, die diese Sprache praktiziert, und eine Population besteht aus sprachverstehenden und sprechenden Akteuren, die minimal wahrnehmen, lernen, erinnern und reagieren können.

Was immer man also zu und über die großen Wörter sagen will, man muss diesen Kontext einer realen aktiven Sprachgemeinschaft von Akteuren mit bedenken. Und da jeder Akteur – wie wir heute wissen – neben ’allgemeinem’ Wissen im Laufe seines Lebens sehr viel ’individuelles’ Wissen aus konkreten Situationen in sich ansammelt und auf individuelle Weise verarbeitet, muss man neben den allgemeinen Bedeutungen immer auch diese individuelle Lerngeschichte und das individuelle Wissensuniversum mit bedenke.

III. SINN

Das schon vorhandene Wissen ermöglicht es dem einzelnen, die aktuelle Weltwahrnehmung zu ’interpretieren’ und zu ’verarbeiten’. Das erleichtert die Orientierung. Wenn aber das bisherige Wissen von der ’Wahrheit’ abweicht,
dann tendiert die Wahrnehmung und die Verarbeitung dazu, von der ’Wahrheit’ mehr oder weniger abzuweichen.

Im Rahmen des verfügbaren Wissens kann dem einzelnen die Welt also mehr oder weniger ’sinnvoll’ erscheinen, oder auch nicht. So kann jemand beruflich Erfolg haben und zufrieden sein, zugleich aber im Beziehungsbereich unglücklich sein oder merklich leiden. Jemand kann in einer wunderbaren Beziehung leben, zugleich aber im Verein, in der Firma gerade kläglich scheitern. Und wenn die Mehrheit der Bevölkerung eines Landes den Eindruck hat, dass die wenigen Reichen sich skrupellos über alles hinweg setzen und gierig ihren Reichtum vermehren ohne Rücksicht auf die große Mehrheit, dann kann dies sehr wohl das Gefühl einer ’Sinnlosigkeit’ unterstützen.

Wenn die Evolutionsbiologen durch ihre Forschungen die Dramaturgie des biologischen Lebens entrollen, dann fällt es vergleichsweise leicht, im Falle einer aussterbenden Art angesichts einer dramatischen Veränderung der Lebensverhältnisse (Sauerstoffanteil, Klima, Vulkanausbruch, Meteoriteneinschlag, … ) im Nachhinein und mit gebührendem Abstand zu konstatieren, dass das einzelne betroffene Lebewesen, in dem Moment des Aussterbens eben keine Chance hatte. Wenn man aber selbst ein Lebewesen ist – was wir sind – in einer Situation von Hunger, Krieg, Gewalt, ideologischer Verdunkelung, von machtgierigen Cliquen, … dann ist solch eine lapidare Feststellung vom falschen Ort zur falschen Zeit wenig erfüllend…

Es deutet sich also an, dass der mögliche eine, alles erfüllende Sinn, sich im Geschehen des Universums (oder vieler Universen) und des welt- und zeit-umspannenden Lebens unausweichlich auf vielen verschiedenen Ebenen, in vielen verschiedenen Kontexten gleichzeitig zeigt. Eine Suche nach ’Sinn’ in nur einem Teilbereich, der möglicherweise schon im Ansatz durch ein falsches Wissen – und damit meist auch einer falschen Praxis – ’verzerrt’ ist, kann daher nur schwerlich zu einer befriedigenden Antwort führen. … es sei denn, man begreift, dass
man – egal in welchem Zustand und an welchem Ort – letztlich ein ’Geschenk’ des umfassenden Lebensprozesses ist, darin und dadurch auf eine tiefe und unauflösbare Weise ’Teil des Ganzen’ und in und durch diese Teilhabe auf eine sehr individuelle Weise eine Verantwortung für das Ganze dort hat, wo man gerade ist.

Aus der Sicht des ’Sinns’ gibt es kein ’Außen’, nur ein ’Innen’...In allen Jahrtausenden gab es ’spirituelle’ Traditionen,die hier in dieser unmittelbaren Teilhabe am umfassenden Sinn ihre Wurzeln haben.

Was hier am Beispiel von ’Wahrheit’ und ’Sinn’ angedeutet wird, gilt auch für die anderen großen Wort ’Liebe’ und Freiheit’.

IV. FREIHEIT

Während es immer wieder Strömungen gibt, die z.B. eine ’Freiheit’ im Falle des homo sapiens in Abrede stellen, gibt es eine grundlegende Erkenntnis zum physikalischen Universum, noch mehr aber im Falle des biologischen Lebens als Teil des physikalischen Universums, dass es grundlegenden ’nicht-deterministisch’ ist, d.h. in einem grundlegenden Sinne ’frei’ ist.

Sogar die oft viel beschworenen Computer sind trotz ihrer scheinbaren Einfachheit in
ihrem theoretischen Potential grundlegend nicht-deterministisch, d.h. in einem grundlegenden Sinne ein Potential für Freiheit. Daraus folgt nicht, dass wir deswegen schon automatisch verstehen, was ’Freiheit’ ist, wie sie ’funktioniert’, aber sie ist eine grundlegende Eigenschaft von allem, was wir empirische erkennen können, einschließlich unserer selbst.

Dieses Phänomen der ’Freiheit’ ist so grundlegend, dass man fast sagen kann, dass sich ’Wirklichkeit’ gerade über ’Freiheit’ definiert. Ohne die grundlegende ’Freiheit’ in  allem gäbe es keine Wirklichkeit, gäbe es kein Leben (und damit auch nicht uns), gäbe es kein Universum.

Es ist genau dieses Phänomen der ’Freiheit’, das u.a. dafür verantwortlich ist, dass Menschen ein A erkennen können, sich dieser Erkenntnis aber auch verweigern können. Wahrheit ist grundlegend möglich, wir können sie aber verunstalten, verleugnen, wir können eine Art ’Un-Wahrheit’ erzeugen. Ohne Freiheit gäbe es aber weder Wahrheit noch Unwahrheit. Der Preis der Wahrheit ist die grundlegende Freiheit zur Unwahrheit.

V. FREIHEIT UND SINN

Dies gilt auch für unser Verhältnis zum Sinn: wir können akzeptieren, dass wir an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit Teil eines größeren Ganzen sind und darin unseren individuellen Beitrag leisten (*), wir können es aber auch übersehen, ausblenden, uns verweigern, und hinter Ausreden und Ängsten verbarrikadieren…

(*) Anmerkung: Damit meine ich nicht, dass man einfach hinnimmt, was gerade ist, sondern dass man seine Freiheit nutzt, die Handlungsräume aktiv zu gestalten. Die Geschichte der Menschheit zeigt viele beeindruckende Beispiele, was Menschen können, wenn sie wollen … natürlich leider auch, was sie nicht können, weil andere Menschen – oder die realen Umstände – sie daran hindern …

VI. LIEBE

Das große Wort ’Liebe’ ist nicht weniger schillernd als die zuvor genannten großen Worte. Aber, wie man vielleicht schon ahnen kann, ist auch die ’Liebe’ eingewoben in diese Vielschichtigkeit des Lebens: Im Kraftfeld von ’Wahrheit’, ’Sinn’ und ’Freiheit’ erscheint ’Liebe’ jenes Momentum zu sein, was uns letztlich in eine bestimmte Richtung ’zieht’, uns ’Mut’ macht, uns die ’Angst nimmt’, und handeln lässt.

VII. RESÜME

Man kann die großen Worte nicht gegeneinander ausspielen; sie hängen untereinander zusammen; das eine hilft dem anderen. Leider auch umgekehrt: wo Wahrheit oder Sinn oder Freiheit oder Liebe leiden, leidet auch das andere mit. Das Leben ist ein Gesamtkunstwerk, das sich im Prinzip so lange nicht voll verstehen lässt, so lange es ’stattfindet’, und doch, das ist schwer zu verstehen, jeder kann zu jeder Zeit an jedem Ort so viel von Sinn und Liebe und Freiheit erfahren, das er/sie/es das subjektive Gefühl hat, er/sie/es ist Teil von dem großen Ganzen.

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MENSCHENBILD – VORGESCHICHTE BIS ZUM HOMO SAPIENS – Überlegungen

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 27.August 2017
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Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

Letzte Altualisierung: 27.Aug.2017 - 17:37h
Es gibt eine Weiterentwicklung dieses Beitrags in einem Folgebeitrag!

PDF

Überblick

Eingeleitet durch wissenschaftsphilosophische
Überlegungen wird versucht, die Entwicklung der
Säugetiere bis hin zum homo sapiens anhand der aktuellen
Forschungsdaten abzubilden. Das Hauptaugenmerk liegt
auf der allgemeinen Struktur. Für die vielen Details sei auf
die Literatur verwiesen, die angegeben wird.

I. KONTEXT

Eine der Leitfragen dieses Blogs ist die Frage nach
dem neuen Menschenbild, speziell auch im Kontext
der Diskussion um die Zukunft von Menschen und
intelligenten Maschine.

Wer nach der Zukunft des Menschen fragt,
braucht ein gutes Bild vom aktuellen Menschen und
seiner Entstehungsgeschichte, um auf dieser Basis
Überlegungen zu einer möglichen Zukunft anstellen zu
können.

Während zur biologischen Evolution allgemein schon
einige Blogbeiträge geschrieben wurden, fehlt es im Blog
an konkreten Daten zur Entwicklung unmittelbar vor dem
Auftreten des homo sapiens, etwa in dem Zeitfenster -10
Mio Jahren bis ca. -30.000 Jahren vor dem Jahr 0. Dies
soll hier in einem ersten Beitrag nachgeholt werden.

II. WISSENSCHAFTLICHE SICHTWEISEN

Bei der Frage nach der Entwicklung des homo
sapiens spielen mehrere wissenschaftliche Disziplinen
ineinander. Einmal ist es die Geologie (Siehe: [WD17g]),
die den Kontext Erde untersucht; dann die Klimatologie
(Siehe: [WD17n]), die sich mit den klimatischen
Verhältnissen im Kontext Erde beschäftigt. Für das
Phänomen des Lebens selbst ist die Biologie zuständig,
speziell die Evolutionsbiologie (Siehe: [SWW13],
[WD17e]). Als Teil der Evolutionsbiologie sind noch
zu nennen die Molekularbiologie (Siehe: [WD17s]) mit
der Genetik (Siehe: [WD17f]). Ferner könnte man als
Teil der Evolutionsbiologie auch noch die Paläontologie
(Siehe: [WD17u], [Par15]) nennen und auch die
Archäologie (Siehe: [WD17a]). Wobei das Wechselspiel
von Evolutionsbiologie und Archäologie nicht ganz
so klar erscheint. Viele weitere wissenschaftliche
Disziplinen tauchen innerhalb der genannten Disziplinen
in unterschiedlichsten Kontexten auf.

Diese Vielfalt spiegelt ein wenig die Komplexität der
Phänomene wieder, um die es hier geht. Der Autor
cagent selbst betrachtet die hier zu verhandelnden
empirischen Phänomene aus Sicht der Philosophie
mit den Schwerpunkten Erkenntnisphilosophie, die
Überschneidungen hat mit Phänomenen wie z.B.
‚Lernen’ und ’Intelligenz’. Dies sind Themen, die
feste Orte auch in der Psychologie haben, heute
oft parallelisiert mit der Gehirnforschung (letztere
methodisch gesehen ein Teil der Biologie).

Angesichts dieser Komplexität ist es praktisch
unmöglich, ein völlig konsistentes, einheitliches Bild der
Phänomene zu zeichnen. An dieser Stelle ist es das
Anliegen von cagent, einen ’hinreichenden’ Überblick
über die ’unmittelbare’ Vorgeschichte des homo sapiens
zu bekommen.

Der homo sapiens ist jene biologische Art (Spezies),
die zur Gattung homo gerechnet wird, die sich aus
dem biologischen Formenstrom über Jahrmillionen
herausgeschält hat. Es zeigt sich, dass die zeitliche
Abgrenzung, wann genau ’das Menschliche’ anfängt,
und wann das ’Tierische’ aufhört, irgendwie beliebig
erscheint. Der homo sapiens ab ca. -30.000 besitzt
natürlich Eigenschaften, die wir beschreiben können
wie Körperbau, genetisch bestimmte Erbanlagen,
typische Verhaltensweisen, aber diese Eigenschaften
tauchen nicht abrupt in der Geschichte auf, sind nicht
irgendwann einfach so da, sondern man findet in
der vorausgehenden Zeit eine große Formenvielfalt
in den Artefakten, mit unterschiedlichen genetischen
Distanzen zum heutigen homo sapiens. Daraus muss
man schließen, dass es einen viele Millionen dauernden
Prozess des Formenwandels gab, innerlich genetisch
und äußerlich durch die jeweiligen geologischen und
klimatologischen Verhältnisse beeinflusst, die sich
zudem noch verknüpfen mit der jeweiligen Pflanzen- und
Tierwelt. Alle diese genannten Faktoren waren selbst
einem kontinuierlichen Wandel unterworfen.

Wenn die Grenzziehung zwischen dem ’Tierischen’
und dem ’Menschlichen’ von daher nicht ganz scharf
gezogen werden kann, ist auch eine Zeitangabe dazu,
wie weit zurück in der Zeit man gehen soll, um die
Vorgeschichte’ zu beschreiben, relativ, d.h. abhängig
von den Kriterien, die man bei der Analyse anlegen
will.

In diesem Beitrag wurde der Startpunkt für die
Beschreibung bei den Lebensformen gewählt, die die
Biologen ’Primaten’ nennen, und zwar spezieller den
Punkt der Aufspaltung in die Strepsirrhini und Haplorhini
(Siehe: [WE17l] und [WD17r]), die sich um etwa -80
Mio Jahren ereignet haben soll. Aus Sicht der heutigen
menschlichen Geschichte, wo 100 Jahre oder gar 1000
Jahre eine lange Zeit sind, wirken diese 80 Millionen
Jahre sehr, sehr lang. Innerhalb der Geschichte des
Lebens mit ca. 3.5 Milliarden Jahre fallen die 0.08 Mrd
Jahre seit dieser Aufspaltung nahezu kaum ins Gewicht,
es sind gerade mal 2.2% der gesamten Entwicklungszeit
des biologischen Lebens. Betrachtet man dagegen nur
die Zeit seit dem Auftreten der Lebensform homo, die
dem heute bekannten Menschlichem schon nahe kommt
(etwa ab -2.5 Mio), dann schrumpft der Zeitanteil auf
0.071 % der Entwicklungszeit des biologischen Lebens
zusammen. Umgerechnet auf das 12-Stunden Ziffernblatt
einer Uhr mit 720 Minuten würde die Entstehung der
Lebensform homo die letzte halbe Minute auf dem
Ziffernblatt ausmachen. Die Lebensform homo sapiens,
zu der wir uns zählen, tauchte frühestens um -190.000 in
Afrika auf. Das wären auf dem Ziffernblatt dann (bei ca.
81.000 Jahren pro Sekunde) die letzten 2.3 Sekunden.

Im Spiel des Lebens erscheint dies nicht viel. Betrachtet
man aber, was sich allein in den letzten ca. 10.000
Jahren ereignet hat, und hier speziell nochmals in den
letzten 100 Jahren, dann legt sich der Schluss nahe,
dass die Lebensform homo sapiens offensichtlich über
Fähigkeiten verfügt, die gegenüber der Vorgeschichte
von ca. 3.5 Mrd Jahren etwas qualitativ ganz Neues
sichtbar macht. Autor cagent ist sich nicht sicher,
ob der homo sapiens selbst bislang wirklich begreift,
was hier passiert, welche Rolle er in diesem Prozess
spielt. Auf der einen Seite zeichnet sich eine immer
größere Zerstörungskraft ab (die auch stattfindet), auf
der anderen Seite deuten sich konstruktive Potentiale
an, die alles übersteigen, was bislang vorstellbar war.

III. DEUTUNGEN: MATERIAL, MUSTER, FUNKTION, KONTEXTE

Die Tätigkeit der eingangs erwähnten Wissenschaft
kann man verstehen als eine Deutung, ausgeführt in
einem Deutungsprozess. Diese Deutung beginnt bei der
Bestimmung der Substanzen/ Materialien, die Forscher
vorfinden. Ist das eine Gesteinsart, sind das Knochen,
sind das pflanzliche Bestandteile …. ? Ein anderer
Aspekt ist die Frage nach ’Formen’ und ’Mustern’:
kann man an dem Material auffällige Formen oder
Muster erkennen, dann auch im Vergleich zu anderen
Materialien? Schließlich auch die Frage nach möglichen funktionalen Zusammenhängen’: wenn es ein Knochen
ist, in welchem Zusammenhang eines Knochengerüsts
kommt er vor? Wenn etwas ein Zahn sein soll, wie sah
das zugehörige Gebiss aus? Oder ist dieser Knochen Teil
eines Werkzeugs, einer zu unterstellenden Handlung,
die das Stück benutzt hat? Schließlich, in welchem
Kontext kommt ein Material vor? Ist es zufälliger Kontext,
ein Kontext durch einen geologischen Prozess, ein
Kontext erzeugt durch Verhalten von Lebewesen?
Schon bei diesen Fragen bieten sich eine Vielzahl von
Deutungsmöglichkeiten, bestehen viele Ungewissheiten.

IV. DEUTUNGEN 2: ZEITLICHE ABFOLGE

Was Forscher zur Evolutionsbiologie besonders
interessiert, ist das Erfassen von zeitlichen Abfolgen:
unter Voraussetzung eines bestimmten Zeitmaßes
möchte die Evolutionsbiologie wissen, ob ein
Gegenstand/ Artefakt A im Sinne des Zeitmaßes ‚vor’ oder ’nach’ einem anderen Gegenstand/ Artefakt B ‚anzuordnen’ ist.
Diese Frage macht nur Sinn, wenn man neben
einem definierten Zeitmaß auch annehmen darf
(muss), dass sich die Erde als Generalumgebung aller
vorfindbaren Materialien/ Artefakte grundsätzlich in
einem Veränderungsmodus befindet, dass also die
Erde zu zwei verschiedenen Zeitpunkten grundsätzlich
verschieden sein kann.

Dass sich am Kontext Erde Veränderungen feststellen
lassen, dies haben Menschen schon sehr früh erleben
können: Temperatur, Regen oder nicht Regen, Tag und
Nacht, Wachstum der Pflanzen, Geboren werden und
Sterben, usw. Es passierte aber erst im 17.Jahrhundert,
dass die Fragestellung nach dem Vorher und Nachher in
der Entwicklung der Gesteine mit Nils Stensen (nicolaus
steno) eine systematische Form fand, aus der sich nach
und nach die moderne Geologie entwickelte (Siehe:
[WD17h]).

Erst durch die wissenschaftliche Geologie wissen
wir zunehmend, dass die Erde selbst ein dynamisches
System ist, das sich beständig verändert, wo sich
ganze Kontinente bilden, verschieben, verformen; wo
Vulkanismus stattfindet, Erosion, Klimaänderungen, und
vieles mehr. Erst durch die geologische Sehweise konnte
man nicht nur verschiedene Zustände der Erde entlang
einem definierten Zeitmaß identifizieren, sondern damit
dann auch Veränderungen in der Zeit’ sichtbar machen.

Dieses geologische Wissen vorausgesetzt,  besteht
plötzlich die Möglichkeit, ein Material/ Artefakt einer
erdgeschichtlichen Phase, einem Zeitpunkt in einem
Veränderungsprozess, zuzuordnen. Die Geologie hat – mittlerweile unterstützt durch viele Spezialgebiete, wie z.B. auch die Klimatologie (Siehe:
[WD17n]) – unter anderem eine zeitliche Abfolge von
Vulkanausbrüchen in den verschiedenen Regionen
der Erde identifizieren können und auch das sich
verändernde Klima.

So spricht man in der Klimatologie von sogenannten
Eiszeitaltern’ (Siehe: [WD17d]). In der schwachen
Version einer Definition von Eiszeitalter geht man davon
aus, dass mindestens eine Polkappe vereist ist. Die
letzte Eiszeit dieser Art fand statt um -33.5 Mio Jahren.
In der starken Version geht man davon aus, dass beide
Polkappen vereist sind. Die letzte Eiszeit dieser Art
begann um ca. -2.7 Mio Jahren und hält bis heute
an. In dieser Zeit gab es unterschiedliche Kalt- und
Warm-Phasen. Seit ca. -1 Mio Jahren haben sich 6
mal Kaltzeiten wiederholt: ca. -0.9 Mio, -0.77 Mio, -0.6
Mio, -0.48 Mio, -0.35 Mio, -12.000 (siehe: [WD17o],
[Rot00]:SS.173ff ).

Ein anderer starker Faktor, der das Klima
beeinflussen kann, sind Supervulkanausbrüche
(Siehe: [WD17w]). Hier eine Zusammenstellung
von Eiszeitaltern mit Kaltphasen in Kombination mit
den Supervulkanausbrüchen sofern sie das frühe
Ausbreitungsgebiet von homo und homo sapiens berührt
haben (wobei auch andere große Ausbrüche sich
weltweit auswirken konnten)(man beachte, dass die
Zeitangaben mit großen Unschärfen versehen sind):

  • Eiszeit: ab ca. -2.7 Mio Jahren
  • Vulkan:-1 Mio Äthiopien
  • Vulkan: -788.000 Indonesien
  • Kaltzeit: ca. -0.77 Mio Jahren
  • Kaltzeit: ca. -0.6 Mio Jahren
  • Vulkan: -500.000 (+/- 60.000) Äthiopien
  • Kaltzeit: ca. -0.48 Mio Jahren
  • Vulkan: -374.000 Italien
  • Kaltzeit: ca. -0.35 Mio Jahren
  • Vulkan:-161.000 Griechenland
  • Vulkan: -74.000 Indonesien
  • Vulkan:-50.000 Italien
  • Vulkan:-39.000 Italien
  • Kaltzeit: ca. -12.000

Bei der Entstehung von Eiszeiten spielen eine Vielzahl
von Faktoren eine Rolle, die ineinandergreifen. Sofern
es sich um periodische Faktoren handelt, kann sich dies
auf den Periodencharakter von Kalt- und Warmzeiten
auswirken (siehe: [WD17o], [Rot00]:SS.173ff ). Die globale Erwärmung, die
aktuell beklagt wird, ist ein Ereignis innerhalb eines noch
existierenden Eiszeitalters. Insofern ist die Erwärmung
eigentlich keine Anomalie, sondern eher die Rückkehr
zum ’Normalzustand’ ohne Eiszeitalter. Wobei sich
natürlich die Frage stellt, welcher Zustand der Erde ist
eigentlich ’normal’? Kosmologisch betrachtet – und darin
eingebettet die Wissenschaften von der Erde – wird
die Erde in einem Zustand enden, der nach heutigem
Wissen absolut lebensfeindlich sein wird (siehe: [WD17p],
[WE17b], [WE17c]). Für die Erde ist dieser Zustand
normal’, weil es dem physikalischen Gang der Dinge
entspricht, aus Sicht der biologischen Lebensformen
ist dies natürlich überhaupt nicht ’normal’, es ist ganz
und gar ’fatal’.

Insofern wird hier schon deutlich, dass
die innere Logik des Phänomens ‚biologisches Leben‘
nicht automatisch kongruent ist mit einem aktuellen
Lebensraum. Das Phänomen des biologischen Lebens
manifestiert einen Anspruch auf Geltung, für den
es im Licht der physikalischen Kosmologie keinen
natürlichen’ Ort gibt. Das biologische Leben erscheint
von daher als eine Art ’Widerspruch’ zum bekannten
physikalischen Universum, obgleich es das physikalische
Universum ist, das das biologische Leben mit ermöglicht.

V. DEUTUNGEN 3: ENTWICKLUNG VON KOMPLEXITÄT

Wenn man so weit vorgestoßen ist, dass man
Materialien/ Artefakte auf einer Zeitachse anordnen kann,
dann kann man auch der Frage nachgehen, welche
möglichen Veränderungen sich entlang solch einer
Zeitachse beobachten lassen: Bleibt alles Gleich? Gibt
es Änderungen? Wie lassen sich diese Veränderungen
klassifizieren: werden die beobachtbaren Phänomene
einfacher’ oder ’komplexer’?

Um solche eine Klassifikation in ’einfach’ oder
komplex’ vorzunehmen, braucht man klare Kriterien für
diese Begriffe. Aktuell gibt es aber keine einheitliche, in
allen Disziplinen akzeptierte Definition von ’Komplexität’.

In der Informatik wird ein Phänomen relativ zu
einem vorausgesetzten Begriff eines ’Automaten’ als
komplex’ charakterisiert: je nachdem wie viel Zeit
solch ein Automat zur Berechnung eines Phänomens
benötigt oder wie viel Speicherplatz, wird ein Phänomen
als mehr oder weniger ’komplex’ eingestuft (Siehe
dazu: [GJ79]). Dieser vorausgesetzte Automat ist eine
sogenannte ’Turingmaschine’. Dieses Konzept entstand
in der Grundlagendiskussion der modernen Mathematik
um die Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert, als sich
die Mathematiker (und Logiker) darüber stritten, unter
welchen Bedingungen ein mathematischer Beweis
für einen Menschen (!) als ’nachvollziehbar’ gelten
kann. Nach gut 30 Jahren heftigster Diskussionen fand
man mehrere mathematische Konzepte, die sich als
äquivalent erwiesen. Eines davon ist das Konzept der
Turingmaschine, und dieses gilt als das ’einfachste’
Konzept von allen, das sich seit 1936/7 bisher in
allen Widerlegungsversuchen als stabil erwiesen hat.
Dies ist zwar selbst kein unwiderleglicher logischer
Beweis, aber ein empirisches Faktum, was alle Experten
bislang glauben lässt, dass mit diesem Konzept eine
zentrale Eigenschaft des menschlichen Denkens
eine konzeptuelle Entsprechung gefunden hat, die
sich formal und empirische experimentell überprüfen
lässt. So, wie die Physiker zum Messen Standards
entwickelt haben wie das ’Kilogramm’, das ’Meter’
oder die ’Sekunde’, so haben die Informatiker zum
Messen der ’Komplexität’ eines Phänomens relativ zur
(menschlichen) Erkenntnisfähigkeit die ’Turingmaschine’
(samt all ihren äquivalenten Konzepten) gefunden. Der
Vorteil dieser Definition von Komplexität ist, dass man
über das zu klassifizierende Phänomen vorab nahezu
nichts wissen muss. Darüber hinaus macht es Sinn, das
menschliche Erkennen als Bezugspunkt zu wählen, da
die Frage der Komplexität jenseits des menschlichen
Erkennens keinen wirklichen Ort hat.

Zurück zum Ausgangspunkt, ob sich im ’Gang der
Dinge’ auf der Erde Phänomene erkennen lassen,
die ’im Lauf der Zeit’ an Komplexität zunehmen,
deutet sich Folgendes an: es scheint unbestritten,
dass die Beschreibung einer biologischen ’Zelle’
(siehe: [AJL+15]) einen erheblich größeren Aufwand
bedeutet als die Beschreibung eines einzelnen Moleküls.
Zellen bestehen aus Milliarden von Molekülen, die
in vielfältigsten funktionellen Zusammenhängen
miteinander wechselwirken. Der Übergang von einzelnen
Molekülen zu biologischen Zellen erscheint von daher
gewaltig, und es ist sicher kein Zufall, dass es bis heute
kein allgemein akzeptiertes Modell gibt, das diesen
Übergang vollständig und befriedigend beschreiben
kann.

Für den weiteren Verlauf der biologischen Evolution
gibt es zahllose Phänomene, bei denen eine Vielzahl
von Faktoren darauf hindeuten, dass es sich um eine
Zunahme von Komplexität’ im Vergleich zu einer
einzelnen Zelle handelt, wenngleich manche dieser
Komplexitäts-Zunahmen’ Milliarden oder hunderte von
Millionen Jahre gebraucht haben. Im Fall der Entwicklung
zum homo sapiens ab ca. -80 Millionen Jahre gibt es
auch solche Phänomene, die sich aber immer weniger
nur alleine im Substrat selbst, also im Körperbau
und im Gehirnbau, festmachen lassen, sondern wo
das ’Verhalten’ der Lebewesen ein Indikator ist für
immer komplexere Wechselwirkungen zwischen den
Lebewesen und ihrer Umwelt.

Der Körper des homo sapiens selbst umfasst ca.
37 Billionen (10^12) Körperzellen, dazu im Innern des
Körpers geschätzte ca. 100 Billionen Bakterien, und
zusätzlich auf der Körperoberfläche ca. 224 Milliarden
Bakterien (siehe dazu [Keg15]). Diese ca. 137 Billionen
Zellen entsprechen etwa 437 Galaxien im Format
der Milchstraße. Während Menschen beim Anblick
des Sternenhimmels zum Staunen neigen, bis hin
zu einer gewissen Ergriffenheit über die Größe (und
Schönheit) dieses Phänomens, nehmen wir einen
anderen menschlichen Körper kaum noch wahr (falls
er sich nicht irgendwie auffällig ’inszeniert’). Dabei
ist der menschliche Körper nicht nur 437 mal größer in seiner Komplexität
als die Milchstraße, sondern jede einzelne Zelle ist
ein autonomes Individuum, das mit den anderen auf
vielfältigste Weise interagiert und kommuniziert. So kann
eine einzelne Gehirnzelle bis zu 100.000 Verbindungen
zu anderen Zellen haben. Körperzellen können über
elektrische oder chemische Signale mit vielen Milliarden
anderer Zellen kommunizieren und sie beeinflussen.
Bakterien im Darm können über chemische Prozesse
Teile des Gehirns beeinflussen, das wiederum aufgrund dieser Signale Teile des
Körpers beeinflusst. Und vieles mehr. Obgleich
die Erfolge der modernen Wissenschaften in den letzten
20 Jahren geradezu atemberaubend waren, stehen wir
in der Erkenntnis der Komplexität des menschlichen
Körpers noch weitgehend am Anfang. Niemand hat
bislang eine umfassende, zusammenhängende Theorie.

Dazu kommen noch die vielen immer komplexer
werden Muster, die sich aus dem Verhalten von
Menschen (und der Natur) ergeben. Zusätzlich wird das Ganze
stark beeinflusst von modernen Technologi wie z.B. der
Digitalisierung.

VI. DEUTUNGEN4: SELBSTREFERENZ: CHANCE UND
RISIKO

Ist man also zur Erkenntnis einer Zunahme an
Komplexität vorgestoßen, gerät das Erkennen vermehrt
in einen gefährlichen Zustand. Das Erkennen von
Zunahmen an Komplexität setzt – nach heutigem
Wissensstand – symbolisch repräsentierte ’Modelle’
voraus, ’Theorien’, mittels deren das menschliche
(und auch das maschinelle) Denken Eigenschaften
und deren Anordnung samt möglichen Veränderungen
repräsentieren’. Sobald ein solches Modell vorliegt, kann
man damit die beobachteten Phänomene ’klassifizieren’
und in ’Abfolgen’ einordnen. Die ’Übereinstimmung’
von Modell und Phänomen erzeugt psychologisch ein
befriedigendes’ Gefühl. Und praktisch ergibt sich daraus
meist die Möglichkeit, zu ’planen’ und Zustände ’voraus
zu sagen’.

Je komplexer solche Modelle werden, um so größer
ist aber auch die Gefahr, dass man nicht mehr so leicht
erkennen kann, wann diese Modelle ’falsch’ sind. Solche
Modelle stellen Zusammenhänge (im Kopf oder in der
Maschine) her, die dann vom Kopf in die Wirklichkeit
außerhalb des Körpers ’hinein gesehen’ werden, und
mögliche Alternativen oder kleine Abweichungen können
nicht mehr so ohne weiteres wahrgenommen werden.
Dann hat sich in den Köpfen der Menschen ein bestimmtes
Bild der Wirklichkeit ’festgesetzt’, das auf Dauer
fatale Folgen haben kann. In der Geschichte der empirischen
Wissenschaften kann man diese Prozesse mit
zahlreichen Beispielen nachvollziehen (siehe den Klassiker:
[Kuh62]). Dies bedeutet, je umfassender Modelle
des Erkennens werden, um so schwieriger wird es auf
Dauer – zumindest für das aktuelle menschliche Gehirn
das ’Zutreffen’ oder ’Nicht-Zutreffen’ dieser Modelle
zu kontrollieren.

Nachdem mit dem Gödelschen ’Unentscheidbarkeitstheorem’
schon Grenzen des mathematischen Beweisens sichtbar wurden (Siehe: [WD17q]),
was dann mit der Heisenbergschen ’Unschärferelation’
(Siehe: [WD17j]) auf das empirischen Messen erweitert
wurde, kann es sein, dass das aktuelle menschliche
Gehirn eine natürliche Schranke für die Komplexität
möglicher Erklärungsmodelle bereit hält, die unserem
aktuellen Erkennen Grenzen setzt (Grenzen des Erkennens
werden im Alltag in der Regel schon weit vorher
durch psychologische und andere Besonderheiten des
Menschen geschaffen).

VII. PERIODISIERUNGEN: BIS HOMO SAPIENS

Wie schon angedeutet, ist das Vornehmen einer
Periodisierung ein Stück willkürlich. Autor cagent hat
den Zeitpunkt der Aufspaltung der Primaten um etwa
-80 Mio Jahren vor dem Jahr 0 gewählt. Dabei gilt
generell, dass solche Zeitangaben nur Näherungen sind,
da die zugehörigen Wandlungsprozesse sich immer als
Prozess über viele Millionen Jahre erstrecken (später
dann allerdings immer schneller).

Bei der Datierung von Artefakten (primär
Knochenfunden, dazu dann alle weiteren Faktoren,
die helfen können, den zeitlichen Kontext zu fixieren),
gibt es einmal den Ansatzpunkt über die äußere und
materielle Beschaffenheit der Artefakte, dann aber
auch – im Falle biologischer Lebensformen – den
Ansatzpunkt über die genetischen Strukturen und
deren Umformungslogik. Über die Genetik kann man
Ähnlichkeiten (Distanzen in einem Merkmalsraum)
zwischen Erbanlagen feststellen sowie eine ungefähre
Zeit berechnen, wie lange es gebraucht hat, um von
einer Erbanlage über genetische Umformungen zu
einer anderen Erbanlage zu kommen. Diese genetisch
basierten Modellrechnungen zu angenommenen Zeiten
sind noch nicht sehr genau, können aber helfen,
die Materie- und Formen-basierten Zeitangaben zu
ergänzen.

  • Ordnung: Primates (Siehe: [SWW13]:Kap.5.2)
    (Aufteilung ab ca. -80 Mio) –->Strepsirrhini (Lorisi-,
    Chiromyi-, Lemuriformes) und Haplorhini (Tarsier,
    Neu- und Altweltaffen (einschließlich Menschen))
    (Siehe: [SWW13]:S.428,S.432, S.435 [WE17l],
    [WD17r])
  • Unterordnung: Haplorrhini (Aufteilung ab ca. -60
    Mio) (Siehe: [WE17l]) –->Tarsiiformes und Simiiformes
    Nebenordnung: Simiiformes (Aufteilung ab ca. –
    42.6 Mio) -–>Platyrrhini (Neuwelt- oder Breitnasenaffen)
    und Catarrhini (Altwelt- oder Schmalnasenaffen)
    (Siehe: Siehe: [SWW13]:S.428, [WE17l])
  • Teilordnung: Catarrhini (Altwelt- oder Schmalnasenaffen)
    (Aufteilung ab ca. -29/-25 Mio) -–>Cercopithecoidea
    (Geschwänzte Altweltaffen) und Hominoidea
    (Menschenartige) (Siehe: Siehe: [WE17l] und
    [WD17r])

    • Überfamilie: Hominoidea (Menschenartige)
      (Aufteilung ab ca. -20 Mio/ -15 Mio) –>Hylobatidae
      (Gibbons)und Hominidae (Große Menschenaffen
      und Menschen) (Siehe: [WD17r])
    • Aufspaltung der Menschenaffen (Hominidae) in die
      asiatische und afrikanische Linie (ca. -11 Mio)
      (Siehe: [WD17r])

      • Familie: Hominidae (Menschenaffen)(Aufteilung ab
        ca. -15Mio/-13 Mio in Afrika) –>Ponginae (Orang-
        Utans) und Homininae (Siehe: [WD17r])

        • Unterfamilie: Homininae
          Aufteilung der Homininae (ab ca. -9 Mio/ -8 Mio) –>
          Tribus: Gorillini und Hominini (Siehe: [WE17d])

          • Gattung: Graecopithecus (Süden von Griechenland)
          • Spezies/ Art: Graecopithecus freybergi (Siehe: [WD17i]) (ca. -7.2 Mio)
          • Gattung: Sahelanthropus (ab ca. -7.0/ -6.0 Mio)
          • Spezies/ Art: Sahelanthropus tchadensis
            (Siehe: [WD17v] [WE17k]) (im Tschad)
        • Tribus (Stamm/ Tribe): Hominini
        • Aufteilung der Hominini (ab ca. -6.6/-4.2 Mio)
          (Siehe: [SWW13]:S.435, [WE17d]) -–>Pan
          (Schimpansen) und Homo (Die Lebensform
          Panina bildet einen Unterstamm zum
          Stamm ’homini’. Für die Trennung zwischen
          Schimpansen (Pan) und Menschen (Homo) wird
          ein komplexer Trennungsprozess angenommen,
          der viele Millionen Jahre gedauert hat. Aktuelle
          Schätzungen variieren zwischen ca. -12 Mio und
          -6-8 Mio Jahren (Siehe: [WE17a])

          • Gattung: Orrorin tugenensis (ab ca. -6.2 bis
            ca. -5.65 Mio) (Siehe: [WD17t])
          • Gattung: Ardipithecus (ab ca. -5.7 Mio bis ca.
            -4.4 Mio) (Siehe: [WD17b])
          • Gattung: Australopithecus anamensis (ab
            ca. -4.2 Mio bis ca. -3.9 Mio) (Siehe:
            [SWW13]:S.475f)
          • Gattung: Australopithecus (ab ca. -4 Mio bis
            ca. -2/-1.4 Mio) (Siehe: [SWW13]:S.475f)
          • Gattung: Australopithecus afarensis (ab
            ca. -3.5 Mio bis ca. -3 Mio) (Siehe:
            [SWW13]:S.476)
          • Gattung: Kenyanthropus platyops (ab ca. –
            3.5/ -3.3 Mio) (Siehe: [WD17m]) Kann
            möglicherweise auch dem Australopithecus
            zugerechnet werden (Siehe: [SWW13]:S.475,
            479).
          • Gattung: Australopithecus africanus (ab
            ca. -3.2 Mio bis ca. -2.5 Mio) (Siehe:
            [SWW13]:S.477)
          • Gattung: Australopithecus ghari (um ca.- 2.5
            Mio) (Siehe: [SWW13]:S.477)
          • Gattung: Paranthropus (Australopithecus)
            (ab ca. -2.7 Mio) (Siehe: [WE17j]).
            Kann möglicherweise auch dem
            Australopithecus zugerechnet werden (Siehe:
            [SWW13]:S.475).

            • Spezies/ Art: Paranthropus (Australopithecus)
              aethiopicus (ab ca. -2.6 Mio bis ca. -2.3
              Mio) (Siehe: [SWW13]:S.478)
            • Spezies/ Art: Paranthropus (Australopithecus)
              boisei (ab ca. -2.3 Mio bis ca. -1.4 Mio)
              (Siehe: [SWW13]:S.478). Mit dem Australopithecus
              boisei starb der Australopithecus
              vermutlich aus.
            • Spezies/ Art: Paranthropus (Australopithecus)
              robustus (ab ca. -1.8 Mio bis ca. -1.5
              Mio) (Siehe: [SWW13]:S.478)
          • Gattung: Homo (ab ca. -2.5/ -2.0 Mio).
            Im allgemeinen ist es schwierig, sehr klare
            Einteilungen bei den vielfältigen Funden
            vorzunehmen. Deswegen gibt es bei der
            Zuordnung der Funde zu bestimmten Mustern
            unterschiedliche Hypothesen verschiedener
            Forscher. Drei dieser Hypothesen seien hier
            explizit genannt:

            1. Kontinuitäts-Hypothese: In dieser Hypothese
              wird angenommen, dass es vom
              homo ergaster aus viele unterschiedliche
              Entwicklungszweige gegeben hat, die
              aber letztlich alle zum homo sapiens
              geführt haben. Die Vielfalt der Formen
              in den Funden reflektiert also so eine
              genetische Variabilität.
            2. Multiregionen-Hypothese: In dieser Hypothese
              wird angenommen, dass sich –
              ausgehend vom homo ergaster – regional
              ganz unterschiedliche Formen ausgebildet
              haben, die dann – bis auf den homo sapiens
              mit der Zeit ausgestorben sind
            3. Out-of-Africa Hypothese: Neben
              früheren Auswanderungen aus Afrika
              geht es in dieser Hypothese darum, dass
              sich nach allen neuesten Untersuchungen
              sagen lässt, dass alle heute lebenden
              Menschen genetisch zurückgehen auf
              den homo sapiens, der ca. um -100.000
              Jahren von Afrika aus kommend nach und
              nach alle Erdteile besiedelt hat (Siehe:
              [SWW13]:S.488ff, 499).

            Natürlich ist auch eine Kombination der ersten
            beiden Hypothesen möglich (und wahrscheinlich),
            da es zwischen den verschiedenen Formen
            immer wieder Vermischungen geben
            konnte.

          • Spezies/ Art: Homo rudolfensis (von
            ca. -2.4 bis ca. -1.8 Mio) (Siehe:
            [SWW13]:S.481)
          • Spezies/ Art: Homo habilis (von ca. -2.4 Mio bis ca. 1.65 Mio). Erste Art der Gattung Homo. Benutzte Steinwerkzeuge (Oldowan Kultur). Diese Artefakte sind
            nachweisbar für -2.5 bis -700.000 (Siehe: [SWW13]:S.480)
          • Gattung: Australopithecus sediba (um ca.
            -2 Mio) (Siehe: [SWW13]:S.477)
          • Spezies/ Art: Homo gautengensis (von ca.
            -1.9 Mio bis ca. -0.6 Mio)(Südafrika) (Siehe:
            [WE17h])
          • Spezies/ Art: Homo ergaster (von ca. -1.9
            Mio bis ca. -1.0 Mio) Werkzeuggebrauch
            wahrscheinlich, ebenso die Nutzung von
            Feuer (Lagerplätze mit Hinweisen um ca.
            -1.6 Mio). Stellung zu homo erectus unklar.
            (Siehe: [SWW13]:S.482f) Funde in
            Nordafrika (ca. -1.8 Mio), Südspanien (ca. –
            1.7-1.6 Mio und -1 Mio), Italien (ca. -1 Mio),
            Israel (ca. -2 Mio), Georgien (ca. -1.8 bis –
            1.7 Mio) und China (ca. -1.0 Mio) zeigen,
            dass homo ergaster sich schon sehr früh
            aus Afrika heraus bewegt hat.
          • Spezies/ Art: Homo erectus (Siehe:
            [WE17f]) (ab ca. -1.9 Mio bis ca. -85.000/
            -56.000); entwickelte sich vor allem in
            Asien (China, Java…), möglicherweise
            hervorgegangen aus dem homo ergaster.
            Ist fas zeitgleich zu homo ergaster in Afrika
            nachweisbar. Würde voraussetzen, dass
            homo ergaster in ca. 15.000 Jahren den
            Weg von Afrika nach Asien gefunden hat.
            (Siehe: [SWW13]:S.484-487)
          • Spezies/ Art: Homo antecessor (Siehe:
            [WE17e]) (von ca. -1.2 Mio bis –
            800.000). Hauptsächlich Funde in
            Nordafrika und Südspanien. Wird zur
            ersten Auswanderungswelle ’Out of Africa’
            gerechnet, die nach Europa und Asien kam.
            Letzte Klarheit fehlt noch. Es scheint viele
            Wechselwirkungen zwischen h.ergaster,
            h.erectus, h.antecessor, h.heidelbergensis,
            h.rhodesiensis, h.neanderthalensis sowie
            h.sapiens gegeben zu haben. (Siehe:
            [SWW13]:S.489)
          • Spezies/ Art ?: Homo cepranensis
            (Datierung zwischen ca. -880.000 bis
            ca.-440.000); (Siehe: [WD17k]) noch keine
            klare Einordnung (siehe Anmerkungen zu
            h.antecessor.)
          • Spezies/ Art: Homo heidelbergensis
            (Siehe: [WD17l]) (von ca. -600.000 bis
            -200.000). Überwiegend in Europa; es
            gibt viele Ähnlichkeiten mit Funden
            außerhalb von Europa in Afrika, Indien,
            China und Indonesien, z.B. Ähnlichkeiten
            zu homo rhodesiensis. Steinwerkzeuge,
            weit entwickelte Speere, Rundbauten,
            Feuerstellen, evtl. auch Kultstätten. (Siehe:
            [SWW13]:SS.490-493).
          • Spezies/ Art: Homo rhodesiensis (Siehe:
            [WE17i]) (von ca.-300.000 bis ca. –
            125.000)(Ost- und Nord-Afrika, speziell
            Zambia)
          • Spezies/ Art: Homo neanderthalensis
            (ab ca. -250.000 bis ca. -33.000). Frühe
            Formen und späte Formen. Genetische
            Eigenentwicklung seit ca. -350.000/ -400.000. Schwerpunkt Europa, aber Ausdehnung von Portugal, Spanien, bis
            Wales, Frankreich, England, Deutschland,
            Kroatien, schwarzes Meer, Nordirak,
            Zentralasien, Syrien, Israel . Meist nie
            mehr als insgesamt einige 10.000 in ganz
            Europa. In der Schlussphase parallel
            mit homo sapiens für ca. 50.000 Jahre.
            Es kam zu geringfügigen genetischen
            Beeinflussungen. Eine eigenständige
            hohe Werkzeugkultur, die aus der
            Steinwerkzeugkultur der Acheul´een ca.
            -200.000 hervorging und bis -40.000
            nachweisbar ist. Neben Steinwerkzeugen
            auch Schmuck. Sie pflegten Kranke,
            bestatteten ihre Toten. Die differenzierte
            Sozialstruktur, das gemeinsames Jagen,die
            Werkzeugkultur, das großes Gehirn
            sowie die Genbeschaffenheit lassen es
            wahrscheinlich erscheinen, dass der
            Neandertalerüber Sprache verfügte. Ein
            besonders kalter Klimaschub um -50.000
            verursachte einen starken Rückzug aus
            West- und Mitteleuropa, der dann wieder
            mit Einwanderer aus dem Osten gefüllt
            wurde. Im Bereich Israels/ Palästina gab
            es zwischen ca. -120.000 und -50.000
            eine Koexistenz von Neandertaler und
            homo sapiens. Was auch darauf hindeutet,
            dass eine erste Auswanderungswelle von
            h.sapiens schon um ca. -120.000/ -100.000
            stattgefunden hatte, aber nur bis Israel
            gekommen ist. Warum die Neandertaler
            ausstarben ist unbekannt. homo sapiens
            hat seine Population in Europa im Zeitraum
            -55.000 und -35.000 etwa verzehnfacht.
            (Siehe: [SWW13]:SS.493-498)
          • Spezies/ Art: Homo sapiens (ab ca. -190.000 bis heute); Wanderungsbewegungen aus Afrika heraus ab ca. -125.000
            erster Vorstoß bis Arabien. Parallel gab
            es eine kleine Auswanderung um -120.000
            über das Niltal bis Palästina/Israel, die
            aber keine weitere Expansion zeigte. Um
            -70.000 von Arabien aus in den Süden des mittleren Ostens, um ca. -60.000/ -50.000 nach Neuguinea und
            Australien. Vor ca. -50.000 bis -45.000 über
            Kleinasien nach Südost-, Süd- und Westeuropa.
            Um ca. -40.000 über Zentralasien
            bis Nordchina. Von Asien aus um -19.000/ -15.000 Einwanderung in Nordamerika über
            die Beringstraße, bis nach Südamerika um
            ca. -13.000. Es gibt aber auch die Hypothese,
            dass Südamerika schon früher
            (ca. -35.000 ?)über den Pazifik besiedelt
            wurde. Die Gene der Indianer in Nord- und
            Südamerika stimmen mit Menschen aus
            Sibirien, Nordasien und Südasien überein.
            Ab der Zeit -60.000/ -40.000 wird ein deutlicher
            kultureller Entwicklungssprung beim
            homo sapiens diagnostiziert, dessen Entwicklung
            seitdem anhält und sich heute
            noch erheblich beschleunigt. Felszeichnungen
            ab ca. -40.000, Werkzeuge, Wohnungen,
            Kleidung, Sprache.
          • Spezies/ Art: Homo floresiensis
            (Siehe: [WE17g])(ca. um -38.000 bis -12.000)(Insel Flores, Indonesien). Benutze Steinwerkzeuge, beherrschte das Feuer, Kleinwüchsig, entwickeltes Gehirn. Insel
            war seit mindestens -800.000 besiedelt.
            Vorfahren könnten seit -1 Mio dort gewesen
            sein. (Siehe: [SWW13]:S.487f)
          • Spezies/ Art: Denisovaner (noch kein
            wissenschaftlicher Name vereinbart)(um
            -40.000) (Siehe: [WD17c]), Funde im
            Altai Gebirge (Süd-Sibierien); es gibt
            Funde auf den Pilippinen, in Indonesien,
            Neuguinea, Australien, auf einigen Inseln
            des südlichen Pazifik, mit den Genen der
            Denisovaner. Herkunft möglicherweise von
            h.heidelbergensis. Es gab genetischen
            Austausch mit h.sapiens. (Siehe:
            [SWW13]:S.498)

VIII. WAS FOLGT AUS ALLEDEM?

Jeder, der diesen Text bis hierher gelesen haben
sollte, wird sich unwillkürlich fragen: Ja und, was heißt
das jetzt? Was folgt aus Alledem?

In der Tat ist dieser Text noch nicht abgeschlossen.

Der Text stellt allerdings eine notwendige
Vorüberlegung dar zu der – hoffentlich – weiter führenden
Frage nach der Besonderheit des homo sapiens als
Erfinder und Nutzer von intelligenten Maschinen.

Während die abschließende Definition von potentiell
intelligenten Maschinen mit dem mathematischen
Konzept der Turingmaschine im Prinzip vollständig
vorliegt, erscheint die Frage, wer oder was denn der
homo sapiens ist, je länger umso weniger klar. Mit
jedem Jahr empirischer Forschung (in allen Bereichen)
enthüllt sich scheibchenweise eine immer unfassbarere
Komplexität vor unseren Augen, die ein Verständnis
des homo sapiens samt seinem gesamten biologischen
Kontext eher in immer weitere Ferne zu rücken scheint.

Konnten die großen Offenbarungsreligionen über
viele Jahrhunderte irgendwie glauben, dass sie
eigentlich wissen, wer der Mensch ist (obwohl sie
nahezu nichts wussten), ist uns dies heute – wenn wir
die Wissenschaften ernst nehmen – immer weniger
möglich. Wenn im jüdisch-christlichen Glauben der
Mensch bildhaft als ’Ebenbild Gottes’ bezeichnet werden
konnte und damit – zumindest indirekt – angesichts
dieser unfassbaren Erhabenheit eine Art Schauer über
den Rücken jagen konnte (ohne dass zu dieser Zeit
verstehbar war, worin denn die Besonderheit genau
besteht), so werden wir in den letzten Jahren durch
immer tiefere Einblicke in die Abgründe der Komplexität
von Leben und Lebensprozessen in einem scheinbar
lebensfremden physikalischen Universum provoziert,
herausgefordert, und Gelegenheit zum Staunen gäbe es
allerdings genug.

In diesem anwachsenden Wissen um
unser Nichtwissen begegnen wir einer schwer fassbaren
Größe, die wir salopp ’biologisches Leben’ nennen, die
aber alles übersteigt, dessen wir denkerisch fähig sind.

Eine der vielen Paradoxien des Universums ist
genau dieses Faktum: in einem scheinbar ’leblosen’
physikalischen Universum ’zeigen sich’ materielle
Strukturen, die Eigenschaften besitzen, die es strikt
physikalisch eigentlich nicht geben dürfte, und die sich
in einer Weise verhalten, die das ganze Universum
prinzipiell zu einem ’Un-Ort’ machen: das bekannte
physikalische Universum ist lebensfeindlich, das
biologische Leben will aber genau das Gegenteil:
es will leben. Wie kann das zusammen gehen? Warum
kann ein scheinbar lebloses physikalisches Universum
Überhaupt der Ort sein, wo Leben entsteht, Leben
stattfinden will, Leben sich schrittweise dem inneren
Code des ganzen Universums bemächtigt?

In weiteren Beiträgen wird es darum gehen, dieses
Phänomen ’biologisches Leben’ weiter zu erhellen,
und zu zeigen, wie das biologische Leben sich mit
Hilfe intelligenter Maschinen nicht nur generell weiter
entwickeln wird, sondern diesen Prozess noch erheblich
beschleunigen kann. Es gilt hier die Arbeitshypothese,
dass die intelligenten Maschinen ein konsequentes
Produkt der biologischen Evolution sind und dass es
gerade dieser Kontext ist, der dieser Technologie ihre
eigentliche Zukunftsfähigkeit verleiht.

Die heutigen Tendenzen, die Technologie vom biologischen Leben
zu isolieren, sie in dieser Isolation zugleich in geradezu
religiöser Manier zu Überhöhen, wird die evolutionär
induzierte Entwicklung dieser Technologie eher
behindern, und damit auch das vitale Element der
biologischen Evolution, den homo sapiens.

Der homo sapiens ist kein Individuum, er wird
repräsentiert durch eine Population, die wiederum nur
Teil einer umfassenderen Population von Lebensformen
ist, die sich gegenseitig am und im Leben halten. Es wird
wichtig sein, dass der homo sapiens diese Arbeitsteilung
versteht, bevor er mit seiner wachsenden Aufbau- und
Zerstörungskraft das biologische Universum zu stark
beschädigt hat.

Zum aktuellen Zeitpunkt kann niemand mit Gewissheit
sagen, ob das alles irgendeinen ’Sinn’ besitzt, d.h. ob es
in all den Abläufen in der Zukunft eine Menge möglicher
Zielzustände gibt, die in irgendeinem Sinne als ’gut’/
’schön’/ ’erfüllend’ oder dergleichen bezeichnet werden
können. Genauso wenig kann aber irgend jemand zum
aktuellen Zeitpunkt mit Gewissheit einen solchen Sinn
ausschließen. Rein empirisch kann man schon heute
eine solche Menge an atemberaubenden Strukturen und
Zusammenhänge erfassen, die ’aus sich heraus’ ein
Exemplar der Gattung homo sapiens in ’Erstaunen’ und
’Begeisterung’ versetzen können; aber weder gibt es für
solch ein Erstaunen einen Zwang, eine Regel, ein Muss,
noch ist all dies ’zwingend’. Noch immer können wir
nicht ausschließen, dass dies alles nur ein Spiel ist,
eine gigantische kosmologische Gaukelei, oder – wie
es die physikalischen kosmologischen Theorien nahelegen
– in einem gigantischen Kollaps endet, aus der
möglicherweise wieder ein Universum entsteht, aber ein
anderes.

REFERENCES

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VIII. KONTEXTE

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HAT DER MENSCH NOCH EINE ZUKUNFT? – Zwischenreflexion

KONTEXT

  1. Ich hatte gestern eine dieser Begegnungen, die man nicht planen kann. Es passiert einfach.
  2. Irgendwie ging es um die Frage, wie unsere Universität neben und jenseits der speziellen Studienprogramme und Forschungsprojekte an einer offiziellen Stelle Fragen öffentlich stellen und diskutieren kann, die den Menschen der Gegenwart im Fokus haben. Neben der Frage des Wie man das tun könnte, spielte natürlich zentral die Frage des Was herein: Was sind die drängenden Fragen für die Menschen heute?

UNIVERSITÄT IST

  1. Die Universität wäre keine Universität, würde sie nicht schon jetzt in ihren speziellen Programmen wichtige Zukunftsfragen behandeln: Städte der Zukunft, Energieversorgung der Zukunft, Verkehr der Zukunft, Logistik, Datennutzung, Pflegekonzepte, … usw.
  2. Alle diese Programme leben von der – stillschweigenden – Voraussetzung, dass der Mensch – Wir alle – gesetzt ist als Handelnder, dass der Mensch, wir als homo sapiens (sapiens), eine zentrale Rolle spielt, weil wir …. ja, weil wir was sind?

MENSCH – ZUKUNFT

  1. Schaut man sich in den Wissenschaften um, in der Technologie, in der Wirtschaft, in der Politik …., dann kann man zum Schluss kommen, dass die verfügbaren Menschenbilder nicht nur arg zerschlissen wirken, sie sind eigentlich außer Kraft gesetzt.
  2. Auf dem Papier gibt es zwar Menschenrechte, Grundrechte, Verfassungen (in den meisten Staaten), aber angesichts der Realitäten des alltäglichen Lebens weltweit kann man den Eindruck bekommen, dass den Worten auf dem Papier in der Realität nicht mehr viel entspricht.
  3. Schließt man nicht die Augen vor dem, was täglich real passiert, dann kann – und muss? – man die Frage stellen: Hat der Mensch noch eine Zukunft?

RELIGIONEN

  1. In der Vergangenheit waren im Fall von Seuchen, Naturkatastrophen, Kriegen, Not jeder Art, die Religionen zuständig, Trost und Zuversicht zu spenden, Hoffnung auf etwas Gutes in all dem Elend. Es gab (und gibt) viele Religionen; noch immer gibt es Religionen, z.T. weltweit organisiert. Trotz ihres gewaltigen Erklärungsanspruches sind sie weitgehend nicht kompatibel miteinander, zerfallen in sich in viele Strömungen, und statt Frieden, Trost und Wahrheit bringen sie selbst immer wieder Krieg und Tod, Verfolgung, Verteufelung, tun sich schwer mit den modernen Erkenntnissen über die Welt, über das Universum. Statt die Menschen zu ‚befreien‘ schaffen sie neue Abhängigkeiten. Ist die Idee eines übergreifenden, realen Sinns, eines alles übersteigende Gute falsch?

POLITIK

  1. Die Formen der Machtausübung von Menschen über Menschen (Politik) hat schon viele Formate gesehen. Demokratische Strukturen sind ein sehr spätes Produkt. Sie sind bis heute die Ausnahme und zeigen an sich Spuren von Verschleiß und Verrat. Ist die Idee einer auf Menschenrechten und einer demokratischen Verfassung gründenden Machtausübung falsch? Ist der einzelne, selbstherrliche Diktator die bessere Variante? Können wir heute in einer digitalisierten globalen Technologie die Allgemeinheit dem digitalen Diktator überlassen, jenen anonymen Sammlern und Nutzern von Daten, die dann digital bestimmen, wo es langgeht?

WIRTSCHAFT

  1. Wirtschaftliche Tätigkeit war schon immer notwendig fürs Überleben, zugleich aber auch für Innovationen, Neuerungen, Veränderungen. Am erfolgreichsten ist die Wirtschaft bei stabilen Verhältnissen, offenen Märkten, Wohlergehen der Allgemeinheit. Die primäre Berechtigung kommt vom Überleben der Menschen, das treibende Motiv aber ist die Bereicherung der Akteure; Steigerung von Gewinnen bei Senkung der Kosten. Die Digitalisierung bietet eine neue Variante: Ersetzen der Menschen durch intelligente Maschinen. Welche Rolle kann der Mensch hier noch spielen?

TECHNIK

  1. Die Technik war von Anbeginn ein Helfer des Menschen: Energie, Transport, Bauen, Ernährung, Vorräte schaffen, Kommunikation, Krankheiten bekämpfen …. heute hat die Technik einen Punkt erreicht, wo sie die Menschen selbst zunehmend ersetzen kann. Der Mensch wird für immer mehr Tätigkeiten überflüssig. Wozu braucht es noch den Menschen?

WISSENSCHAFTEN

  1. Die Wissenschaften haben dem Menschen geholfen, die umgebende Welt und den eigenen Körper immer besser zu verstehen. Mit diesem Verstehen kamen die unendlichen Weiten des Universums, kamen die Feinstrukturen des Lebens bis hin zu den Zellen, den genetischen Informationen, der Möglichkeit, das Leben in seinen Grundlagen zu verändern. Der Mensch scheint angesichts all dessen nicht mehr so wichtig. Einen alles durchdringenden, umfassenden Sinn scheint es nicht mehr zu geben. Die alten Religionen sind bislang sprachlos oder Verweigern einfach das Gespräch. Die neuen Wissenschaften haben keine Verwendung mehr für den Menschen. Was soll ein Physiker, ein Molekularbiologie oder ein Gehirnforscher auch schon sagen? Sie wühlen in den Eingeweiden der Materie, sie messen biochemische Prozesse in den Zellen, sie können aber ihre eigene Wissenschaft nicht mehr erklären. Ein möglicher Sinn für den homo sapiens ist kein Thema für die Wissenschaften. Hat der Mensch also keine Zukunft mehr?

EPOCHEN-WENDE?

  1. In der bekannten Geschichte des Lebens gab es bislang keine Zeit, die unserer aktuellen Situation vergleichbar ist. Viele Fragen sind qualitativ, grundlegend, unbeantwortet.

UNIVERSITÄT DEFINIERT SICH IMMER WIEDER NEU

  1. Ob eine Universität in der Lage ist, sich diesen Fragen zu stellen, für die sich niemand so richtig zuständig fühlt, ist offen. In der Geschichte der europäischen Universitäten waren Universitäten immer ein Spielball von aktuellen Strömungen, Machtinteressen und Wissensmonopolen. Es gibt nicht die Universität. Jede Universität ist ein Politikum, ein Machtkompromiss, muss sich in jeder Zeit neu erfinden. Dies hängt von konkreten Personen ab, vom verfügbaren Wissen, von Überzeugungskraft, ….

DIESER BLOG

  1. Dieser Blog Philosophie Jetzt sieht die Frage nach der möglichen Zukunft des Menschen im Universum als seine zentrale Frage. Und diese Frage wird ausgespannt zwischen Wissenschaften, alltäglichem Leben und konkreten Erfahrungen des Daseins, deren Menschen (und alle Lebewesen) fähig sind.

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Buch: Die andere Superintelligenz. Oder: schaffen wir uns selbst ab? – Kapitel 3

!!! Dieses Kapitel wurde als Teil des Buches vorläufig wieder gestrichen !!!

VORBEMERKUNG: Der folgende Text ist ein Vorabdruck zu dem Buch Die andere Superintelligenz. Oder: schaffen wir uns selbst ab?, das im November 2015 erscheinen soll

Formen des Bösen

Im 20.Jahrhundert gebar der homo sapiens in den vielen Kriegen und Demoziden Gestalten des Bösen von unfassbarer Dunkelheit. Zugleich entsprangen seinem Gehirn Bilder, Visionen, und auch institutionelle Ansätze, eines besseren Lebens für alle Menschen, wie es sie in dieser Form und in diesem Ausmaß zuvor noch nie gegeben hatte. Wie ist so etwas möglich? Wie ist dieses möglich angesichts der Tatsache, dass wir in den nachfolgenden 15 Jahren des 21.Jahrhunderts den Eindruck haben können, dass die Hervorbringung des Grausamen bei gleichzeitigen Anzeichen eines ‚menschlicheren‘ Lebens sich fortzusetzen scheint?

Zombies und so

In den Kinos, vor dem Fernseher — oder dem Videobildschirm — gibt es Gattungen von Filmen, die sich konstant großer Beliebtheit erfreuen: Katastrophen- und Horrorfilme.

Man sieht erst ein wenig Alltag, wie man ihn kennt; Menschen wie Du und ich, Familien, Kinder, die Mitgefühl erregen.

Dann bricht etwas Furchtbares herein: aggressive Tiere bedrohen das Leben von Menschen, jene, die man sympathisch findet. Gefährliche Krankheitserreger breiten sich aus und töten Menschen. Oder, viel interessanter, infiziert Menschen töten nicht, sie greifen andere Menschen an und verwandeln diese in furchterregende Wesen, in Monster, die keine Menschen mehr sind, sondern fremdgesteuerte Wesen, die äußerlich nur noch aussehen wie Menschen.

Wenn diese Katastrophen endzeitlich-apokalyptische Ausmaße annehmen, dann tritt — zumindest in US-Amerikanischen Filmen — unweigerlich das Militär auf den Plan. Wenn überall das Leben zerbricht, das öffentliche Leben, der Verkehr im Chaos versinkt, dann erscheint das Militär als letzte Bastion der Ordnung, als letzte Zuflucht. Hier gibt es noch Oben und Unten, hier gibt es noch einen Rest an Wahrheit, hier sammeln sich die Glücklichen, die Auserwählten.

Die Erlösung naht in Form von etwas Materiellem: die Biologie der entarteten Wesen zeigt eine Schwachstelle, man findet ein Gegenmittel, der Spuk kommt zum Stillstand. Alles ist wieder gut.

In diesen Szenarien ist das ‚Böse‘ etwas konkret Fassbares, etwas Materielles. Materielles kann man im Prinzip kontrollieren. Ein endlich Böses ist besiegbar.

Die Anderen von nebenan

Das andere Drehbuch des Grauens spielt vorzugsweise in der Realität.

Soweit das geschichtliche Auge schauen kann findet sich das bizarre Phänomen, dass Menschen im ‚anderen Menschen‘ nicht nur den Freund gesehen haben, sondern auch, sehr oft, manchmal überraschend spontan, das ‚Fremde‘, das ‚Angstauslösende‘, das ‚Bedrohliche‘, den ‚Feind‘.

Der ‚Andere‘ kann in diesem Drehbuch praktisch von jedem gespielt werden: in einer Ansiedlung können es die ‚Zugezogenen‘ sein, die ‚Jenseits des Flusses‘, die ‚im Nebental‘; eine andere Sprache, eine andere Haarfarbe oder andere Hautfarbe können zum Unterscheidungsmerkmal werden; andere Sitten, andere religiöse Rituale … es muss nur irgendwie anders sein, etwas , woran man einen Unterschied festmachen kann.

Gibt es den anderen, ist er die ideale Projektionsfläche für alle Arten von Ängsten, Vorurteilen und Aggressionen. Grausamkeiten, Tötungen, Kriege leben von diesem Anderen. ‚Die da‘ ärgern uns, schränken uns ein, bedrohen uns; sie müssen weg. …

Dieses Böse im Anderen ist nur vordergründig materiell. Tatsächlich ist das Böse hier vielfach eine Projektion unserer Ängste auf die anderen gepaart mit Unwissenheit. Dieses Böse kann nicht sterben, solange unsere Ängste nicht sterben, solange wir in der Unwissenheit verharren.

Verdeckt und Unsichtbar

Wenn wir gegen wilde Tiere in den Krieg ziehen, gegen Monstermenschen und den furchtbaren Anderen, die unser Leben bedrohen, spielt die Frage nach dem ‚Warum‘ gewöhnlich keine Rolle. Das ‚Böse‘ ist für uns, die wir von Ängsten eingehüllt sind, so augenscheinlich, so greifbar, dass sich eine Diskussion zu erübrigen scheint.

Aus der Geschichte der Justizirrtümer sind zahllose Beispiele bekannt, wonach Verurteilte im Nachhinein als Unschuldige erkannt werden konnten. Eine sehr gründliche Untersuchung aus neuester Zeit im Umfeld der Todesurteile in den USA deckte auf, dass mindestens 4% der zum Tode Verurteilten zu Unrecht zum Tode verurteilt sind. Tatsächlich kann der Anteil deutlich höher sein. Dies ist erschreckend.

Nicht weniger erschreckend sind die Zahlen, die das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) in seinem Krankenhaus-Report 2014 mit dem Titel Wege zu mehr Patientensicherheit in der Pressekonferenz vom 21. Januar 2014 in Berlin vorlegte. Danach muss man von ca. 1% Behandlungsfehlern ausgehen, was 2011 ca. 188.000 Menschen betraf, und von ca. 0.1% tödlichen Fehlern, was ca. 18.800 Menschen betraf. Nach Prof. Dr. Max Geraedts sind dies etwa fünfmal so viel Tote wie im Straßenverkehr.

Das ‚Böse‘, was sich hier auswirkt, ist nicht das, was man direkt sieht oder greifen kann, sondern das, was man nicht sieht, weil man es erst gar nicht tut, das Nicht-Augenscheinliche, das im falschen Verhalten der Krankenhausteams gründet, wegen Unwissenheit oder Überlastung oder … Diese Form des Bösen wird nicht aussterben, so lange diese Krankenhausteams sich als Team nicht kritischer selbst betrachten, sich als Team nicht gemeinsam verbessern.

Im Auge des Betrachters

Etwas nicht zu sehen, etwas zu übersehen, oder es ganz anders zu sehen als es tatsächlich ist, dies sind Phänomene, die uns zum Thema Wahrnehmung führen.

Von der visuellen Wahrnehmung wissen wir, dass jedes einzelne Auge (linkes Auge, rechtes Auge) aufgrund seiner Bauweise einen sogenannten Blinden Fleck aufweist. Dies bedeutet, dass jedes Auge für sich einen bestimmten Bereich in seinem Sehfeld nicht abbilden kann; er ist quasi unsichtbar. Dass wir dennoch keine ‚Löcher‘ sehen, liegt daran, dass der blinde Fleck in jedem Auge in einem anderen Bereich des Sehfeldes liegt. Das linke Auge sieht dort etwas, wo das rechte Auge seinen blinden Fleck hat, und umgekehrt. Dass aus beiden Einzelbildern ein Gesamtbild ohne Flecken wird, das ist dann der Beitrag des Gehirns; dieses rechnet beide Bilder zu einem Bild zusammen.

Direkter erfahrbar ist diese erstaunliche Kompositionsleistung des Gehirns, wenn man sich eines der vielen Bücher zur PEP-Art nimmt, in denen nach der P.E.P.S.I.P-Methode (Periodic Pattern Stereo IllusionPicture) zweidimensionale Bilder so abgedruckt sind, dass man beim Betrachten mit dem bloßen Auge plötzlich dreidimensionale Bilder sehen kann (Quelle: PEP-ART. 3-D-Bilder der neuen Art, Südwest Verlag GmbH & Co.KG, München, 1994, ISBN 3-517-01632-2. Vgl. dazu auch den Eintrag Stereoskopie in der deutschen Wikipedia.).

Schlägt man ein beliebiges Bild aus solch einem Buch mit stereoskopischen Bildern auf, dann sieht man zunächst nur zweidimensionale Figuren auf einem Blatt. Fixiert man das Bild auf die richtige Weise, verwandelt sich das Bild ‚im Auge des Betrachters‘ plötzlich zu einem dreidimensionalen Bild, in dem dreidimensionale Objekte sichtbar werden, die man im zweidimensionalen Bild noch nicht sehen kann. Es ist nicht das gedruckte Bild im Buch, das sich ändert, sondern die Verarbeitung des Bildes im Gehirn. Das Gehirn ist dafür ausgelegt, die zweidimensionalen Informationen auf der Netzhaut in dreidimensionale Strukturen umzurechnen.

Unser Gehirn lässt uns also ganz realistisch Objekte und Räume in einer räumlichen Struktur sehen, die es ‚draußen in der Außenwelt‘ gar nicht gibt.

Analog kann man auch im Bereich des Hörens Phänomene entdecken, bei denen wir subjektiv einen realistischen Eindruck haben, die aber Eigenleistungen unseres Gehirns darstellen und denen nichts in der Außenwelt korrespondiert . Am bekanntesten ist wohl der Stereoeffekt, bei dem wir hören können, wie ein Ton im Raum hin- und herwandert, obgleich wir im einfachsten Fall nur zwei Lautsprecher haben, die fest an ihrem Ort stehen. Für viele — leidvoll — bekannt ist der Tinnitus-Effekt: Menschen hören in ihrem Ohr Töne, z.T. sehr laut, denen aber außerhalb des Ohres nichts entspricht; wieder eine Eigenleistung des Gehirns.

Die Liste von Beispielen der sogenannten Sinnestäuschungen könne man noch erheblich verlängern. Die Grundbotschaft ist die, dass unsere sinnliche Wahrnehmung der Außenwelt keine 1-zu-1 Abbildung ist und dass sie durchgehend auf einer Aktivität unseres Gehirns beruht, das dabei sehr wohl auch eigene Wege geht. Es lässt uns Dinge wahrnehmen, die es so als sinnliches Ereignis gar nicht gibt, die sich im Zusammenhang aber oft als nützlich erwiesen haben.

Das ‚wirkliche‘ Bild des Bösen wahrzunehmen, ist schon in der sinnlichen Wahrnehmung keine Selbstverständlichkeit. Die Dominanz unseres Gehirns in der Berechnung der Wirklichkeit ist immer da; unser Gehirn erzählt uns permanent eine Geschichte von einer Welt ‚da draußen‘, weil es besorgt ist, uns einen ’sinnvollen Gesamteindruck‘ zu vermitteln. Unser Gehirn trägt ‚in sich‘ ein Konzept von ‚Sinn‘, bevor wir darüber nachdenken können, was ’sinnvoll‘ ist. Und wer zweifelt schon an seinem eigenen Gehirn?

Chemischer Handlungsdruck

Hunger

Wir alle kennen das ungegenständliche, gleichwohl deutlich spürbare Gefühl von ‚Hunger‘. Ab einem bestimmten Punkt kann es uns unruhig machen, kann es uns in Bewegung setzen, um etwas zum Essen zu finden. Hält dieser Zustand länger an, wird er zum Begleiter über Tage oder gar Wochen, beginnt er die Existenz zu bedrohen; der Handlungsdruck kann übermächtig werden; man wird alles tun, um etwas zum Essen zu finden.

In glücklichen Fällen trifft man auf andere Menschen, die einem helfen, die ihr Essen mit uns teilen; der mögliche Beginn einer Freundschaft. Doch wenn diese andere Menschen nicht ans Teilen denken, wenn Sie uns Hungrige verstoßen, dann kann aus solcher einer Situation ein Konflikt entstehen: wir sind dann die Anderen, die Fremden, die Bedrohlichen, die man bekämpfen muss, und wir selbst werden — möglicherweise — zu Kämpfern für unsere eigene Existenz. Für uns sind dann die ‚Besitzenden‘ die Anderen, die Fremden, die, die man angreifen darf.

Tödliches Verhalten entsteht dann aus einer Bedürfnissituation von Menschen, die aus ihrem Innern aufsteigt, die als innerer Konflikt gefühlt wird, der die eigene Existenz bedroht.

Für die, die von uns angegriffen werden, werden wir zu den ‚Bösen‘, die ihr Leben bedrohen. Wir selbst sehen uns im Recht, da wir unser Leben erhalten wollen. Das ‚Böse‘ der anderen ist für uns das ‚Gute‘. Das Böse wie das Gute wohnt im Lebensnotwendigen; es entspringt der Art, wie Leben für uns funktioniert, wie es sich uns im Körpergefühl mitteilt.

Durst

Die Verfügbarkeit von Süßwasser bzw. das Fehlen von diesem wird seit Jahren von immer mehr Organisationen dokumentiert. Der Mangel ist schon heute sehr groß und eine Quelle von deutlichen Menschenrechtsverletzungen und von großen potentiellen Konflikten

Die Bedrohung des Lebens für die einen, kann zur Bedrohung des Lebens für die anderen werden, wenn sie nicht freundschaftlich teilen. Die wechselseitige Anerkennung der Existenz verbindet, gibt Kraft für eine gemeinsame Zukunft.

Drogen

Während Hunger und Durst zurückgehen auf Stoffwechselprozesse des Körpers, die für die Lebenserhaltung wichtig sind, kann der Mensch durch Zufuhr von unterschiedlichen Drogen im Körper einen chemischen Kreislauf in Gang setzen, der sich bis zu einem gewissen Grade verselbständigen kann. Wir sprechen dann von Sucht: der/ die Betroffene hat dann ‚in sich‘ einen chemischen Prozess ‚geboren‘, der immer neu nach ‚Nachschub‘ verlangt, nach bestimmten chemischen Stoffen, die das ‚innere Verlangen‘ stillen sollen. Wie wir wissen, führt dies bei vielen Drogen körperlich zu einer voranschreitenden Zerstörung, psychisch zu einer Abhängigkeit und sozial zu immer mehr Ausfällen in normalen Abläufen, zu Ausgrenzungen und zu Stigmatisierungen. Ohne Hilfe von außen ist ein einzelner meist kaum in der Lage, diesen chemischen Kreislauf in sich zu stoppen. Der Handlungsdruck ist so groß, dass es zur sogenannten Beschaffungskriminalität kommt oder zu Menschen erniedrigenden Abhängigkeiten. Der Zerfall, das Böse, das als Existenz zerstörend im Verhalten Ausdruck findet, ist nicht ‚in der Welt‘ verursacht, sondern ‚im Menschen selbst‘, in der Art und Weise, wie seine inneren chemischen Prozesse aus dem Gleichgewicht geraten sind.

In der Sucht verliert der Mensch die Kontrolle über die chemischen Prozesse in sich. In der Sucht zeigt sich die innere Chemie des Körpers als ein ‚wildes Tier‘, als ein ‚inneres Monster‘, das einen Menschen von innen steuert, ihn zu einem ‚Zombie‘ macht, ihn von innen auffrisst.

Sexualität

Ein anderer ‚innerer Faktor‘ ist die Sexualität. So wie Hunger und Durst angeborene Bedürfnisstrukturen sind, die sich im Verhalten auswirken, so ist auch die Sexualität eine angeborene Verhaltensstruktur, die im Normalfall kaum zu übersehen und für viele kaum zu unterdrücken ist. In der angeborenen Sexualität manifestiert sich die ‚Strategie des Lebens‘ für das ‚Überleben‘ durch variierende Reproduktion. Die Auslegung als komplementäre Verhaltensweisen in einem genetisch markierten weiblichen und männlichen Menschen sollte die genetische Variabilität unterstützen, und führte zu einer asymmetrischen Spezialisierung: nur die weiblichen Menschen können einen Embryo austragen.

Die Sexualität realisiert sich über chemische Prozesse, die das Verhalten beeinflussen können. Ausgelöst werden sie einerseits intern über periodische chemische Prozesse oder über externe ‚Auslöser‘, die über die Wahrnehmung zum Gehirn gelangen und dann chemische Prozesse auslösen kann. Die interne Ausschüttung von speziellen chemischen Molekülen (Hormone) kann – speziell bei Männern — zu einem als sehr stark erlebtem Handlungsdruck führen.

In den vergangenen Jahrtausenden haben die verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche Verhaltensregeln ausgeprägt, innerhalb deren Menschen ihre Sexualität ’sozial verträglich‘ ausleben sollen. Unterm Strich entsteht der Eindruck, dass in von männlichen Menschen dominierten Gesellschaften die Privilegien einseitig auf Seiten der männlichen Menschen lagen bzw. auch heute noch liegen. Dies bedeutet, dass viele Gesellschaften ein Handlungsgefüge zeigen, das aufgrund des chemischen Faktors der Sexualität die weiblichen Menschen vielfach unterdrückt, benachteiligt, erniedrigt, verachtet, quält und damit auch eine Form von ‚Bosheit‘ in diese Welt hinein trägt. Statt über die inneren Ursachen eines solchen Verhaltens zu reden, wird über den inneren Faktor Sexualität geschwiegen und im Verhalten ‚Böses‘ gelebt. Noch heute gibt es Gesellschaften, in denen sich (junge) männliche Menschen über Gewalt, Machtausübung und der Vergewaltigung von weiblichen Menschen definieren ( Siehe einige Blogeinträge dazu unter cognitiveagent.org).

Auch hier finden wir das Muster, dass eine im Innern des Menschen chemisch erzeugte Verhaltenstendenz, die subjektiv als Verhaltensdruck empfunden wird, bei dem, der den Druck abbaut, als ‚gut‘ empfunden wird. Bei dem, an dem dieser Verhaltensdruck gewaltsam und darin verachtend ausgelebt wird, wird solch ein Verhalten als ‚böse‘ empfunden. Ein von der Sexualität ohne Kontrolle angetriebener Mensch (genetisch bedingt meist ein männlicher Mensch) erscheint dann phasenweise wie ein ‚Zombie‘, der alles niederreißt und darin für andere eine Form des ‚Bösen‘ verkörpert.

Fortsetzung mit Kapitel 4

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NACHBEMERKUNG ZUM BUCH VON H.RATH – Und Gott sprach: Wir müssen reden!

Hans Rath, „Und Gott sprach: Wir müssen reden!“, Reinbeck (DE): Rowohlt Verlag, 1. November 2013, ISBN-10: 3499259818, ISBN-13: 978-3499259814

1) Wenn mir meine Schwester MDK ein Buch schenkt mit den Worten ‚Das musst Du lesen‘ und mein Schwager in das gleiche Horn stößt, dann muss ich es natürlich trotzdem nicht lesen, aber in diesem Fall habe ich über die Weihnachtstage angefangen, darin zu lesen, und habe es praktisch in einem Rutsch gelesen.
2) Allein das lässt schon drauf schließen, dass das Buch irgendwie — zumindest für mich — ‚an-sprechend‘ gewesen sein muss. Ein Blick auf die Leserreaktionen zu diesem Buch bei Amazon zeigt, dass es aber offensichtlich vielen so gegangen ist, dass sie das Buch an-sprechend fanden.
3) Ich will jetzt hier nicht das Buch im Detail besprechen — habe seitdem schon wieder zu vieles andere gelesen –, aber ich hatte heute ein Gespräch mit meiner Frau über das Buch, das ein paar Gedanken beförderte, die vielleicht auch andere interessieren könnten.
4) Direkt nach der Lektüre zu diesem Buch hatte ich mich zu folgender spontanen Bemerkung hinreißen lassen: … „Als Philosoph und Theologe war ich überrascht, wie Rath schwergewichtige Themen zur Gottesfrage und Theodizee fantasievoll in Alltagsszenen zu verpacken versteht, die interessante Fragen anklingen lassen, ohne sie dogmatisch zu entscheiden. Während die offizielle Theologie in den meisten grundlegenden Fragen bis heute versteckt hinter komplizierten Sprachgebilden anscheinend orientierungslos herumirrt, scheut sich Rath nicht, den Leser mit manch tiefgründiger Frage zu konfrontieren. Allerdings undogmatisch, locker, fast beiläufig; man muss diese Fragen nicht ernst nehmen, man kann es einfach als Unterhaltung lesen; und doch, wer will, wer einen Rest von Sensibilität für den verborgenen Sinn im Alltag besitzt, der kann sich in dieser scheinbaren Leichtigkeit sehr wohl angesprochen fühlen, kann angeregt werden, darin mehr zu sehen, als man vordergründig sehen ‚muss’…. wer sich wirklich durch diese Sprachspiele mehr angesprochen fühlen sollte als nur im Modus der Unterhaltung, der wird nur durch diesen Text möglicherweise nicht sehr weit kommen. Es ist aber keine leichte Frage, welch alternativer Text denn wirklich weiter führt (mit der kleinen Randbedingung, dass er verstehbar sein sollte!). Ich habe einige hundert Bücher zum Thema gelesen. Vielleicht gibt es nicht ‚das‘ Buch, auch wenn wir es gerne so hätten…. “
5) Angesprochen auf die Frage, was ihr denn besonders aufgefallen sei bei der Lektüre des Buches, meinte meine Frau, dass das Buch für sie deutlich mache, dass eigentlich jedes Ereignis im Alltag bedeutsam sein kann, wenn man es entsprechend aufnimmt.
6) Auch hatte sie das Experiment beeindruckt, wie das Leben gelaufen wäre, wenn man selber nicht geboren worden wäre.
7) Letzteres ist natürlich schwer zu rekonstruieren, da es doch sehr viele Unwägbarkeiten umfasst. Doch bei jenen Entscheidungen im eigenen Leben, bei denen man beteiligt war, kann man zumindest auf ‚Tuchfühlung mit dem Schicksal‘ gehen: warum hat man in der Vergangenheit diese oder jene Veränderung vorgenommen? Wieso kam es zu einer bestimmten Entscheidung? Wenn sich Paare gefunden haben: was waren bei jedem einzelnen die Motive, Gefühle und Visionen?
8) Solche und ähnliche Überlegungen können sehr schnell hineinführen in die Welt des ‚Inneren‘ einer jeden Person. Zwar leben wir mit unserem Körper aktuell immer auch in einer Raum-Zeit-Welt mit realen Objekten, mit realen anderen Menschen, die auf uns auf vielfältige Weise einwirken können und wir auf diese, aber zugleich, in jedem Moment, sind wir eingebettet in eine ‚Wolke‘ von Bedürfnissen, Emotionen, Gefühlen, Stimmungen, interpretierenden Erfahrungen, die uns die Welt in einem bestimmten ‚Licht‘ erscheinen lassen. Jeder hat da seine ‚bevorzugte‘ Interpretation (oder lässt man sich unbestimmt treiben?), die darüber entscheidet, wie man die ‚Dinge bewertet‘: morgens, es wird hell; muss ich aufstehen wegen der Arbeit oder kann ich noch einen Moment liegen bleiben, da es Wochenende ist. Hat der Partner mir die Tasse Kaffee/ Tee einfach so gebracht, weil er/sie mich liebt oder musste ich sie mir selbst holen? …
9) Wenn man sein Leben geändert hat (neue Wohnung, neue Ausbildung, neue Firma, …) gingen diesen Änderungen meist auch ‚innere Prozesse‘ voraus: verschiedenst Gefühle/ Stimmungen ‚gegen‘ das ‚Alte‘ und solche ‚für‘ das ‚Neue‘. Sind diese ‚zufällig‘? Sind sie ‚vernünftig‘? Hat man ausschließlich auf die ‚Umgebung‘ reagiert?
10) Solange man kein klares Bild von seiner ‚inneren Welt‘ hat ist es schwer, zu sagen, ob der Klärungsprozess für eine bestimmte Entscheidung ‚rational‘ war, ‚vernünftig‘, bloß nach ‚Bauchgefühl‘, ‚angstgetrieben‘, ‚fehlgeleitet‘, eine ‚Kurzschlusshandlung‘, ’spirituell erleuchtet‘, oder was auch immer.
11) Die Frage nach einem möglichen Sinn entscheidet sich aber letztlich — wie sonst? — ausschließlich über eine Kette von solchen Entscheidungssituationen, bei denen ja oft (meistens?) auch noch andere Menschen mit deren Entscheidungen beteiligt waren. Wenn allen ihre eigenen Klärungsprozesse ‚unklar‘ sind, ist praktisch kein Sinn erkennbar. Wenn zumindest ein Beteiligter für sich einen ‚Sinn‘ in seinem Entscheiden und Verhalten erkennen kann, dann kann eine Erfahrung von Sinn und ein Reden über Sinn stattfinden. Natürlich ist dies nie ‚zwingend‘, da es letztlich eine ‚Interpretation‘ darstellt. Aber es gibt die Auffassung (sehr verbreitet in den Traditionen der Mystik (und bei Menschen mit viel Lebenserfahrung)), dass es im Bereich des ‚inneren Lebens‘ doch ‚Kriterien‘ gäbe, an denen man erkennen könnte, ob man auf ‚dem richtigen Weg‘ sei. Sollte dies zutreffen, dann wären hier möglicherweise die Ansatzpunkte für eine ‚Grammatik des Sinns‘ auf der Ebene des individuellen Lebens gegeben.
12) Über einen solchen ‚empirisch fundierten Sinn‘ gäbe es dann möglicherweise auch eine ‚Bindeglied‘ zu dem ansonsten schwer fassbaren Begriff ‚Gott‘. Was man sich unter ‚Gott‘ (jede Sprache hat ihre eigenen Bezeichnungen für das deutsche Wort ‚Gott‘: ‚deus‘, ‚elohim‘, ‚jhw‘, theos,…) vorstellen soll, ist nirgendwo definiert. Sofern es aber eine ‚Sinnerfahrung‘ auf der individuellen Ebene gibt, tangiert dieser Sinn irgendwie das Konzept Gott, da ‚Sinn‘ sich mit eben solch einer ‚wie auch immer gearteten Gott-Existenz‘ verknüpfen kann (nicht notwendigerweise muss).
13) Genauso, wie wir heute unser ‚Bewusstsein‘ besser verstehen können, weil wir das Gehirn besser verstehen, das diese Bewusstseinserfahrungen zumindest mit-verursacht, genauso kann man auch den individuellen Sinn besser verstehen, wenn man die umgebenden ‚Großprozesse‘ besser versteht, in denen wir als Lebewesen vorkommen. Die biologische Evolution hat sowohl unser Gehirn mit unserem Bewusstsein mit hervorgebracht genauso wie unsere gesamte Lebensform durch diesen Prozess entstanden ist. Wir sind keine isolierten verlorenen Punkte in der Raum-Zeit, sondern ‚Ergebnisse von komplexen Prozessen‘, Teile solcher Prozesse und zugleich ‚Hervorbringer‘ solcher Prozesse. Der individuelle Sinn lässt sich nicht von diesem Gesamtprozess ablösen. Genau sowenig wird man ‚Gott‘ (was immer damit ansonsten gemeint sein mag) verstehen können, wenn man diesen Prozess als solchen nicht versteht.
14) Dies alles vorausgesetzt entsteht ein gewisses ‚Paradox‘: einerseits ‚verschwindet‘ das Individuelle als Teil des Gesamtkontextes; andererseits realisiert sich der Gesamtprozess auch und wesentlich durch das ‚Innenleben‘ der beteiligten Akteure. Ein menschlicher Akteur kann sich im Grenzfall ‚verweigern‘ durch ‚Nichtstun‘, durch ‚Anderes Tun‘, durch ‚Freitod‘. Indem ein Mensch etwas ‚anderes‘ tut als von ihm ‚erwartet‘ wurde, kann er lokal den Prozess verändern. Beispiele dafür, dass dies zu nachhaltigen Veränderungen ganzer Gesellschaften geführt hat gibt es mehr, als man denkt. Nur einige wenige prominente Beispiele: Jesus von Nazareth, Mohammed, Galilei (und Co), Goedel und Turing, Gandhi, M.L. King, osteuropäische Revolutionen von 1989, Mandela, …. Weil diese Menschen in ihrem ‚Innenleben‘ Dinge gedacht und Gefühle zugelassen haben, die von dem allgemeinen Stil ‚abwichen‘ (= Kreativität! Politisch unkorrekt!…) , haben sie ihren Alltag verändert, und ihr Alltag hat wieder den Alltag anderer Menschen verändert, usw.
15) Wenn es einen ‚höheren/ größeren/ übergreifenden… Sinn‘ geben sollte, er kann sich nur über das Verhalten der Akteure realisieren, sofern sie ‚innere Freiheitsgrade‘ haben. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass alle Akteure aus ‚Materie‘ bestehen, die wiederum nur eine ‚Zustandsform von Energie‘ ist, und die Energie des Universums — soweit wir heute wissen — besitzt alle denkbaren Freiheitsgrade……ein konkretes Universum wie unseres stellt in diesem Kontext mindestens eine ‚Information‘ im Sinne der Shannonschen Informationstheorie dar (z.B. ‚hochunwahrscheinliche Kombination‘), möglicherweise aber auch eine ‚Bedeutung‘ im Sinne eines semiotischen Prozesses….
16) Zu welchen Gedanken die Lektüre eines Buches mit anschließendem Gespräch so führen kann …

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65 – ALTWERDEN – RÄTSEL DES GEISTES…

1) Die einen sind es noch nicht, andere wollen es nicht wahrhaben, dass sie es sind, einige sind es und wundern sich: sie sind ‚alt‘.
2) Nun muss man ja nichts tun, um ‚alt‘ zu werden; wenn die ‚Umstände‘ stimmen, keine Krankheit, Unfall, Krieg oder Tod einen dahinraffen, dann ist man irgendwann in einem Zustand, den man gemeinhin als ‚alt‘ bezeichnet.
3) Äußerlich kann man es an der Haut erkennen, an den Haaren (vorausgesetzt, Leute ‚tarnen‘ sich nicht bewusst und mit viel medizinischem Aufwand als ‚jung‘), bisweilen an der Haltung, am Gang, an der Häufigkeit des Toilettenbesuches, am Klang der Stimme,…
4) Das Verhalten kann anders werden, ….
5) … das Denken auch ….
6) Wie man es auch dreht und wendet, der eigene Körper ist nicht mehr der von 55, 45, 35, … 15 …. 5 … 1..Jahre(n).
7) … er hat sich verändert, so wie sich alle Dinge ändern. Alles ist in einem großen Fluss.
8) Als die Wissenschaft als Geologie im großen Stil (besonders durch Charles Lyell (1797 – 1875)), zu begreifen begann (im Bereich des Biologischen unterstützt durch die Evolutionstheorie von Charles R.Darwin (1809-1882)), dass die Erde sich in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess befindet, der alle Bereiche umfasst, da wurde das individuelle Altern Teil eines großen Gesamtgeschehens.
9) Dennoch mildert diese Einsicht nicht unbedingt die individuelle Paradoxie, dass der individuelle Geist nach der Zeugung in einem ‚Haufen von Zellen‘ ‚erwacht, sich im Laufe der Monate und Jahre in diesem Zellhaufen genannt ‚Körper‘ mühsam ein ‚Bild‘ von diesem Zellhaufen und seiner möglichen Umgebung formt, ein Bild, das immer weiter wachsen kann, das sich immer mehr verfeinern kann, das die materiell erscheinende Welt mit ihren Veränderungen im Innern des Zellhaufens als ‚inneres Abbild‘ eines ‚Äußeren‘ quasi ‚Wiedererstehen‘ lässt, um sich dann beim Zerfallen dieses Zellhaufens (beim Sterben, beim ‚Tod‘) wieder in ‚Nichts‘ aufzulösen.
10) Welchen ‚Sinn‘ macht dies?
11) Das biologische Leben ist bislang mit Abstand das Komplizierteste, was wir in diesem Universum entdeckt haben. Das ‚Aufscheinen‘ des ‚Geistes‘ durch all diese materiell erscheinenden Prozesse hindurch das weithin immer noch Unfassbare, das sich in jedem biologischen System zeigt; die vielen Milliarden Jahre, bis es soweit kommen konnte, bis ‚Geist‘ sich im gemeinsamen Verstehen und Tun zu Gesellschaft, Kultur, Technik verbinden konnte…
12) Warum baut sich ein ‚Geist‘ in einem Zellhaufen mühsam auf, leuchtet auf in einer gemeinsamen Vision möglichen Lebens, und löst sich dann wieder auf, möglicherweise ’nachwirkend‘ in anderen noch lebenden ‚Geistern‘, oder auch nicht.
13) So schwer es für einen einzelnen ist, dieses Geschehen irgendwie zu begreifen, so schwer tun wir uns zusammen, dieses Gesamtgeschehen angemessen zu deuten: in dem bis heute einzig bekannten realen Universum arbeiten alle Prozesse zusammen, so dass an den Rändern einer unvollendeten Entropie etwas entsteht, aufleuchtet, das wir ‚Leben‘ nennen, ‚Geist‘, das sich die noch vorhandene energetische Ungleichheit zunutze macht, um aufgrund der vorhandenen ‚energetischen Differenz‘ dies in ein biologisches Format ‚transformiert‘, so dass in jeder einzelnen Zelle der verschiedenen Zellhaufen (der menschliche Körper umfasst ca. 100 Billionen (=10^12) Zellen!) eine Energiedifferenz künstlich aufrecht erhalten wird, die die Zelle befähigt, ‚Arbeit‘ zu leisten. Von den 100 Billionen Zellen sind etwa 100 Milliarden (=10^9) dem ‚Gehirn‘ zugeordnet, die speziell für die ‚Konstruktion‘ des ‚inneren Bildes zuständig sind. 100 Milliarden individuelle Energiedifferenzen ermöglichen das, was wir ‚Wahrnehmung‘, ‚Fühlen‘, ‚Erinnern‘, ‚Denken‘, ‚Sprechen‘ usw. nennen.
14) Darf man sich darüber wundern?
15) Ist es nicht fantastisch, wie sich an der entropischen Bruchstelle des bislang einzig bekannten Universums (natürlich kann es möglicherweise noch andere Universen geben; warum auch nicht; es würde nichts Wesentliches an dem ändern, was wir sind und was wir meinen erkannt zu haben) ein Differenzmechanismus wie eine Blume in der Wüste entwickelt hat? In dem auf den ersten Blick so ‚tot‘ erscheinendem Universum ‚entsteht‘ anscheinen aus dem ‚Nichts‘ etwas ‚Lebendes‘, etwas ‚Geistiges‘, das sich seit seiner Entstehung immer mehr ausweitet, immer mehr differenziert, und natürlich immer mehr Energie benötigt, da es ja nur als künstliche Energiedifferenz existiert, die zu ihrem ‚Erhalt‘ Energie benötigt. Rein physikalisch bedeutet dies, dass diese Erscheinung eines auf ‚gemanagter Energiedifferenz‘ basierenden ‚Lebens‘ und ‚Geistes‘ in der Zukunft zwangsläufig enden wird, wenn alle verfügbare freie Energie aufgebraucht ist.
16) Ferner gilt, dass alle Zellhaufen, die ’sterben‘, ihr ‚Material‘ (Atome) wieder an die Erde (ihre Umgebung) ‚zurückgeben‘, und alle neuen Zellhaufen sich aus eben diesen wieder rekrutieren.
17) … In all dem liegen viele Antworten, die wir noch nicht verstehen. Die ‚Verdichtung‘ des Geistes auf der Erde schreitet voran. Unsere Psyche, unsere Lebensformen hinken vielfach noch hinter her. Unser Verstehen klammert sich an alte, vergangene Formen und Muster, wir erzeugen so oft mehr ‚Leid‘ als ‚Glück’…..
18) … trotzdem sollten wir Momente des Überwältigtseins, Momente des Glücks, Momente der Erkenntnis nicht missachten. Sie sind wie Lichter in einer großen Dunkelheit, die uns helfen können, Orientierungen zu finden für etwas, das vermutlich noch niemand wirklich versteht.
19) Formell an einen ‚Gott‘ zu glauben ist einfach. Aus und mit und in einem ‚Gott‘ real zu leben, das ist eine ganz andere Geschichte; das geht nur durch Preisgabe des ganzen Lebens ohne Reserven…..

MENSCHWERDUNG GOTTES – UND WIR – Teil 2

(Letzte Änderung im Anhang: 9.Jan.2013)

  1. In meinem Blog vom 24.Dez.2012 (siehe: https://www.cognitiveagent.org/2012/12/24/weihnachten-2012-menschwerdung-gottes-und-wir/ ) — etwa ab Nr.11 – habe ich versucht jene Eckwerte zu benennen, die aus heutiger Sicht gelten, wenn wir über die mögliche Beziehung eines jeden Menschen (letztlich von jedem Lebewesen, von jedem Materiellen, von allem in diesem Universum) zu Dem-mit-‚Gott‘-Gemeinten nachdenken. Ich möchte dabei nochmals betonen, dass ich diesen Eintrag am 24.Dez. spontan geschrieben habe; ich hatte nicht vor, dazu etwas zu schreiben. Aber dann habe ich es irgendwie doch getan und bin selbst ein wenig überrascht von dem, was dabei ‚zutage‘ getreten ist…
  2. Das Problem mit diesem Blogeintrag vom 24.Dez.2012 ist, dass diese Gedanken, sofern sie ‚wahr‘ sind, eigentlich ‚über sich‘ hinaus weisen in dem Sinne, das jeder Mensch, jeder Zeit, überall, mit Gott in unmittelbarer Beziehung steht und diese Beziehung individuell persönlich jederzeit nutzen und ausgestalten kann (ein Gedanke, der sich sowohl im alten Testament (Ursprache Hebräisch mit frühen Übersetzungen u.a. ins Lateinische und Griechische) an vielen Stellen findet (u.a. Propheten Jeremiah und Jesajah) wie auch im Neuen Testament (Jesus ’selbst‘ (mit einer letzten Unsicherheit immer, da bei keinem Text sicher ist, wieweit er auf Jesus selbst zurückgeht) wie auch die Bilder von der ‚Geistaussendung‘ nach dem Tod Jesu wie auch u.a. der berichteten Gotteserfahrung des Saulus, ebenfalls nach dem Tod Jesu, die ihn dazu brachte, sein Leben zu ändern). (Anmerkung: während Jesus eher Aramäisch/ Hebräisch gesprochen haben soll, ist der Urtext des Neuen Testaments das damalige Umgangsgriechisch (Koine). Allein schon aus diesem Sachverhalt ergibt sich, dass zwischen den Worten Jesu und den unbekannten Autoren des griechischen Textes verschiedene Übersetzungs- und damit Interpretationsprozesse stattgefunden haben müssen).
  3. Jetzt kann man sich spontan fragen, na und, wenn das so ist, warum kann ich dann nicht direkt mit Dem-mit-‚Gott‘-Gemeinten sprechen? Diese Frage haben sich in der Vergangenheit schon sehr viele Menschen gestellt, viele viele Tausend, und nicht wenige viele viele Tausend haben von sich gesagt, dass Sie in ihrem Leben etwas erfahren haben, was sie als ‚Erfahrung mit Gott‘ bezeichnen würden. Man denke z.B. nur an das wunderbare Buch des berühmten Psychologen William James (1842-1910) The Varieties of Religious Experience, in dem er versucht, die historischen Berichte von Menschen über ihre Gotteserfahrung so ‚empirisch wie möglich‘ zu rekonstruieren. Aber seit dem Tod Jesu (von entprechenden Erfahrungen außerhalb der christlichen Religion(en) gar nicht zu reden) gab es unfassbar viele Menschen, die solches erfahren und berichtet haben. Besonders gut dokumentiert sind natürlich die Erfahrungen jener Männer und Frauen, die durch das, was sie ihre Erfahrung mit Dem-mit-‚Gott‘-Gemeinten nennen, dann ihr Leben soweit geändert haben, dass dies für ihre Umgebung ’sichtbar‘ und erfahrbar wurde. Unter diesen ragen dann nochmals besonders jene hervor, die durch ihre veränderte Lebensweise andere Menschen so beeindruckt haben, dass Sie ‚religiöse Lebensgemeinschaften‘ gebildet haben, auch solche, die dann innerhalb der Kirchen ‚offiziell anerkannt‘ wurden als solche religiöse Lebensgemeinschaften, kurz ‚Orden‘ genannt (ich selbst war einmal 22 Jahre Mitglied eines solchen Ordens).
  4. Klingt das nicht wunderbar: viele, viele tausend Menschen erfahren etwas, das sie mit Dem-mit-‚Gott‘-Gemeinten in Verbindung bringen, gestalten ihr Leben daraufhin merklich neu, manchmal sehr radikal, um ein ‚Zeichen‘ zu setzen? Sie initiieren neue sozial Strukturen in Form neuer Lebensgemeinschaften, die z.T. nicht nur Generationen, sondern sogar Jahrhunderte überdauern, quer zu sozialen Schichten, quer zu Nationalitäten. Ja, in gewisser Weise ist es wunderbar, geradezu unfassbar: z.T. entgegen herrschenden gesellschaftlichen Regeln ohne Rücksicht auf ‚übliche‘ gesellschaftliche ‚Würden‘, ohne Rücksicht auf soziale Absicherung usw. haben religiöse Menschen in der Vergangenheit ihren Alltag, ihre Zeit gestalterisch gelebt.
  5. Bei aller Begeisterung muss man aber auch hier nüchtern bleiben und feststellen, neben vielen wunderbaren Beispielen gab und gibt es auch die Beispiele, bei denen man den Eindruck hat, dass es bei dieser Art ‚religiöser Lebensgestaltung‘ um alles andere geht als um eine Lebensführung, die in einer lebendigen Beziehung mit Dem-mit-‚Gott‘-Gemeinten steht, d.h. ‚Verirrung‘ und ‚Missbrauch‘ sind auch hier niemals gänzlich ausgeschlossen; nur weil einer eine religiöse Beziehung leben will heißt dies natürlich nicht automatisch, dass er dies auch tatsächlich kann. Warum eigentlich nicht? Ist Das-mit-‚Gott‘-Gemeinte nicht per se so ‚allmächtig‘, dass dann ‚alles geht‘, dass dann ‚alles erkannt wird‘, dass man dann nur noch ‚gut‘ ist?
  6. Hier nähern wir uns dem zentralen Punkt einer ‚Lebensführung‘, die vollständig aus einer Beziehung zu Dem-mit-‚Gott‘-Gemeinten geschehen soll.
  7. Auch wenn wir nach dem heutigen Wissensstand sagen können, dass die Lebensform des homo sapiens sapiens als Teil eines umfassend gigantischen Komplexes genannt ‚Leben‘ mit zu den absolut unglaublichsten Erscheinungen gehört, von denen wir im bekannten Universum bislang Kenntnis erlangt haben, so wissen wir auch, dass dieser homo sapiens sapiens, als jeder von uns, die wir uns Menschen nennen, in seiner konkreten leiblichen Existenz einer Reihe von materiellen Bedingungen unterworfen ist, die die Art und Weise festlegen, wie wir wahrnehmen, erinnern und denken können, welche körperlichen Bedürfnisse wir haben, welche emotionalen Zustände wir empfinden können, wie wir mittels Sprache (= Symbolen) uns mitteilen können, usw. Mit diesem konkreten Körper, so wie er jetzt ist (im Rahmen der Evolution und den neuen Möglichkeiten der Gentechnologie aber nicht sein muss und sich zwangsläufig weiter verändern wird), gibt es ganz klar Dinge, wie wir aktuell können, vor allem aber auch, die wir aktuell NICHT können.
  8. Wenn jemand also glaubt, dass Das-mit-‚Gott‘-Gemeinte Teile dieser aktuellen konkreten Struktur außer Kraft setzen würde, der irrt. Warum sollte Das-mit-‚Gott‘-Gemeinte dies tun nachdem – bleiben wir in diesem Bild – es/ er/ sie sich ca. 13.6 Mrd Jahre Zeit genommen hat, um dieses unglaubliche Wunderwerk Leben und darin den homo sapiens sapiens so ‚enstehen‘ zu lassen, wie er nun mal entstanden ist. Bedenkt man das (letztlich alle Vorstellungen sprengende) Potential, das notwendig sein musste, damit das bekannte Universum entstehen konnte, dann wäre es ‚im Prinzip‘ natürlich ein Leichtes, in jedem Moment alles ‚zu verändern‘. Doch, warum sollte dies geschehen. Der ‚Sinn‘ des Ganzen – sofern es überhaupt einen Sinn gibt – liegt ja gerade in dieser Konkretheit des Gewordenen, darin, wie es ‚ist‘, etwas , das uns die sogenannten Naturwissenschaften in den letzten 100 – 500 Jahren mühevoll, schrittweise, aufzeigen konnten (wobei dieser Prozess sicher noch nicht an seinem Ende angekommen ist).
  9. Der Hang zur Wundergläubigkeit bis hin zu allen möglichen Spielarten von sogenannter Magie – auffindbar zu allen Zeiten, quer zu allen Kulturen, auch in den Religionen — entspringt kindlichen Machtfantasien gepaart mit einer gehörigen Portion Unwissenheit, mit denen Menschen gerne ihre scheinbare Kleinheit und Hilflosigkeit im Alltag vergessen machen möchten. Es ist wie eine Art ‚kognitiver Droge‘. Letztlich verdunkeln solche Gedanken aber die Erkenntnis dessen was wirklich ist. Und das, was ‚wirklich‘ ist, enthält real mehr und größere Wunder als alles, was wir uns gewöhnlich so vorzustellen vermögen (verglichen damit selbst die wildestens Wunder-, Magie- und Horrorgeschichten wirklich nur ‚Kinderkram‘ sind).
  10. Also, wir, Exemplare der Art homo sapiens mit der Unterart homo sapiens sapiens, sind während unseres körperlichen Daseins sehr konkreten Bedingungen unterworfen, die aus einem Prozess hervorgegangen sind, der nach heutigem Erkenntnisstand ca. 13.6 Milliarden Jahre gedauert hat. Nimmt man an, dass dies alles einem ‚göttlichen Plan‘ entspricht (man muss dies nicht annehmen, aber wir tun jetzt mal so, als ob es so wäre), dann muss man akzeptieren, dass es genau diese ‚Konkretheit‘ ist, in und durch die sich ‚etwas aussagen kann‘ (sofern überhaupt etwas ausgesagt werden soll). In religiösen Termini würde man hier von einer möglichen ‚Offenbarung‘ (lat.: ‚revelatio‘) sprechen, nämlich einer Art ‚Sichtbarwerdung‘ von Strukturen, Sachverhalten, die vor dieser Sichtbarwerdung einfach nicht bekannt waren, und deren Sichtbarwerdung dem menschlichen Erkennen und Wollen vorausgeht. In unserem menschlichen Erkennen finden wir dies alles vor, einschließlich unserer selbst. Allerdings, und das haben wir in den letzten paar tausend Jahre mühsam gelernt (bzw. konnten wir lernen), ist der Prozess als solcher eine Sache, unsere Kenntnisnahme von diesem Prozess bzw. unser Verstehen dessen, was man zur Kenntnis nehmen kann, war bislang sehr langsam, eher mühsam, schleppend. Vielleicht kann man sagen, dass er sich in den letzten 100 bzw. 50 Jahren ‚beschleunigt‘ hat. Auf jeden Fall ist das Hauptproblem – soweit wir heute erkennen können – nicht der ‚Mangel‘ an Wahrheit in Form von sich ereignenden Prozessen von schier unfassbaren Eigenschaften, sondern unsere Schwachheit und Unfähigkeit das, was sich ereignet, ‚zur Kenntnis‘ zu nehmen. Wir sind die meiste Zeit entweder mit ‚Überlebensfragen‘ beschäftigt oder ‚mit uns selbst‘ und haben kaum bis gar keine Zeit, um unsere Fähigkeit zu ‚Wissen‘, zu ‚Verstehen‘ und dieses Wissen ‚praktisch zu nutzen‘ zu entwickeln. D.h. wir paralysieren uns selbst.
  11. Bislang war es so, dass alles, einschließlich uns selbst, entstanden ist, ohne dass wir – bildlich gesprochen – den kleinsten Finger dafür krumm gemacht hätten. Dies ging nicht ohne große Dramen ab, verglichen mit denen die Katastrophen der letzten paar tausend Jahre winzig erscheinen. Dennoch scheint der Prozess des Lebens im Universum eine neue Qualität dahingehend gewonnen zu haben, dass dieser Prozess mit dem homo sapiens sapiens eine Spezies hervorgebracht hat, die nicht nur erstmalig ’sich selbst‘ in einem kleinen Umfang verstehen kann, sondern mit dem aktuell möglichen begrenzten Verstand immerhin so viele Kräfte der Natur nutzen und verändern kann, dass eine Auslöschung des gesamten Lebens prinzipiell nicht mehr unmöglich ist. Ein wichtiger Bestandteil des Universums – nach heutigem Kenntnisstand – wäre damit zerstört. Damit bekommt die aktuelle ‚Geistigkeit‘ der Spezies homo sapiens sapiens eine neue Qualität: das ‚Mehr‘ an ‚Migestaltungsmöglichkeiten‘ zieht ein ‚Mehr‘ an ‚Verantwortung‘ nach sich. Dabei geht es niemals nur um einen einzelnen. Es geht immer um das ‚Ganze‘ des Lebens. Aus Sicht des einzelnen mag dies Ganze oft so ‚unwirklich‘ erscheinen, aber jeder einzelne existiert in einem umfassenden Sinne nur und ausschließlich weil es dieses Ganze gibt, von dem er in jedem Augenblick zu 99,9999… % abhängig ist. All sogenannten Ethiken, Moralvorstellungen, Gesetze und dergleichen, die dies nicht artikulieren, sind im Ansatz schlicht und einfach falsch. Sie widersprechen diametral der grundlegenden Wahrheit des Lebens.
  12. … eigentlich noch nicht zu Ende ..

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Hier als Anhang ein musikalisches Fragment aus meinen Experimenten: Sternenzeit . ‚Im Kopf‘ soll der Song eigentlich anders klingen. Mir fehlen aber schlicht die Mittel, das so umzusetzen wie ‚gedacht‘. Habe zumindest mal die Idee festgehalten, ein Fragment. Es geht um das Leben in diesem Universum, das von der Sternenzeit geprägt ist, aber in dieser scheinbaren Undendlichkeit ist mit dem Leben etwas sichtbar geworden, etwas aufgebrochen, was eigentlich alles Bisherige sprengt. Dies zu verstehen, dies auszudrücken, da mangelt es bislang überall an Mittel, an Ausdruck, vielleicht sogar am vorauseilenden Verstehen, und sei es noch so intuitiv. Es geht hier um mehr als ‚Romantik‘, ‚Naturglückseligkeit‘, es geht um das ‚Herz der Materie‘, ‚um den Atem des Geistes im gesamten Universum‘, um ein unvorstellbares Ereignis jenseits aller Kategorien, eine ‚pure Singularität‘. Kurzweil und Co räsonnieren über einen speziellen Fall von Singularität, einen, der viele logische Löcher aufweist; tatsächlich haben wir aber schon längst einen Fall von Sigularität unvorstellbaren Ausmasses, eine Singularität, von der wir alle ein Teil sind, ein lebendiger Teil, ein reales Daseiendes, Mitwirkendes in einem realen kosmischen Netz. Denken kann man es kaum; ahnen irgendwo, irgendwie; fühlen…???

SINN, SINN, und nochmals SINN

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 20.März 2012
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

Letzte Änderungen: 16.Februar 2019 (Kontext eingefügt sowie im Text kursive Hervorhebungen)

KONTEXT

Zum Thema ‚Sinn‘ hab es zwei  vorausgehende Beiträge mit den Titel „Zur Grammatik des Sinns„ sowie „Weil es Sinn gibt, kann sich Wissen akkumulieren, das Sinn sichtbar macht. Oder: warum die Frage ‚Warum gerade ich?‘ in die Irre führen kann„. Beide Beiträge sind ziemlich  grundsätzlich und können den vorliegenden Text weiter vertiefen.

(1) Wie die vorausgehenden Beiträge auf unterschiedliche Weise gezeigt haben, führt die Frage nach dem ‚Sinn‘ (eng verknüpft mit der Frage nach der Wahrheit), wenn man sie ernsthaft stellt, schnell auf allerlei ‚Randbedingungen‘ des ‚Erkennens‘, die nicht nur ‚passiver Natur‘ sind (was ‚uns geschieht‘), sondern zugleich auch vielfältiger ‚aktiver‘ Momente (was ‚wir tun‘), damit wir überhaupt etwas erkennen, ‚wie‘ wir erkennen, ‚wann‘, ‚wo‘, usw. ‚Erkennen‘ zeigt sich somit als ein komplexes Geschehen, eingebettet in eine Vielzahl von Randbedingungen, die eine unüberschaubare Anzahl von Möglichkeiten zulassen.

(2) In jeder dieser unendlich vielen Kombinationen haben wir ein Erkenntniserlebnis, was immer auch die aktuelle Konstellation sein mag (Fernsehen gucken, Lesen, Laufen, reden, arbeiten, Malen, Streiten, Internet surfen, ….). Dieses aktuelle Erlebnis ist als Erlebnis ‚real‘. Wir können uns diesem realen Erleben nicht entziehen. Wir sind ‚mitten drin‘. Und wenn wir über das, was wir erleben, nicht explizit und zusätzlich ’nachdenken‘ (reflektieren…), dann ist die Welt das, was wir aktuell faktisch erleben (Wittgensteins berühmter Satz ‚Die Welt ist, was der Fall ist‘ (der in einem ganz bestimmten Kontext geäußert wurde) würde hier jetzt genau dies bedeuten: die Welt ist, was ich erlebe (was Wittgenstein genau vehement abstreiten würde (das war sein Problem…)). Denn nur das haben wir zur Verfügung (oder, wie zuvor mehrfach ausgeführt, das ist das, was das Gehirn ’sich selbst‘ aufgrund der verfügbaren Signale ‚zubereitet‘ (… wobei ‚Gehirn‘ ein komplexes theoretisches Konzept ist, dessen Anführung in diesem Kontext für viele Leser eher irreführend als zielführend sein kann)).

(3) Was die Sache mit dem Erleben (aus theoretischer Sicht) ’schwierig‘ macht (mit den entsprechenden weitreichenden Folgen für das alltägliche praktische Leben), ist die Tatsache, dass unser Erleben (wie jetzt schon oft besprochen) keine 1-zu-1-Abbildung von ‚Dingen außerhalb des Körpers‘ ist, sondern eine permanente dynamische Konstruktionsleistung unseres Gehirns, das aktuell verfügbare Signale mit schon zuvor ‚erworbenen (gelernten?)‘ Daten (Erinnerung, Gedächtnis) ‚verrechnet‘ und ‚Arbeitshypothesen‘ entwickelt, wie das alles ‚zusammenpassen‘ (Kohärenz, Konsistenz…) kann. Da das Gehirn endlich ist und in knapp bemessener Zeit aus einer Signalflut permanent auswählen muss, fallen beständig Sachen unter den Tisch, werden ausgeklammert, werden Dinge ‚vereinfacht‘ usw. Auf der ‚Habenseite‘ dieses atemberaubenden Geschehens verbleibt aber ein ‚Erkenntniseindruck‘, der ‚uns‘ das Gefühl vermittelt, wir ’sehen‘ etwas, wir ‚hören‘, usw.

(4) Dieser permanente Rückgriff auf ’schon Bekanntes‘ hat den großen Vorteil, dass die meist unvollkommenen Daten durch den Bezug auf ‚Ähnliches‘ ‚ergänzt‘ (interpretiert, gedeutet…) werden können und damit der ‚Entscheidungsprozess‘ während der ‚Berechnung‘ der ‚möglichen Strukturen in den Signalströmen‘ in Richtung des ’schon Bekannten‘ geleitet und damit abgekürzt werden kann (in Experimenten im Rahmen der Phonetik konnte man zeigen, dass Menschen bei der Identifizierung von akustischen Signalen ohne ‚Kontextwissen‘ deutlich schlechter waren, als mathematische Algorithmen für die Signalerkennung. Sobald die Menschen aber nur ein wenig Kontextwissen besaßen, waren sie den Algorithmen (nachvollziehbarerweise) deutlich überlegen. Andererseits konnte man sie dadurch aber auch gezielter ‚manipulieren‘: wenn man weiß, welches Kontextwissen bei einem bestimmten Menschen ‚dominant‘ ist, dann kann man ihm Daten so servieren, dass er diese Daten ’spontan‘ (wenn er nicht kritisch nachdenkt) im Sinne seines Kontextwissens interpretiert und damit zu ‚Schlüssen‘ kommt, die mit der tatsächlich auslösenden Situation gar nichts mehr zu tun haben).

(5) Diese ambivalente Rückwirkung des ’schon Bekannten‘ wird noch komplexer, wenn man berücksichtigt, dass mit dem Erlernen einer Sprache die ‚Gegenstandswelt‚ erweitert wird um eine ‚Welt der Zeichen‚, die auf diese Gegenstandswelt (und auf sich selbst!) auf vielfältige Weise ‚verweisen‘ kann. Ein sprachlicher Ausdruck als solcher ist auch ein reales Erlebnis, das aber – im Normalfall – von sich weg auf etwas ‚Anderes‘, auf seine ‚Bedeutung‘ ‚verweist‘. Jede mögliche Bedeutung ist letztlich immer erst mal wieder nur ein Erlebnis, das irgendwann einmal stattgefunden hat, und sei es als bloß ‚Imaginiertes/ Vorgestelltes/…‘. D.h. die Verwendung der Sprache als solche führt nicht grundsätzlich über den Bereich des Erlebbaren hinaus. Ein Denken mit Hilfe von sprachlichen Ausdrücken ist nur ’strukturierter‘, ‚berechenbarer‘, ‚handhabbarer‘ als ein Denken ohne sprachliche Ausdrücke. Sprache erlaubt die ‚wunderbare Vermehrung der Dinge‘, ohne dass real die Dinge tatsächlich vermehrt oder verändert werden (ein Roman von vielen hundert oder gar über tausend Seiten kann für den Leser ein sehr intensives ‚Erlebnis‘ erzeugen, gestiftet von einem bunten Strauss von sprachlich induzierten ‚Vorstellungen‘, die als solche real sind, ohne dass diesen Vorstellungen irgendetwas in der Außenwelt entsprechen muss.

(6) Mit den modernen Medien (Film, Fernsehen, Video, Computeranimation…) wird die Erzeugung von ‚Vorstellungen‘ nach ‚außen‘ verlagert in ein Medium, das Erlebnisse erzeugt ’scheinbar wie die Außenwelt‘, die aber ‚willkürlich erzeugt‘ wurden und die mit der empirisch-realen Welt nichts zu tun haben müssen. Dem ‚Erlebnis als solchem‘ kann man dies u.U. Nicht mehr ansehen, sofern man nicht (wie auch in allen anderen Fällen) sehr bewusst ‚kritisch‘ Randbedingungen überprüft und berücksichtigt. Während das Lesen eines Romans ‚als Lesen‘ deutlich macht, dass alle durch das Lesen induzierten Erlebnisse ‚künstlich‘ sind, kann das sehen/ hören/ fühlen… eines künstlichen Mediums die Einsichtsschwelle in die ‚Künstlichkeit‘ immer ‚höher‘ legen. Ein Film über ‚Erfundenes‘ neben einem Film über ‚empirisch-Reales‘ ist nicht mehr ohne weiteres identifizierbar.

(7) Sofern man nicht explizit die Frage nach der ‚Wahrheit‘ stellt (ich definiere ‚Wahrheit‘ hier jetzt nicht; siehe dazu die vorausgehenden Reflexionen) sind alle diese möglichen Erlebniswelten (real-empirisch bezogen oder beliebig generiert) aus Sicht des Erlebens ‚gleichwertig‘. Wer hier nicht ausdrücklich immer darauf achtet, was wann wie von wem mit welcher Absicht usw. ‚erzeugt‘ wurde, für den verschwimmen alle diese erlebnisfundierten Bilder zu einem großen Gesamtbild, wo jedes jedes ‚interpretiert‘ und wo die Frage nach der Wahrheit aus den Händen gleitet. Dennoch bieten alle diese Bilder – so verzerrt und willkürlich sie auch sein mögen – für den, der sie ‚hat‘ eine ‚Interpretation‘ und damit einen ‚möglichen Sinn‘. Ohne die ‚Gewichtung‘ durch den Aspekt der Wahrheit sind alle diese ‚möglichen Sinne‘ ‚gleichwertig‘. Es gibt im Bereich des möglichen Sinns keine ausgezeichnete Instanz, die einen besonderen Vorzug verdienen würde. Entsprechend ‚bunt‘ ist das Bild, das sich bietet, wenn man schaut, was Menschen alles für ’sinnvoll‘ halten. Es kann für jemand anderen noch so ‚grotesk‘ erscheinen, für den ‚Besitzer‘ dieses Sinns ist es ‚der allein Seligmachende‘.

(8) Wie gesagt, solange man die Frage nach der ‚Wahrheit‘ ausklammert, geht alles. Die Frage nach der Wahrheit wiederum setzt eine ‚kritische Reflexion‘ auf Randbedingungen voraus. Wie der Alltag zeigt, ist aber den meisten Menschen gar nicht klar, was ‚kritische Reflexion‘ praktisch bedeutet. Selbst wenn sie ‚kritisch reflektieren‘ wollten, sie könnten es nicht. Millionen von Menschen sind zwar bereit, viel Geld, viel persönliche Zeit, ja sogar ihr ganzes persönliche Leben, in ‚Gefolgschaften‘ von Kursen und Organisationen zu investieren, ohne ein Minimum an kritischem Denken dafür zurück zu bekommen. Das ‚Verwirrspiel‘ um den ‚Sinn‘, um den ‚Lebenssinn‘, um den ‚wahren Sinn‘ wird damit nur schlimmer und furchtbarer. Meist werden ein paar Leute dadurch sehr viel reicher, und viele andere sehr viel ärmer. So etwas sollte immer als ein mögliches Alarmzeichen dienen, um darauf aufmerksam zu machen, dass es bei solchen Veranstaltungen (das müssen nicht nur sogenannte ‚Sekten‘ sein, das kann — wie wir täglich leidvoll dazu lernen — jede Art von sogenannten ‚Beratern‘ sein) nicht um ‚wahren Sinn‘ geht, sondern um simple materielle Vorteile einzelner auf Kosten anderer.

(9) Das Thema ist damit nicht erschöpft (was ja auch die vorausgehenden Eindrücke zusätzlich belegen können), …es ist nur eine ‚Notiz‘ zwischendurch….

LITERATURNACHWEISE

Wittgenstein, L.: Logisch-philosophische Abhandlung, W. Ostwald (Hrsg.), Annalen der Naturphilosophie, Band 14, 1921, S. 185–262

nachlesbar in:

Wittgenstein, L.: Logisch-philosophische Abhandlung, Tractatus logico-philosophicus. Kritische Edition. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998

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JAHRESRÜCKBLICK 2011

 

(1) Zum Jahresende mehren sich die Jahresrückblicke. Dem Kaleidoskop der Bilder kann man sich kaum entziehen. Schreckliches neben Schönem, Menschliches neben allzu Menschlichem; das soll es gewesen sein, das letzte Jahr? Und so schnell vorbei… der Andruck der aktuellen Situation übertüncht diese Bilder sehr schnell, wieder. Und schon ist man wieder drin im eigenen Ereignisstrom. Was war wirklich besonders? Gab es was Bleibendes? Haben wir zusammen irgendetwas Wichtiges gelernt? Führt Globalisierung zur Nivellierung von allem, auch von allen Werten?

 

 

DIE MENSCHEN, VON DENEN WIR ALLE LEBEN

 

(2) Dort, wo Alltag funktioniert, funktioniert er, weil es so viele Menschen gibt, die trotz aller Umstände ihren ‚Job‘ machen. Die immer da sind, die die richtigen Dinge entscheiden und bewegen, die ihre Emotionen und Gefühle irgendwie im Griff haben, die mit den Problemen ihrer Mitmenschen irgendwie klar kommen, die vielleicht schrullig, aber doch erträglich sind, die mal krank sind, meistens aber da sind; denen man vertrauen kann, die hinreichend ‚berechenbar‘ sind, weswegen man sich auf sie verlassen kann; die in ’schwachen‘ Situationen die aktuelle Schwäche nicht ausnutzen, sondern eher noch Rat und Hilfe bieten; die genügend Kraft haben, ihre Arbeit selbständig durchzuziehen, die Mut und Ideen haben, ihre Arbeit zu organisieren, die hinreichend pünktlich sind, mit denen man reden kann; kurzum, die Helden des Alltags, ohne die man seine eigene Arbeit nur schlecht oder gar nicht tun könnte, ohne die ein ’normaler‘ Alltag zusammenbricht, ohne die es kein ’normales‘ Leben geben kann.

 

DIE GRENZEN DES MENSCHEN, DIE WIR VERDRÄNGEN

 

(3) Wer das große Glück hat, in solch einem Alltag leben zu können, vergisst gerne, dass es anders sein kann. Vielleicht ahnt man es, wenn der eine oder die andere durch Krankheit, Unfall, Lebensschicksal plötzlich ausfällt und nicht mehr ‚dabei‘ ist; man ahnt, wie dünn das Eis ist, auf dem man sich bewegt; wie brüchig der Alltag ist, der da als täglich wiederkehrendes Ritual einen Raum der ‚Normalität‘ aufspannt, der seinen ‚Sinn‘ ‚aus sich selbst‘ empfängt, aus dem faktischen Geschehen, dass es jetzt so geschieht, dass es alle tun, …. Wenn es jeder tut, weil es alle tun, schenken wir uns gegenseitig vordergründig einen ‚Sinn‘, der uns trägt und leitet, der sich aber beim ‚Herausfallen‘ aus dem Ritual schnell in ‚Nichts‘ auflösen kann. Wenn das Ritual des Alltags nur ‚es selbst‘ ist, das faktische Geschehen, dann ist uns das große Nichts immer sehr nahe. Vielleicht spürt man es unbewusst, hat Angst davor.

 

(4) Normale Abläufe sind anstrengend, für jeden. Sie erfordern Kraft, sie erfordern Gesundheit, sie erfordern psychische Stabilität, eine Organisation von alltäglichen Dingen, eine Gestaltung von Kommunikation, Pflege von Beziehungen, Meisterung von praktischen und technischen Problemen, am Limit, täglich. In verschiedenen Phasen unseres Lebens, in verschiedenen Phasen im Jahr, im Monat, in der Woche, am Tag sind wir nicht gleich gesund, sind wir emotional geschwächt, machen wir Fehler in der Organisation, versagt Kommunikation, laufen Beziehungen aus dem Ruder, der Rhythmus stockt, man fühlt sich schwach, krank, verloren; ist wütend, traurig, aggressiv; man taumelt.

 

(5) Obwohl wir wissen, dass es klare Belastungsgrenzen gibt, dass wir Freiraum, Erholung, soziales Leben und Kreativität brauchen, um auf Dauer nicht nur zu ‚funktionieren‘, sondern gute bis sehr gute Leistungen bringen zu können, obwohl wir dies wissen, gibt es eine Tendenz, die Leistungsansprüche immer höher zu schrauben, so, dass genau all das, was einem Menschen guttut, immer weniger bis gar nicht stattfinden kann. Dass dies dann psychische Verwerfungen, Krankheiten, sozialen Unfrieden, psychische Krankheiten, Sucht, und sehr hohe soziale Kosten erzeugen kann, weiß man eigentlich auch. Wer steuert dagegen? Der einzelne, der sich in der Überforderung vorfindet, hat in der Regel am allerwenigsten die Kraft, sich daraus zu befreien. Ihm bleibt dann nur die Flucht in den ‚Zusammenbruch‘, die ‚Krankheit‘ als Vorwand, um sich ‚entfernen‘ zu können. Welch unschöner Abgang, wie viel unnötige psychisch-soziale Störung oder gar Zerstörung. Vor allem, wenn der Alltag nur durch ein Versagen kontrolliert werden kann, was ist dies für ein negatives Lernprogramm: der Betreffende hat gelernt, dass er/sie nur durch ein Scheitern sein Glück finden kann. In der Erinnerung bleibt der Alltag als jene Hürde, die nur unter größten Anstrengungen genommen werden kann, eine Hürde, für die man –wie man erfahren musste– offensichtlich nicht genügend Kraft hatte, weil man –so der falsche Schluss– dafür nicht geeignet erscheint, weil man ein(e) Versager/in ist … Wie will da der einzelne ohne Hilfe, ohne professionelle Betreuung von selbst herausfinden?

 

 

(6) Die Überschriften in unserer Tageszeitungen werden von plakativen Themen beherrscht, wie z.B. dass 30-60% der Jugendliche in Deutschland mittleren bis starken Konsum beim Rauchen, beim Alkohol und bei ‚weichen‘ Drogen aufweisen sollen. Oder dass der Bedarf an Pflegekräften für ältere Menschen immer weniger gedeckt werden kann, was zu entsprechend mehr Belastungen im familiären Umfeld führt, sofern vorhanden. Oder, wie man mit behinderten Kinder in der Erziehung umgeht? Oder dass rechte, linke und orthodoxe Radikale sich ‚terroristisch‘ betätigen; usw. Sehr viele Einzelbilder. Wie hängen diese untereinander zusammen? Gibt es einen Zusammenhang? Was heißt dies für den privaten Lebensstil der Menschen in unserem Land, in den Nachbarländern, weltweit? Was für ein Bild vom Menschen zeigt sich in all diesem? Gibt es ein Menschenbild? Können wir daraus etwas lernen? Wo müssten wir uns korrigieren?

 

(7) Wenn ich lese, dass russische Ermittler und Strafvollzugsbeamten den Tod eines Untersuchungshäftlings verursacht haben sollen, oder ein Gericht in Minsk hat zwei ehemalige Präsidentschaftskandidaten und weitere Oppositionelle zu Bewährungsstrafen verurteilt, was heißt das? Ist das egal, warum wird es berichtet. Wenn es nicht egal ist, was machen wir damit? Ein polnischer Journalist wird in Weissrussland verhaftet. Ja und? Was soll uns dies sagen? Soll es uns etwas sagen? Wem? Hat es irgendwelche Folgen? In Syrien führt die Regierung seit Monaten einen brutalen Krieg gegen die eigenen Bürger. …. Wir werden täglich überschüttet mit solchen und ähnlichen Meldungen. Wer sind die Adressaten? Findet irgendwo eine weitergehende ‚Auswertung‘ statt? Hat es irgendwelche Konsequenzen außer dass gelegentlich ‚Verschwörungstheorien‘ aufkommen, die die Internetforen füllen oder für Auflagen sorgen? Was kann man als einzelner tun? Der einzelne, den wir oben identifiziert haben entweder als jemand, der sich in einer Überarbeitungssituation befindet oder gerade mal erschöpft darnieder liegt und wenig an die Weltrevolution denkt? Ja, irgendwie gehen die Botschaften um, irgendwie erreichen sie unsere Aufmerksamkeit, irgendwie, diffus, wissen wir darum dass…. aber was nützt uns das? Wer redet darüber? Wer sollte das handelnde Subjekt sein? Die Liste knn beliebig lang gemacht werden (siehe weitere Beispiele im Anhang).

 

STRUKTUREN?

 

(8) Die Bedürftigkeit des Menschen muss ein Orientierungspunkt für die Zukunft sein, wenngleich eingeordnet in die übergreifenden Zusammenhänge des Lebens, der Natur, von der wir ein Teil sind und ohne die auch wir nicht leben können. Auf der anderen Seite zeigen die wenigen Beispiele der täglichen Meldungen von überall auf der Erde, dass die Menschen nicht einzelne wenige Baustellen zu meistern haben, sondern sehr, sehr viele gleichzeitig, parallel, und dies nicht mit einem einzigen Wertesystem, sondern mit einer Vielzahl von konkurrierenden Werten, die sich z.T. diametral widersprechen, mit gänzlich verschiedenen Handlungssubjekten –einzelne, Gruppen, Netzwerke, Institutionen…–. Was immer wir erkennen, es muss Handlungssubjekte geben, die diese Erkenntnisse verstehen und umsetzen können. Die heutige ‚Kakophonie‘ der Meldungen muss daher nicht nur und unbedingt negativ gedeutet werden. Dieser Strom an Meldungen ist in gewisser Weise die Voraussetzung für Meinungs- und Wissensbildung. Natürlich spielt die ‚Qualität‘ dieser Meldungen eine Rolle. Aber die Meldungen alleine können niemals ein strukturiertes Wissen ersetzen; Meldungen als solche erzeugen von sich aus keine geordnete Struktur, kein Modell des Ganzen. Es bedarf der denkenden Gehirne, die kontinuierlich und systematisch aus diesem großen Kaleidoskop jene Strukturen extrahieren, die letztlich ‚hinter‘ all dem am Wirken sind, die wichtig sind. Wo sind diese? Gibt es sie? Wie können diese leben? Wie sind diese sozial und politisch eingebettet?

 

(10) …. viele Fragen stellen sich, noch viel mehr. Es bleibt genug Stoff, auch für das Neue Jahr, um Klärungen zu suchen.

 

ETHIK UND MENSCHLICHKEIT

 

KUNST

 

SINN

 

THEMENRAUSCHEN

 

Hier weitere Themen, zufällig aus einer Tageszeitung zusammengestellt:

 

Für viele sieht es so aus, also ob Israel die Palästinenser unter beständigem Druck hält, um die daraus resultierenden radikale Aktionen zum Vorwand nehmen zu können, den Druck nicht mindern zu können. Die Regierung in Bahrein schlägt Demonstrationen blutig nieder. Der Einfluss Chinas wird in allen Bereichen der Erde immer größer. Die türkische Militärführung tritt wegen Ergenekon-Affäre zurück. Immer mehr Journalisten sitzen in der Türkei wegen angeblicher Verstöße gegen die Antiterrorgesetze im Gefängnis. Zusätzlich jene im Umfeld der kurdischen Bevölkerung. Kurdische Erdbebenopfer warten bislang vergeblich auf Hilfe. Junge Afrikanerinnen tauchen nach Fußballturnier in Berlin unter, ohne Papiere. Die Realität in Palästina ist für viele Palästinenser die einer Besatzungszone, eines Gefängnisses. Im Alltag von Schulen und Kindergärten wird Spaltung und Misstrauen gesät. Während Israelis im Palästinensergebiet bauen dürfen, werden palästinensische Bauten sofort abgerissen. Die größten Ölreserven angeblich in Venezuela vor Saudi-Arabien, Iran und Irak. Ein junger Mann tötet in Norwegen Jugendliche. Ecuadors Präsident wütet gegen eine Zeitung. Wiederholt: Hilfsgelder kommen kaum an. Ökologische Probleme in der Bretagne durch Landwirtschaft – politisch zu brisant. Welches politisches Format für Europa? Provisionsexzesse bei Versicherungen. Opposition in Russland auch durch Musiker und Bands. Das Grundgesetz ist eine politische Setzung und gehorcht keinem ewigen Gesetz. Das Internet als wichtiges Kommunikationsmedium wird von einigen wenigen großen Firmen (und Ländern) dominiert. Krankenkassen kontrollieren große Geldströme ohne selber kontrolliert zu werden. Umgang der Behörden mit Rechtsextremismus schwer verständlich. Nutzen der digitalen Technik in Wirtschaft und Gesellschaft sehr unterschiedlich. Im Hochschulbereich Tendenzen: Mehr Technik, weniger Gesellschaft; mehr Produkte, weniger Grundlagen; mehr Masse statt Qualität; mehr Lehrer statt Hochschullehrer; mehr eLearning statt Lehre… Luftverschmutzung unterschätzt, Messungen finden nicht statt. Südafrikas Pressefreiheit gefährdet. Iraels Pressefreiheit bedroht. Digitalisierung des kulturellen Erbes kommerziell schneller als staatlich. Nicaragua kauft freie Presse auf. Virenschutzfirmen – und wer kontrolliert sie? Radikalisierung des obersten israelischen Gerichtes? Die Pharmaindustrie pflegt die Ärzte, regierungsseitig wenig Gegengewicht. Europa und die Welt. Computer, Internet und Privatsphäre – bislang weitgehend ungeschützt. Autoren und Verlage: wenig Rechte für Autoren. Einfluss der Ölländer bleibt vorläufig. Versorgung mit Rohstoffen immer wichtiger. Christliche Tradition keine Einheit durch Schriftauslegung. Machtkampf im ANC; Malewa 5 Jahre suspendiert. Guantanamo weiter im juristischen Graubereich. Irans Atompolitik erzeugt Ängste. Demographischer Wandel und Gesellschaft (Kinder, Jugendliche, Infrastrukturen, Haushalte…) Internet und globale Werte – Politik und Religion als Einschränkungen. Technische Revolutionen und ihre Wirkungen. Ausländische Investoren in Indien und Konflikt mit einheimischen Arbeitnehmern. Immer mehr Bürgerbewusstsein in China. Kann China vom satten Europa lernen? Italien und massive Einwanderungen. In USA marode Infrastrukturen und kaum Geld, dies zu ändern. In Südafrika streiten Arbeiter wegen Goldstaub Erkrankungen. Verkehr. Naturkatastrophen in Asien (Überschwemmungen, Erdbeben,…). Keine Reichensteuer in USA. Kommunikation in der Politik. Staatstrojaner. Forschungsförderung in Deutschland (DFG) wenig transparent. Terrorgruppen in Uganda. Forschung aus Sicht der Pharmaunternehmen auch nicht einfach. Beteiligung von Bürgern/ Arbeitnehmern an Produktionen in Entwicklungsländern. Gedankenpolizei für das Internet. Firmengründungen (Technologieeinsatz, Patente, Recht). Amerikas Drohnenkrieg. Rechtsstaatlichkeit in der EU. NS Vergangenheit. Israel will 30.000 arabisch-stämmige Beduinen umsiedeln, die seit Jahrhunderten in dem Gebiet wohnen. USA und Israel. Verwaltungsgerichte. Piratenpartei. Regierungen und Waffengeschäfte. Facebook. Putin und Medwedjew. Energiewende – Energiepolitik – Technik, autonome. Handyüberwachung. Industrie und Ökologie. China und Sambia wegen Kupfer, Landverkauf. Bankwesen, Ökologie, Minikredite. Finanzaufsicht, Bankenaufsicht – wie. Politik und Inklusion. Afghanistan. Organisierte Kriminalität. Scientology. 11.Sept. In USA und politische Radikalisierung. Geheimdienste leben in einer Parallelwelt. Sarkozy bedroht Journalisten. Drogenkrieg in Mexiko – organisierte Kriminalität. Regierung und Parlament. Steuerfahnder und Klientel. Sexueller Missbrauch von Kindern. Schulen und Beruf. Die Reichen eines Landes und ihre Verantwortung. Öhlborungen und Öltransporte und Umwelt. Lebensschutz. Finanzwirtschaft und Politik. Wirtschaftliche Interdependenzen zwischen Staaten. Ratingagenturen. Schwache Euroländer. Nigeria und Rohstoffe. Deutschland als Schattenfinanzplatz wegen geringer Transparenz. Staatsschulden. Lebensmittelverschwendung – Nahrungsmittelproduktion.