PROTOKOLL 1: GALAKTISCHEN ENDLICHKEIT

Weltzeit:

ca. 13.8 Mrd seit BigBand + 2016 Jahre + 125 Tage + 6 Std + 8 Min + X

Ort:

Universum-unseres, Milchstrasse, Sonnensystem unseres Planeten Erde,

Koordinaten: 54° 47′ N, 8° 50′ O

 

EINSTIMMUNG

  1. An einem Ort zu sein, einen Körper zu haben, bewusst zu sein, angefüllt mit Empfindungen, ist das scheinbar Gewohnte. Ein bisschen Zahnweg, Übelkeit, Fiebrigkeit, Müdigkeit, trockene schorfige Haut, Magenkrämpfe, Durchfall …. und schon ist alles nicht mehr so selbstverständlich. Deine Erinnerungen gefüllt mit dunklen Bildern von Gewalt, der Schmerz in Dir, die Unsicherheit eines Morgens, ein leeres Konto, der Partner nicht greifbar …. dein Körper an einem Ort zu einer Zeit: kann so brüchig wirken, so leidvoll, so einsam, so verloren, so unendlich traurig, dass die Trauer dich ergreift wie in einem Panzer, der von außen nach innen drückt, dich zu zerquetschen scheint, wo Du nichts mehr bist als nur Leid, ein Schrei, ein Häufchen Elend ….
  2. Und doch gibt es auch dies andere, diese Momente von Glück, von Freude. Die Nähe eines lieben Menschen, von Freunden, die Lust an deinem Körper, seine Wärme, die sanfte Haut, das Kraftvolle, das Dahinfliegen beim Laufen, das Dahingleiten, Schweben beim Tanzen, Wolken von spannungsvollen Erregungen, ein Rausch von Bildern inmitten einem Meer von Pflanzen, Lichtdurchflutet, der Wind, der daher rauscht und dich kräftig schüttelt; die Gischt der Wellen; das Spiel der Sonne in den Wolken, abends, von hellgelb zu dunkelrot ….
  3. Zur falschen Zeit am falschen Ort schaust Du in hasserfüllte Augen, hörst Schüsse, Bomben krachen und Splittern, es stinkt erbärmlich, Du hörst Schreie, Gebäude stürzen zusammen, es ist unfassbar schrecklich, menschlich Leiber zerfetzt … und dieser brutale, dumpfe Hass im Angesichts einer Ohnmacht…. gleichzeitig sitzen andere auf ihrer Yacht, schlürfen Whisky, hängen dumpf ab, lassen ihre Gelder für sich arbeiten, ihre Berater Schlupflöcher finden, wo sie sich weitere Vorteile sichern…
  4. … andere sitzen seit Jahren in ihrem Labor, zwischen komplizierten Apparaturen, den Kopf voller Fakten, Zahlen, Formeln, Prozessen, tausenden von Begriffen zur Chemie des Lebens, starren in die Luft während sie sinnieren, verzweifeln an Mitarbeitern, die wiederum an sich verzweifeln, weil ihr Arbeitsvertrag immer nur Monate geht; eine Verwaltung, die gar nichts versteht, nur Mangel verwaltet, Raumnutzung, Urlaubspläne ….
  5. Und in all diesem Wirrwarr, den schlaflosen Nächten, den tausenden von Seiten voller Text und Formeln, zwischen all den Hoffnungen und Enttäuschungen, dem Stundenlangen Ausharren an Geräten, mit all dem Kaffee, den zermürbend schlaflosen Nächten, den beißenden Kollegen, entstehen plötzlich zarte Linien, Konturen eines Bildes, von Dynamiken, von Kräften, dort, hinter allem, jenseits des Lärms von Straßen, dem Dauerschwachsinn vieler Fernsehkanäle, tauchen Bilder einer Welt auf von solch unfassbarer Schönheit und Kraft und Sinn … so nah, so konkret …

BLICK ZURÜCK

  1. 67 Jahre menschlichen Lebens sind viel für jemanden, der 42 ist, womöglich erst 34, oder erst 27, 18 …. Wenn man 18 Jahre jung ist nimmt man kaum wahr, was jenseits von 20, 23 existiert. Doch was sind 67, was sind 77, was sind 92 Jahre gegen die ca. 7000 Jahre vor uns, in der Jungsteinzeit, die Zeit der Kelten in Mitteleuropa, als sie begannen sich gegenseitig umzubringen (Ich bin schon hunderte Male an jenem Massengrab aus dieser Zeit vorbeigegangen, das Archäologen vor vielen Jahren entdeckt und analysiert haben)?
  2. Jene Zeit, in der der homo sapiens sapiens, jener Menschenart, zu der wir gehören, vor ca. 40.000 Jahren das zweite Mal aus Afrika auswanderte und nach und nach die ganze Erde für sich entdeckte, erscheint schon fast unvorstellbar lang her. Und doch, die erste Auswanderung des homo sapiens sapiens ereignete sich schon vor ca. 100.000 Jahren, und der homo sapiens sapiens – also ‚wir‘ – findet sich seit ca. 200.000 Jahren in Süd-Ost Afrika. So gesehen sind wir alle Afrikaner, stammen wir alle von den gleichen Vorfahren ab, sind wir alle eine große Familie …. genetisch … aber die Bilder in unserem Kopf passen nicht dazu. Die Bilder in unserem Kopf erzählen uns etwas von Weiß und Schwarz, Gelb und Rot, erschaffen Unterschiede, wo keine sind, kreieren Kastensysteme, die es gar nicht gibt, reden von Blutadel, der frei erfunden ist, reden von Rassen, Oben und Unten, dick und dünn, Intelligent und Dumm ….
  3. Wir als Mitglieder der Gattung homo sapiens sapiens haben das Glück (wenn man es Glück nennen darf), dass unsere Gattung bislang überlebt hat. Es gab andere Menschenarten, die ausgestorben sind (einer der letzten prominenten, der Neandertaler (Homo neanderthalensis ), verschwand vor ca. 30.000 Jahren aus bislang unerklärten Gründen). Je weiter man zurückgeht, viele Millionen Jahren, verwischen sich die Spuren der ersten Menschenarten, und wir geraten in die Zeit der Entwicklung des Lebens auf dem Land, das vor ca. 500 Mio Jahren begann.
  4. Wenn man weiß, dass es schon vor ca. -1.8 Mrd Jahren kooperierende Netzwerke von komplexen Zellen gab, ja, die ersten komplexen Zellen (Eukaryoten) schon vor ca. -2.1 Mrd Jahren da waren, dann fragt man sich, warum es dann so lange gedauert hat (also ca. 1.3 Mrd bzw. 1.6 Mrd Jahre), bis aus diesen ersten Zellen diese komplexen Pflanzen und Tiere auf dem Land entstehen konnten. Und die Antwort lenkt den Blick auf den verfügbaren Sauerstoff. Die komplexen Pflanzen und Tiere auf dem Land sind nur möglich, weil ihre Stoffwechselprozesse hinreichend viel ENERGIE für ihren Körper, ihre Körperfunktionen, ihre Bewegungen zur Verfügung stellen konnten. Und dies war nur möglich mit SAUERSTOFF. Diesen gab es aber erst seit ca. 540 Mio Jahren, als die Sauerstoffproduktion der Bakterien weltweit den Punkt überschritten hatte, bis zu dem der produzierte Sauerstoff von den Ozeanen und den darin befindlichen Materialien durch Oxidation absorbiert wurde. Die Regie des Lebens musste sich mit den Sauerstoff produzierenden Zellen erst eine eigene Atmosphäre schaffen, bis dann die komplexen Zellen in der Sauerstoffwelt dann ihre kreative Kraft entfalten konnten.

GALAKTISCH ENDLICH

  1. Diese kreative Explosion der Organismen begann vor ca. 500 Mio Jahren. Es entstanden Lebewesen (die berühmten Dinosaurier ca. -235 Mi bis -65 Mio Jahren; die größten bislang gefundenen Skelette messen ca. 36m Körperlänge!) mit einer riesigen Formen- und Verhaltensvielfalt. Verglichen mit einem Dinosaurier ist ein Mensch klein,wenn nicht gar winzig. Aber schon ein Mensch besitzt ca. 34 Billionen (10^12) Körperzellen (davon ca. 200 Mrd als Gehirnzellen), was verglichen mit der Anzahl der Sonnen in unserer Heimatgalaxie der Milchstraße (deren älteste Sterne ca. 13.7 Mrd Jahre alt sind!) mit ca. 200-300 Mrd (10^9) Sonnen also ca. 100x komplexer ist, ganz zu schweigen von den komplexen Wechselbeziehungen zwischen den Körperzellen verglichen mit der Einfachheit der planetarischen Interaktionen (dabei lassen wir großzügig außer Acht, dass sich im und am menschlichen Körper nochmals ca. (je nach Schätzung) 40 bzw. 100 bzw. 200 Billionen (10^12) Bakterien befinden, die zusammen mit den Körperzellen einen symbiotischen Lebenskosmos bilden. Dies bedeutet, schon ein einzelner Mensch, so winzig verglichen mit einer ganzen Galaxie, ist um ein Vielfaches komplexer als solch eine ganze Galaxie. Dies ist schwer fassbar.
  2. Wenn wir dann von der Endlichkeit des Menschen sprechen, dann sollten wir bei diesem Hintergrund von einer GALAKTISCHEN ENDLICHKEIT sprechen. All unser Wissen über den Menschen, also über uns, steckt bislang in den Kinderschuhen. Wir beginnen gerade mal zu ahnen, wie komplex wir sind. Und das ganze Gerede über ‚gesunde Ernährung‘ ist weitgehend einfach nur lächerlich. Wie genau die Bakterien im Darm arbeiten, wissen wir weitgehend nicht, weil wir bislang weder genau wissen, welche Bakterien jeweils im Darm eines bestimmten Menschen sind, noch wissen wir, wie sie genau arbeiten. Neueste Untersuchungen deuten eventuell darauf hin, dass es möglicherweise bestimmte grobe ‚Besiedlungstypen‘ im Darm gibt, und dass diese unterschiedlichen Besiedlungstypen die Nahrungsmittel unterschiedliche verarbeiten. Was für den einen Menschen gut sein kann, kann daher für den anderen schlecht sein.
  3. Zur Fortsetzung siehe PROTOKOLL 2: WAHRNEHMUNGSSTÖRUNGEN

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